«Nach einem Fall wäre das Image am Boden»
03.07.2020 Bezirk Sissach, Gastronomie, SissachAlain Goepfert schliesst vorläufig seinen «Club 55»
Alain Goepfert, Betreiber des «Club 55» in Sissach, will vermeiden, dass es in seinem Lokal zu Ansteckungen mit dem Coronavirus kommt. Darum lässt er nach nur einem Betriebswochenende den Klubbetrieb ruhen. Dies, um die ganze Branche ...
Alain Goepfert schliesst vorläufig seinen «Club 55»
Alain Goepfert, Betreiber des «Club 55» in Sissach, will vermeiden, dass es in seinem Lokal zu Ansteckungen mit dem Coronavirus kommt. Darum lässt er nach nur einem Betriebswochenende den Klubbetrieb ruhen. Dies, um die ganze Branche vor erneuten Einschränkungen zu schützen.
Severin Furter
In der Sissacher Discothek «Club 55» im Untergeschoss des «Cheesmeyer-Huus» wird während der kommenden Wochen nicht getanzt. Die Klubbetreiber Alain und Alexandra «Lexi» Goepfert reagieren damit auf die neuesten Vorkommnisse in ihrer Branche: Nachdem es schweizweit in mehreren Klubs zu Ansteckungen mit dem Coronavirus gekommen ist, stehen erneute Einschränkungen im Nachtleben zur Diskussion. Dies wollen die Betreiber des «Club 55» vermeiden und setzen darum auf einen sicheren Betrieb in ihren beiden anderen Lokalen «Lounge 11» und Restaurant Sissacherfluh. Im Interview spricht Alain Goepfert über Schutzmassnahmen, Umsatzverlust, falsche Kontaktdaten und das Risiko eines grossen Imageverlustes.
Herr Goepfert, nach nur einem Betriebswochenende schliessen Sie den «Club 55». Warum?
Alain Goepfert: Die Ausgangslage ist verzwickt: Laut Bund und Kanton dürfen wir unseren Klub unter Auflagen wieder geöffnet haben. Die Auflagen verlangen aber eine grosse Eigenverantwortung von uns als Betreiber und von den Gästen: Auch wenn wir die Massnahmen von unserer Seite einhalten, gehen wir ein Risiko ein. Und dieses ist für uns einfach zu gross. Wir wollen verhindern, dass die Massnahmen in normalen Restaurant- und Barbetrieben wieder verschärft werden, nur weil es in Tanz- und Disco-Klubs wie unserem zu Ansteckungen kommt. Wir müssen nun als Ganzes vorwärtskommen. Darum erscheint uns diese Massnahme als sinnvoll.
Wie muss man sich den Klubbetrieb unter Berücksichtigung der Schutzmassnahmen vorstellen? Was war anders als sonst?
Für die Gäste waren vor allem die Schutzmassnahmen beim Eintritt in den Klub spürbar: So mussten diese nicht nur die Hände desinfizieren, sondern auch ihre Kontaktdaten hinterlassen. Zudem liessen wir weniger Gäste als üblich in den Klub. Ansonsten gab es für die Besucher keine Einschränkungen.
Wie war die Nachfrage?
Das Besucherkontingent war an beiden Tagen innert kürzester Zeit erfüllt. Die Nachfrage war dementsprechend gut, wir durften zufrieden sein.
Ist ein notwendiges Schutzkonzept in einem Tanzklub wie dem «Club 55» überhaupt umsetzbar?
Ja, ein Schutzkonzept, wie es verlangt wird, kann umgesetzt werden. Wir haben das auch gemacht. Aber: Es ist aus unserer Sicht zurzeit einfach nicht vernünftig und vertretbar. Wir fühlen uns damit nicht wohl. Zudem gibt es in einem Klub wie unserem auch gewisse Handicaps. So gibt es beispielsweise nur einen einzigen Ein- und Ausgang und man kann aufgrund der Lage im Kellergeschoss schlecht durchlüften.
