«Es braucht durchdachte Lösungen»
27.11.2020 Baselbiet, Gesellschaft, Landwirtschaft, Sissach, NaturProjekt Humusaufbau: Ebenrain zieht Bilanz
Im Februar 2020 lancierte der Ebenrain das Projekt «Klimaschutz durch Humusaufbau». Damit soll die hiesige Landwirtschaft die von der BLKB verursachten CO2-Emissionen kompensieren. Ebenrain-Leiter Lukas Kilcher zieht eine erste ...
Projekt Humusaufbau: Ebenrain zieht Bilanz
Im Februar 2020 lancierte der Ebenrain das Projekt «Klimaschutz durch Humusaufbau». Damit soll die hiesige Landwirtschaft die von der BLKB verursachten CO2-Emissionen kompensieren. Ebenrain-Leiter Lukas Kilcher zieht eine erste Zwischenbilanz.
Ueli Frei
Herr Kilcher, wie viel CO2 hat Ihr Projekt bis heute aus der Luft gefiltert?
Lukas Kilcher: Heuer bereiten wir das Projekt vor, die Umsetzung startet Anfang 2021. Konkrete Resultate können wir erst nach den Messungen in drei bis sechs Jahren erwarten. Eine Zahl kann ich Ihnen dennoch geben: Wir basieren unser Projekt auf einer wissenschaftlich begründeten Annahme, dass wir eine Tonne CO2 pro Hektar Ackerland und Jahr fixieren können. Ich bin zuversichtlich, dass wir das Kompensationsziel erreichen werden.
Was macht Sie da so sicher?
Auf dem «Birsmattehof» in Therwil untersuchen Agroscope und das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) seit 42 Jahren, wie sich der Humusgehalt im Boden in Abhängigkeit von der Bewirtschaftung verändert. Durch biologische und biologisch-dynamische Landwirtschaft lassen sich an diesem Standort im Schnitt 367 Kilogramm CO2 pro Jahr und Hektare aus der Luft binden. Gezielte Humusaufbaumassnahmen, so zeigen weitere Versuche, ermöglichen sogar 600 und 1600 Kilogramm CO2 pro Hektare und Jahr. Darauf basiert unsere konservative Schätzung von 1000 Kilogramm pro Hektare Ackerland und Jahr. Um die 1000 Tonnen CO2 von der BLKB zu kompensieren, brauchen wir mehr als 1000 Hektaren Ackerland. Das ist gut ein Zehntel der Ackerfläche im Kanton Baselland.
Wie kommt das Projekt bei den Landwirten an?
Am Anfang hatten wir etwas Gegenwind. Berechtigte Fragen kamen einerseits von den Bauern, aber auch aus der Wissenschaft. Diese kritisierte insbesondere, dass CO2 nur schwer dauerhaft im Boden fixiert werden kann. Ich nehme diese Kritik ernst. Mit einer gut durchdachten Strategie wollen wir sicherstellen, dass der Humusaufbau langfristig grösser ist als der Abbau. Das hat auch einen konkreten Nutzen für die Bauern. Die 1000 Hektaren haben wir bereits im Sommer erreicht. Stand jetzt nehmen 52 Landwirte mit einer durchschnittlichen Ackerfläche von gut 20 Hektaren am Projekt teil. Insgesamt sind 1095 Hektaren Ackerfläche betroffen. Weitere Betriebe sind willkommen.
Welchen Nutzen hat die Landwirtschaft?
Die BLKB bezahlt 100 Franken pro Tonne CO2, somit erhält der Bauer mit 20 Hektaren Kompensationsfläche 2000 Franken pro Jahr. Das ist immerhin ein Anreiz. Die BLKB übernimmt zudem die ersten beiden Bodenproben. Und der Ebenrain unterstützt die Landwirte mit einer Humusaufbauberatung.
Gibt es weitere Vorteile?
Mit dem Humusaufbau steigt die Speicherfähigkeit des Bodens für Nährstoffe und Wasser. Damit nimmt die Verletzlichkeit gegenüber dem Klimawandel ab. Es gibt keine andere Branche auf der Welt, die derart betroffen ist. Das Baselbiet ist besonders verletzlich. Es ist heisser, trockener, und wir haben flachgründige Böden. Zudem haben wir fast keine natürlichen Bewässerungsmöglichkeiten.
Sind die Baselbieter Landwirte dereinst in der Lage, ihren CO2-Ausstoss zu kompensieren?
Die Landwirtschaft produziert 13 Prozent der Klimaemissionen. Diese gilt es zu reduzieren. Innerhalb der Klimastrategie 2050 sieht die Teilstrategie Landwirtschaft vor, dass sie ein bis zwei Drittel der Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 reduziert. Das ist ambitiös, denn gleichzeitig soll die Nahrungsmittelproduktion ausgebaut werden. Die Landwirtschaft kann sich darüber hinaus auch an der Lösung des Klimaproblems beteiligen, indem sie für andere Branchen kompensiert. Unser Pionierprojekt ist somit eine Dienstleistung für die BLKB.
Sie sprechen mögliche Zielkonflikte an.
Wir sind mit vielen Zielkonflikten unterwegs. Der Naturschutz will Arten erhalten. Für andere steht der Klimaschutz im Vordergrund. Gleichzeitig soll die hiesige Nahrungsmittelproduktion gesichert werden. Dies mit möglichst wenig Pflanzenschutzmitteln, stattdessen mit Hightech wie Drohnen, Robotern oder Nanotechnologie. Aber die Natur funktioniert analog. Wenn wir zum Beispiel den Boden hacken anstatt Herbizide einzusetzen, bringen wir Sauerstoff ein. Das führt zu einem Humusabbau beziehungsweise zur Freisetzung von Klimagasen. Deshalb braucht es gut durchdachte Lösungen.
Wie nachhaltig ist das Projekt «Klimaschutz durch Humusaufbau»?
Das hängt davon ab, wie der einzelne Betrieb das Projekt umsetzt. Wichtig ist eine langfristige Denkweise. Von grossem Wert ist der regionale Charakter. Eine regionale Bank arbeitet mit der regionalen Landwirtschaft zusammen, um ihre Emissionen zu kompensieren, anstatt irgendwo in Übersee. Auch das nenne ich nachhaltig.