Als «Sissi» die Gelterkinder Strassen leer fegte
04.01.2022 Bezirk Sissach, Gelterkinden, Kultur, SerienAls «Sissi» die Gelterkinder Strassen leer fegte
Emil Staeheli brachte die weite Welt nach Gelterkinden
«Wenn Liestal ein Kino hat und sogar Sissach, dann können wir in Gelterkinden auch eines bauen.» So oder ähnlich hat Emil Staeheli, der spätere Kinobetreiber ...
Als «Sissi» die Gelterkinder Strassen leer fegte
Emil Staeheli brachte die weite Welt nach Gelterkinden
«Wenn Liestal ein Kino hat und sogar Sissach, dann können wir in Gelterkinden auch eines bauen.» So oder ähnlich hat Emil Staeheli, der spätere Kinobetreiber im Marabu, in den 1950er-Jahren gedacht.
Brigitte Keller
1955 ersteigerte Emil Staeheli von der Gemeinde Gelterkinden das ausgediente Schul- und Gemeindehaus an der Schulgasse 5. Dort im Hinterhaus liess er unmittelbar danach ein Kino mit mehr als 400 Sitzplätzen einbauen. Den Namen Marabu bekam das Kino vom einheimischen Maler und Kunstmaler Albert Zehntner. Dieser gewann mit seinem Vorschlag den ausgeschriebenen Wettbewerb. Von Zehntner stammt entsprechend das Bild des Marabus im Treppenhaus des Kulturraums.
Der umtriebige Geschäftsmann Staeheli stammte ursprünglich aus dem thurgauischen Neukirch/Egnach und war gelernter Landschaftsgärtner. Nach Gelterkinden kam er, als er die dortige Gärtnerei an der Tecknauerstrasse zuerst mietete und später kaufte. Neben der Gärtnerei betrieb die Familie Staeheli auch einen Bumenladen in der Rössligasse. Die Ehefrau und später auch die Tochter packten überall kräftig mit an. Das Kino Marabu eröffnete Staeheli im Jahr 1956, in der zweiten Hochblüte der Kinogründungen. Als Eröffnungsfilm wurde «Sissi» gezeigt. Die einheimische Bevölkerung begrüsste das Angebot und strömte in Massen ins Kino. An manchen Abenden war der Andrang so gross, dass schnell noch Stühle vom nahen damaligen Restaurant Eintracht am Dorfplatz geholt werden mussten.
Die falschen Filmplakate
Als Anekdote aus jener Zeit ist überliefert, dass Staeheli in Streit geraten war mit Georg Schaub, der angrenzend ein Teppichgeschäft betrieb. Im dortigen Schaufenster platzierte dieser Filmplakate des Sissacher Kinos, sehr zum Missfallen von Emil Staeheli. Dieser verpasste dem Geschäftsinhaber gemäss Überlieferung gar eine Ohrfeige. Diese Tätlichkeit soll Staeheli eine Busse von hundert Franken eingebrockt haben.
Ohne familiäre Unterstützung hätte Emil Staeheli das Pensum in der Gärtnerei, im Blumenladen und im Kino nicht geschafft. Beispielsweise oblag es der Tochter Ursula, die schweren Filmrollen vom Bahnhof abzuholen und auch wieder rechtzeitig zum Zug zurückzubringen. Telefonische Reservationen entgegenzunehmen, Billetts und in der Pause mit dem Bauchladen Popcorn und Getränke zu verkaufen, gehörte ebenso zu ihren Aufgaben.
An den Wochenenden gab es zwei Vorstellungen pro Abend. Kassenschlager zu jener Zeit waren auch Filme in italienischer Sprache für die vielen Gastarbeiter aus Italien. Diese schätzten das Angebot sehr, Filme mit Gleichgesinnten in der Muttersprache zu schauen.
Der Siegeszug des Fernsehers und die Mobilität der Bevölkerung machten auch dem Gelterkinder Kino das Leben schwer. In den letzten Jahren vor der Schliessung liefen hauptsächlich Filme, für die Mann geduckt bei Dunkelheit hineinschlich. 1986 fiel dann die vorerst letzte Klappe. Als Kulturhaus wurde dem Marabu acht Jahre später wieder Leben eingehaucht. Eine neue Ära konnte beginnen.
Das Marabu wird saniert. In einer Serie teilen ausgewählte Personen ihre Erinnerungen an das Kulturlokal. Alle Infos zu Umbau und Spendensuche unter www.stiftung-marabu.ch und zum Kulturverein sowie Programm unter www.marabu-bl.ch