Baukommission wehrt sich
02.12.2021 Baselbiet, Finanzen, Seltisberg, Gemeinden, Bezirk LiestalChristian Horisberger
Die Seltisbergerinnen und Seltisberger können ihre Budget-Gemeindeversammlung wieder auf eigenem Boden durchführen. Denn eine Steuererhöhung ist für das kommende Jahr kein Thema. Vor Jahresfrist wollte der Gemeinderat den Steuersatz gleich um 7 ...
Christian Horisberger
Die Seltisbergerinnen und Seltisberger können ihre Budget-Gemeindeversammlung wieder auf eigenem Boden durchführen. Denn eine Steuererhöhung ist für das kommende Jahr kein Thema. Vor Jahresfrist wollte der Gemeinderat den Steuersatz gleich um 7 Prozentpunkte heraufsetzen. Der Andrang zur Gemeindeversammlung war so gross, dass die Teilnahmewilligen in der Mehrzweckhalle keinen Platz hatten, die Versammlung abgesetzt und in der Militärturnhalle in Liestal nachgeholt werden musste.
Für 2022 legt der Gemeinderat bei gleichbleibendem Steuerfuss von 55 Prozent und Ausgaben von 5,86 Millionen Franken ein Budget mit einem minimalen Überschuss von 1700 Franken vor. Das erstaunt auf den ersten Blick: Vor Jahresfrist hatte Finanzchefin Miriam Hersche behauptet, die im Budget 2021 getätigten Einsparungen zugunsten einer weniger massiven Steuererhöhung – der Souverän bewilligte nur 3 statt der geforderten 7 Prozentpunkte – seien nicht nachhaltig.
Heute sagt sie: «Wir haben wieder rigoros gespart, und auch das Budget 2022 ist nicht nachhaltig.» Um es ohne eine Steuererhöhung ausgeglichen zu gestalten, seien beispielsweise Strassenunterhaltsprojekte verschoben worden, «die wir gerne gemacht hätten». Man hatte auch Glück: In der Bildung könnten höhere Kosten einzig durch eine günstige Konstellation bei der Klassenbildung vermieden werden, sagt Hersche.
Weiterhin restriktiv budgetieren
Mehr als der Voranschlag könnte der Finanzplan das eine oder andere Gemüt erregen. Denn dieser sieht für das Jahr 2023 und für 2025 eine Steuererhöhung von jeweils 2 Prozentpunkten vor. Die Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission rät dem Gemeinderat in ihrem Bericht, darauf «wenn immer möglich zu verzichten» und die restriktive Budgetierung weiterzuführen. Für die Finanzchefin aber führt an künftigen Steuererhöhungen nichts vorbei: Es stünden in naher Zukunft grosse Investitionen an, beispielsweise fürs Reservoir. Um diese tätigen zu können, benötige die Gemeindekasse Substanz.
Doch darüber wird heute Abend nicht entschieden. Anders über die Zukunft der Bau- und Planungskommission (BPK): Der Gemeinderat möchte diese auflösen und deren Hauptaufgabe, die zonenrechtliche Vorprüfung von Baugesuchen, an die Bauverwaltung der Gemeinde Bubendorf auslagern. Zum einen sei die Bündelung von Aufgaben im Sinne der «Region Liestal Frenkentäler Plus» (RLF+), der Seltisberg angehört, zum anderen sei die Bubendörfer Bauverwaltung mit ihrem Wissen prädestiniert für die Umsetzung der Aufgabe, begründet der Gemeinderat seinen Antrag. Bereits heute lässt Seltisberg herausfordernde Baugesuche vom Bauverwalter der Nachbargemeinde prüfen.
Mit seinem Antrag auf Auflösung hat der Gemeinderat die Rechnung offenbar ohne die Betroffenen gemacht: In einem kürzlich verteilten Flugblatt kritisieren die vier Mitglieder der Bau- und Planungskommission das Vorhaben des Gemeinderats. Denn damit würden «externe Berater oder Baukommissionen bestimmen, was in Seltisberg gebaut wird». Einheimische könnten ihre Meinung nicht mehr einbringen, Ortskenntnisse kämen nicht mehr zum Tragen. Ferner warnen die Unterzeichnenden vor einer «Kostenexplosion»: Heute koste die Kommission 9000 bis 10 000 Franken pro Jahr, die künftigen externen Ausgaben würden sich auf 25 000 bis 40 000 Franken belaufen, halten sie in ihrem Schreiben fest. Miriam Hersche, auch zuständig für das Ressort Umweltschutz und Raumordnung, korrigiert die Angaben: Inklusive Spesenentschädigung koste die Kommission die Gemeinde 13 000 bis 14 000 Franken pro Jahr, sagt sie. Die Lösung mit Bubendorf sei deutlich günstiger, als auf dem Flugblatt genannt: Lupsingen und Ziefen hätten bereits eine solche Vereinbarung; Ziefen habe für die Leistungen der Bubendörfer Bauverwaltung im vergangenen Jahr 4500 Franken bezahlt.
Wenig Know-how im Gremium
Die Auslagerung wird laut Hersche nicht nur günstiger, sondern auch professioneller, Fragen zu laufenden Baugesuchen könnten speditiv während der Bürozeiten beantwortet werden und nicht erst dann, wenn die Kommissionsmitglieder Feierabend hätten. Ausserdem, und das sei nicht als Vorwurf zu verstehen, wie Miriam Hersche betont, habe die BPK 2016 mit dem Rücktritt aller Mitglieder infolge der Filzvorwurf-Affäre Duss/Jacobi an Sachkompetenz verloren. Heute gehöre der Kommission nur eine Fachperson aus dem Bauwesen an.
Die Debatte verspricht, interessant zu werden. Ob das Flugblatt ähnlich viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an die Versammlung lockt wie damals die siebenprozentige Steuererhöhung, ist aber eher unwahrscheinlich.