Überschüssige Millionen für Naturschutz
24.09.2020 Baselbiet, Finanzen, Gemeinden, Politik, SissachÜberschüsse aus Spezialfinanzierungen sollen flexibler einsetzbar sein
Die Sissacher Landrätin Laura Grazioli (Grüne) wünscht sich von der Baselbieter Regierung mehr Flexibilität für die Gemeinden im Umgang mit den Überschüssen aus den Abwasser-, Wasser- und Abfallkassen. Dort ...
Überschüsse aus Spezialfinanzierungen sollen flexibler einsetzbar sein
Die Sissacher Landrätin Laura Grazioli (Grüne) wünscht sich von der Baselbieter Regierung mehr Flexibilität für die Gemeinden im Umgang mit den Überschüssen aus den Abwasser-, Wasser- und Abfallkassen. Dort haben sich Hunderte Millionen Franken angesammelt.
Tobias Gfeller
Sissach gewährt der Bevölkerung für dieses Jahr einen einmaligen Rabatt bei den Wasser- und Abwassergebühren. Die Gemeindeversammlung nahm den gemeinderätlichen Vorschlag Anfang September dankbar an. Grund für die Grosszügigkeit sind angehäufte Eigenkapitalreserven von gut 17 Millionen Franken. Gross anderes kann die Gemeinde mit dem angehäuften Geld auch nicht tun. Denn den Gemeinden sind bei den Spezialfinanzierungen die Hände gebunden. Bund und Kanton geben vor, dass die Gelder daraus nur zweckgebunden – bei den Abwasserund Wasserkassen im Rahmen des Wasserkonsums – eingesetzt werden dürfen. Dies bekräftigte der Kanton dem Sissacher Gemeinderat bereits vor einem Jahr, als dieser anfragte, ob es möglich sei, mit dem überschüssigen Geld einen Fonds für Umweltschutzprojekte oder allgemeine Verschönerungsarbeiten zu äufnen. Die Vorgaben sagen eben auch, dass in den Kassen keine grösseren Eigenkapitalreserven angehäuft werden sollen. Es darf nur das eingenommen werden, was ausgegeben wird. Doch dies war in den vergangenen Jahren in vielen Baselbieter Gemeinden eine Illusion. In den lokalen Abwasser- und Wasserkassen haben sich bis heute rund 400 Millionen Franken angesammelt.
Keine falschen Anreize setzen
Landrätin Laura Grazioli fordert in einer Interpellation, die sie heute einreicht, dass Gemeinden mehr Freiheiten im Umgang mit den Überschüssen aus den Spezialfinanzierungen erhalten sollen. Sie möchte vom Regierungsrat wissen, ob dem Kanton das Problem der Gemeinden bewusst ist und ob es Möglichkeiten gibt, dass diese mehr Spielraum im Umgang mit den Überschüssen erhalten. Grazioli ist sich darüber im Klaren, dass die Überschüsse langfristig auch über eine Senkung der Tarife verringert werden könnten. Dies würde aber ein falsches Signal betreffend Wert der Leistung beziehungsweise der Ressource aussenden. Das glaubt auch der Sissacher Finanzchef Lars Mazzucchelli (SP). «Einerseits sagen wir gerade bei uns im Oberbaselbiet, dass im Sommer aufgrund der Wasserknappheit sorgsam mit Wasser umgegangen werden soll, andererseits senken wir die Gebühren, was nicht gerade dem Anreiz zur Sparsamkeit entsprechen würde.»
Ausgabenstock ist konstant
Laura Grazioli wurde bereits vor einem Jahr auf das Thema aufmerksam, als ihr Stefan Zimmermann, Mitglied der Sissacher Gemeindekommission, die Situation der Spezialkassen aufzeigte. Die Grünen- Landrätin hat die Interpellation nun in enger Absprache mit Mazzucchelli verfasst. Denn auch der Sissacher Gemeinderat wünscht sich mehr Spielraum im Umgang mit den Überschüssen aus den Spezialfinanzierungen. Die Landrätin ist überzeugt, dass die Gelder auch sehr gut für Projekte in den Bereichen Umweltschutz und erneuerbare Energien eingesetzt werden könnten. «Man könnte auch vorgeben, dass die Gelder in ähnlichen Themengebieten wie Wasser, Abwasser und Abfall eingesetzt werden müssten.» Festlegen will sie sich aber nicht. «Das wären dann politische Abwägungen.» Dass die angehäuften Reserven blanko an die Bevölkerung ausbezahlt werden, wie dies an der Sissacher «Gmäini» aus dem Plenum gefordert wurde, schliesst die Grüne nicht gänzlich aus, auch wenn sie gezielte Investitionen bevorzugen würde.
Grazioli glaubt nicht, dass mit den plötzlich vorhandenen Finanzmitteln unnötige Projekte angestossen würden. «Um dies zu verhindern, haben wir in den Gemeinden genügend demokratische Kontrollmechanismen.» Auch würden grössere Abflüsse nicht zu Problemen bei nötigen Investitionen führen, betont Gemeinderat Mazzucchelli. «Die Wasserkassen werden bei Investitionen nur über Abschreibungen belastet. Zudem ist der Ausgabenstock konstant und die Belastung der Kasse dadurch sehr regelmässig.»