Was bedeutet die vorläufige Schliessung des Klubs?
Das ist fatal. Erst im vergangenen Jahr haben wir das Lokal für rund 150 000 Franken umgebaut. Nach dem Umbau hatten wir bis zum Lockdown gerade einmal zweieinhalb Monate geöffnet. Uns fehlt nicht nur das Fasnachtsgeschäft. Auch die normalen Wochenenden und die üblicherweise gut besuchten Feiertage im Frühling fielen komplett weg. Das bedeutet einen Umsatzverlust von mehreren Hunderttausend Franken. Jetzt ist die Ausgangslage noch schlimmer.Wir dürften geöffnet haben, aber wir schliessen freiwillig. Denn: Wenn du einen Corona-Fall in deinem Lokal hast, ist dein Image am Boden.
In zwei Zürcher Klubs ist es zu mehreren Ansteckungen mit dem Coronavirus gekommen, man spricht von «Superspreader-Events»: Hätte so etwas in Sissach auch passieren können?
Ganz bestimmt hätte es auch hier einen solchen Vorfall geben können. Das ist ein Grund, warum wir den «Club 55» vorläufig weiter geschlossen halten. Wir wollen solche Fälle nicht bei uns und damit unsere Gäste, unsere Mitarbeitenden und auch die ganze Bevölkerung sowie unsere Branche im Kanton schützen.
In Zürich gaben Gäste vielfach falsche Kontaktdaten an. War das im «Club 55» auch ein Problem?
Nein, wir sind klar der Meinung, dass die Gäste bei uns keine falschen Daten angeben. Ich glaube generell, dass dies im Baselbiet kein Problem darstellt. Die Restaurant-, Bar- und Klubbetreiber kennen ihre Kundschaft, die Gäste kennen sich untereinander, die soziale Kontrolle ist stets präsent. Zudem ist die Loyalität zwischen Gastgeber und Gast sehr gross. Der Beizer schätzt den Gast und der Gast ist froh, dass er wieder in eine Bar gehen kann.
Sie betreiben neben dem «Club 55» auch das Restaurant Sissacherfluh und die «Lounge 11». Wie ist der Betrieb in diesen beiden Lokalen angelaufen?
Eigentlich ist der Betrieb sehr gut gestartet. Klar, wir haben immer noch weniger Gäste als sonst, weil die Leute vorsichtiger sind. Aber wir dürfen zufrieden sein.
Sie haben angekündigt, die Schutzmassnahmen in der «Lounge 11» anzupassen. Inwiefern?
Die Massnahmen in unseren Lokalen werden laufend auf dem aktuellsten Stand gehalten, auch wenn dazu noch keine Verordnungen von Bund oder Kanton vorhanden sind. Wir beobachten das Geschehen in unserer Branche sehr stark und reagieren darauf – beispielsweise auch auf die Vorfälle in Zürich.
Was heisst das konkret?
Wir werden in der «Lounge 11» an diesem Wochenende die Schutzmassnahmen erweitern. Wie in Zürich werden wir künftig die von den Gästen angegebenen Handynummern überprüfen. Sicher ist sicher. Zudem setzen wir einen Sicherheitsdienst ein, der die Schutzmassnahmen permanent überwacht.
Und wann öffnen Sie den «Club 55» wieder?
Wir warten nun sicher einen Monat ab. Wenn wir merken, dass sich die Situation stabilisiert, werden wir wieder öffnen. Vielleicht öffnen wir dann nur an einem Tag pro Wochenende oder nur zweimal im Monat. Wir werden schauen, wie sich das Ganze entwickelt und dann neu entscheiden. Für meine Frau Lexi und mich ist das Wichtigste, dass wir und unsere Gäste gesund bleiben. Dann schaffen wir das und werden auch den «Club 55» wieder öffnen können.