Höherer Takt, mehr Stau?
15.05.2021 Bezirk Liestal, Gesundheit, Bubendorf, Bezirk WaldenburgGewerbevereinspräsidenten über die Folgen des WB-Ausbaus
Das Waldenburgertal freut sich auf den Ausbau der Waldenburgerbahn. Im Fünflibertal hingegen gibt es gemischte Gefühle: Blockiert die WB künftig häufiger als bisher die Kreuzung beim Bad Bubendorf, dürften die Staus auf der ...
Gewerbevereinspräsidenten über die Folgen des WB-Ausbaus
Das Waldenburgertal freut sich auf den Ausbau der Waldenburgerbahn. Im Fünflibertal hingegen gibt es gemischte Gefühle: Blockiert die WB künftig häufiger als bisher die Kreuzung beim Bad Bubendorf, dürften die Staus auf der Strasse noch länger werden. Die Gewerbevereinspräsidenten Yves Wahl (Bubendorf) und Michael Briggen (Reigoldswil) nehmen Stellung.
David Thommen
Zuerst gab es Staus wegen der Hauptstrassensanierung in Bubendorf, jetzt gibt es häufig lange Kolonnen wegen der WB Baustelle. Wir erträglich ist die Situation für Gewerbetreibende aus dem Fünflibertal derzeit?
Yves Wahl: Für uns KMU aus dem hinteren Frenkental, die häufig im Raum Liestal oder Basel arbeiten, ist es keine einfache Situation. Man verliert morgens und abends viel Zeit.
Michael Briggen: Da schliesse ich mich an. Beispielsweise die Angestellten unseres Gartenbaubetriebs, die nach Reigoldswil pendeln, stöhnen. Gleichzeitig ist es natürlich auch für alle Bewohnerinnen und Bewohner des Tals lästig. Immerhin aber ist das Ende der Baustellensituation absehbar. Die Frage ist, wie es nach der Wiedereröffnung der WB aussehen wird, wenn die Bahn häufiger über die Kreuzung fahren wird …
Wahl: Das Nadelöhr beim Bad Bubendorf ist schon seit Langem überlastet. Die Lage ist zu den Stosszeiten sehr angespannt. Wehe, es passiert ein Unfall oder sonst etwas Unvorhergesehenes, denn Ausweichmöglichkeiten gibt es nicht. Mit der Bevölkerungszunahme und der wachsenden Industrie im Fünflibertal wird der Zustand bestimmt nicht besser. Nicht zuletzt die Bachem wächst erfreulicherweise stark, was aber auch mehr Verkehr bringt. Und wenn die WB gegen Ende kommenden Jahres den Betrieb wieder aufnimmt und die Kreuzung beim Bad Bubendorf alle 15 Minuten blockiert, wird der Strassenverkehr bestimmt nicht flüssiger.
Man investiert zwar viel in die neue Bahn, verschlechtert damit aber gleichzeitig die Situation auf der Strasse für die Fünflibertalbewohner?
Briggen: Ich sehe da ehrlich gesagt schwarz. Jedes Mal, wenn die Bahn durchfährt, steht auf der Strasse vorübergehend alles still. Da bringt wohl auch die angekündigte Massnahme wenig, dass die Einspurstrecke auf der Hauensteinstrecke bei der Abzweigung ins Fünflibertal verlängert wird. Sollte es zu den Stosszeiten sogar einmal einen 7½-Minuten-Takt auf der Schiene geben, wie das auch schon gefordert wurde, dann werden die Wartezeiten in alle Richtungen länger und länger. Man frustriert damit alle, die auf der Strasse unterwegs sind.
Auch der 70er-Bus steht im Stau …
Briggen: Ja. Ich kenne Passagiere, die sich fast täglich aufregen, weil sie dauernd befürchten müssen, den Anschluss an den Zug in Liestal zu verpassen. Es ist etwas paradox, dass man den öffentlichen Verkehr durchs Waldenburgertal für viel Geld ausbaut, damit den öffentlichen Verkehr im Fünflibertal aber tendenziell beeinträchtigt.
Was wäre das Rezept?
Wahl: Ich habe kein abschliessendes Rezept. Es muss einfach allen bewusst sein, dass eine WB-Taktverdichtung Einfluss auf alle hat. Die Regierung ist gefordert, die Situation nach dem WB-Umbau ganz genau zu beobachten. Sollte sich die Lage verschlechtern, so muss man nachträglich Massnahmen ergreifen – und zwar rasch. Eine Verschlimmerung im Vergleich zu vorher darf es nicht geben. Die Wirtschaft bei uns im Tal wächst und wir wollen nicht Firmen verlieren, nur weil es zu mühsam wird, die Arbeitsstätte zu erreichen.
Bubendorf selber ist häufig halbwegs «zugestaut». Wird man da auch als Wohnort nicht unattraktiv?
Wahl: Ich sehe es eher umgekehrt: Gerade der Stau beweist, dass wir als Standort insgesamt attraktiv sind und ein Wachstum haben.
