Zentrum soll verschwinden
31.12.2021 Bezirk Waldenburg, Finanzen, Reigoldswil, GemeindenGemeinde vor grossen Herausforderungen
Die Sanierung des Reigoldswiler Verwaltungsgebäudes lohnt sich nicht: Deshalb soll dort eine neue Siedlung entstehen. Der Gemeinderat hat auch sonst viel vor: Eine Herkulesaufgabe stellt die Lösung der angespannten Finanzlage dar. Gemeindepräsident ...
Gemeinde vor grossen Herausforderungen
Die Sanierung des Reigoldswiler Verwaltungsgebäudes lohnt sich nicht: Deshalb soll dort eine neue Siedlung entstehen. Der Gemeinderat hat auch sonst viel vor: Eine Herkulesaufgabe stellt die Lösung der angespannten Finanzlage dar. Gemeindepräsident Fritz Sutter gibt einen Überblick.
Willi Wenger
Reigoldswils Gemeindepräsident Fritz Sutter will kein düsteres Zukunftsbild malen. Dennoch: Die Lage ist ernst. «Uns steht Grosses bevor», sagt Sutter, der auf einschneidende Massnahmen gegen die stark angespannte Finanzlage hinweist.
Sutter nennt mehrere strategische Knackpunkte. Einer davon ist die Umnutzung der 26 Aren grossen Parzelle 415, auf der das markante Gemeindezentrum steht. «Das dortige Gebäude ist 50 Jahre alt und es ist, wie Gutachten zeigen, nicht mehr wirtschaftlich. Eine Sanierung in der Grössenordnung zwischen 3,5 und 4 Millionen Franken lohnt sich kaum», sagt Sutter.
Der Gemeinderat möchte aus diesem Grund an gleicher Stelle im Idealfall eine Mehrgenerationen-Siedlung erstellen. Bauherrin soll nicht die Gemeinde, sondern sollen private Investoren sein. Im Gebäude soll unter anderem die gegenüberliegende Gemeinschaftspraxis einziehen; dies jedenfalls ist die Vision der Reigoldswiler Exekutive. «Wir haben mit den Ärzten in diesem Sinne bereits Gespräche geführt», verrät Sutter der «Volksstimme».
Gleichzeitig macht er deutlich, dass das ganze Prozedere selbstverständlich unter Einbezug der Bevölkerung stattfinden werde: «Dieser partizipative Prozess wird uns 2022 ausführlich beschäftigen.» Das Ziel von Reigoldswil als Zentrumsgemeinde muss es gemäss Sutter sein, «dass die heutige gute Gesundheitsversorgung mit vier Ärzten, einer Zahnarztpraxis, dem Alters- und Pflegeheim Moosmatt und nachgelagerten Versorgern auch zukünftig angeboten werden kann».
Finanziell am Anschlag
Sutter, der auch Präsident des Vereins Region Liestal Frenkentäler Plus ist, will die regionale Zusammenarbeit deutlich stärken. Daran führe kein Weg vorbei, sagt er und hält gleichzeitig fest, dass der Leidensdruck offenbar noch nicht überall wahrgenommen werde. «Wir werden deshalb in hoher Priorität viele Kooperationsmöglichkeiten prüfen.» Daraus lasse sich dann der künftige Platzbedarf für die Gemeindeverwaltung ablesen. Der Standort für die Verwaltung solle sich noch in der laufenden Legislatur ändern. Zu berücksichtigen gelte es auch bevorstehende Pensionierungen von Verwaltungsangestellten bis zum Frühjahr 2024.
Keine Freude mache dem Gemeinderat die finanzielle Situation, liess Gemeinderat Markus Dörflinger im «Reigetschwyler Bott» verlauten. Mit der im November 2020 beschlossenen Steuererhöhung sei zwar der Druck leicht reduziert worden. «Wir werden von den Sachzwängen aber nach wie vor erdrückt», sagt Dörflinger. Sutter stellt trotzdem klar: «Wir wollen uns sicher nicht zu Tode sparen.» Was notwendigerweise gemacht werden müsse, werde gemacht. Sutter nennt in diesem Zusammenhang Infrastruktursanierungen, aber auch die Neugestaltung des Friedhofs, die über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren sukzessive realisiert werden soll. Angegangen werden wird auch die Finalisierung des 20 Jahre alten kommunalen Richtplans oder die Überprüfung der Baulandreserven bis April 2022. Diese befinden sich gemäss Sutter noch mit knapp 90 Prozent im grün-roten Bereich. Er sagt, dass es künftig möglich sein müsse, Wohnraum zum Beispiel für ältere Leute an zentraler Lage zu haben. «In unserem 1600-Seelen-Dorf leben statistisch gesehen bald einmal 300 Personen, die älter als 65 Jahre sind.»
Reigoldswil will im Weitern seine Bedeutung als Schulstandort festigen. Einkaufsläden und Gastrobetriebe sollen zudem der Bevölkerung und Besuchenden dienen und das vorhandene Tourismusangebot bleibt ein grosser Publikumsmagnet für das Wasserfallendorf. Sutter gibt einen weiteren Ausblick: Die Deponie Eichenkeller, die für Reigoldswil eine finanzielle Belastung darstellt, werde auch in Zukunft eine grosse Herausforderung bleiben. Neu aufgegleist wird die Vereinsunterstützung. Die Gemeinde wird sich vom Giesskannenprinzip verabschieden. Neu werde das Geld projektbezogen eingesetzt. Für das neue Heimatkundebuch ist bereits ein Projektkonzept erstellt worden. Und, darauf freut man sich im Gemeinderat ebenfalls: In zwei Jahren werden die Bauarbeiten an der Kantonsstrasse im «Unterbiel» abgeschlossen sein. «Dann verfügen wir über einen attraktiven wie sicheren Gewässerraum mit einer zeitgemässen Strassen-Infrastruktur», blickt der parteilose Sutter in die Zukunft. Viele neue Gedankengänge und Ideen gilt es umzusetzen. Reigoldswil will sie anpacken.