Wie müsste die Kreuzung beim Bad Bubendorf in Ihren Augen im Idealfall aussehen?
Wahl: Ich hätte mir eine Über- oder Unterführung gewünscht, damit die Bahn die Strasse nicht mehr tangiert. Dann müssten wir nun auch nicht darüber diskutieren, ob eine WB-Taktverdichtung machbar ist. Dann könnte die Bahn fahren, wie sie will, und der Strassenverkehr würde dadurch nicht beeinträchtig. Aber das hat natürlich immer mit Kosten zu tun.
Briggen: Eine Unter- oder Überführung wäre eine super Lösung für alle gewesen.
Der Niederdörfer Landrat Urs Roth (SP) fordert im Parlament einen durchgehenden 15-Minuten-Takt für die WB …
Briggen: Im Waldenburgertal gibt es gerade eine grosse Euphorie wegen des WB-Neubaus. Ich mag das dem Tal gönnen. Allerdings stellt sich die Frage, ob sich der durchgehende 15-Minuten-Takt auch finanzieren lässt. Und eben, was die Auswirkungen auf den Strassenverkehr sind, bleibt abzuwarten.
Wahl: Hinter die Rentabilität der Taktverdichtung setze ich Fragezeichen, denn ganz so viele Einwohnerinnen und Einwohner hat das Waldenburgertal nun auch wieder nicht. Häufig würde die Bahn wohl fast leer fahren. Und etwas nostalgisch sage ich: Mit der Taktverdichtung wird die WB zum gewöhnlichen Tram. Es wird nicht mehr unser geliebtes «Waldenburgerli» sein (lacht).
Wagen Sie eine Prognose: Wie sieht es auf der Strasse beim Bad Bubendorf in 20 Jahren aus?
Wahl: Ich hoffe, dass es dann für die Strasse oder die Bahn eine Unterführung gibt (lacht).
Briggen: Oder sogar eine Umfahrung von Bubendorf, wie es früher einmal vorgesehen war, dann aber aus den Plänen gestrichen wurde. Heute wäre man vielleicht froh, wenn man sich diese Option offengehalten hätte.
Wahl: Verschlechtert sich die Situation auf der Strasse, wird es eine Arbeitsgruppe brauchen, die die Situation aus einer höheren Warte begutachtet und ganz neue Lösungen sucht. Vielleicht wird es längerfristig tatsächlich einen anderen Weg aus unserem Tal heraus brauchen, damit das Bad-Bubendorf-Nadelöhr verschwindet. Wachsen Wirtschaft und Bevölkerung weiter, wird man um eine neue Lösung nicht herumkommen.
Die Zeit der WB-Planung ist längst vorbei, jetzt wird gebaut. Warum hat sich das Fünflibertal vor Jahren nicht deutlich lauter für eine andere Variante eingesetzt?
Briggen: Ich glaube nicht, dass wir die Chance verpasst haben. Der ehemalige Reigoldswiler SVP-Landrat Hansruedi Wirz hatte sich im Landrat für eine Verbesserung der Situation eingesetzt, die Regierung kam aber zu einem anderen Schluss. Gewisse Massnahmen wie die Verlängerung der Einspurstrecke werden nun immerhin umgesetzt.
Wahl: Die Forderungen des Fünflibertals sind seinerzeit deutlich genug vorgebracht worden. Eines muss man einfach bedenken: Die Kreuzung beim Bad Bubendorf ist nur eine von vielen Problemstellen entlang der WB-Linie. Hätte man hier auf Maximalforderungen gepocht, wären in anderen Dörfern ebenfalls teuerere Lösungen gefordert worden. Der WB-Neubau wäre unbezahlbar geworden.
Hat man bei der Planung der neuen WB auf dem alten Trassee eigentlich weit genug gedacht? Wurde nicht die Chance verpasst, oder wenigstens das Bubendörfer Gewerbegebiet mit Migros, Landi und so weiter besser an die WB anzubinden?
Briggen: Ich kann das nicht beurteilen. Die Planung einer Eisenbahnstrecke ist enorm komplex und eine neue Linienführung hätte bestimmt riesige Mehrkosten verursacht.
Wahl: Wir in Bubendorf haben wenig von der WB, sie fährt weitgehend an uns vorbei, was eigentlich schade ist. Aber ob es tatsächlich Möglichkeiten gegeben hätte, um Bubendorf besser anzubinden, vermag ich nicht zu sagen.
Zu den Personen
tho. Yves Wahl (36) ist seit zwei Jahren Vizepräsident des Gewerbevereins Bubendorf und Umgebung mit rund 75 Mitgliedsfirmen. Da die Präsidiumsstelle derzeit vakant ist, leitet Wahl den Verein interimistisch. Wahl ist Inhaber der Firma YWA-Design GmbH – eine Schreinerei und ein Planungsbüro für Innenausbauten.
Michael Briggen (34) ist seit 2019 Präsident des Gewerbevereins KMU Reigoldswil und Umgebung mit rund 50 Mitgliedern. Briggen ist im Management der Reigoldswiler Ulrich Briggen Gartenservice AG tätig.