Zugedröhnter Schüler aufgegriffen
17.01.2020 Baselbiet, Polizei, Gesundheit, Gelterkinden, Gesellschaft, Bezirk SissachSek aktiviert Jugenddienst nach Missbrauch von Medikamenten
Ein 12-jähriger Sek-Schüler wurde am Dienstag unter starkem Einfluss eines Beruhigungsmedikaments am Gelterkinder Bahnhof aufgegriffen. Dass Jugendliche schweizweit vermehrt Medikamente missbrauchen, ist der Polizei bekannt. Für ...
Sek aktiviert Jugenddienst nach Missbrauch von Medikamenten
Ein 12-jähriger Sek-Schüler wurde am Dienstag unter starkem Einfluss eines Beruhigungsmedikaments am Gelterkinder Bahnhof aufgegriffen. Dass Jugendliche schweizweit vermehrt Medikamente missbrauchen, ist der Polizei bekannt. Für die Schulleitung in Gelterkinden ist dies aber der erste Fall.
Sebastian Schanzer
Dass an Sekundarschulen in der Schweiz einzelne Jugendliche Rauschmittel konsumieren, ist auch für Roger Leoni, den Co-Schulleiter der Sek Gelterkinden, keine neue Thematik. Seine Schule bilde hier keine Ausnahme, das Thema nehme man sehr ernst. Zum ersten Mal sieht sich die Schulleitung nun allerdings konfrontiert mit einem Fall von Medikamenten-Missbrauch: Ein 12-jähriger Schüler ist am Dienstagnachmittag von einer älteren Schülerin im Bahnhofsshop aufgefunden worden – «völlig zugedröhnt» mit dem rezeptpflichtigen Beruhigungsmittel Xanax, wie «20 Minuten» gestern berichtete.
Das News-Portal zitiert die 15-jährige Schülerin, die den Jugendlichen «in desolatem Zustand» angetroffen habe: «Er konnte nicht einmal mehr stabil sitzen, ich musste ihn halten», wird die Jugendliche zitiert. Der Bub habe zugegeben, die Pillen einem Kollegen gestohlen zu haben. Noch am selben Abend soll er in Spitalbehandlung gekommen sein.
Die Baselbieter Polizei bestätigt den Vorfall, gibt aus ermittlungstaktischen Gründen aber keine weiteren Informationen preis. Gegenüber «20 Minuten» sagt Polizeisprecher Adrian Gaugler, die Jugend neige gegenwärtig schweizweit zum starken Konsum von Betäubungsmittlen. Dieses Verhalten verlagere sich zum Teil auch in den Missbrauch von Medikamenten.
Xanax-Missbrauch unüblich
Xanax gehört zu den Benzodiazepinen und ist streng rezeptpflichtig. «Das Mittel hat eine beruhigende, krampflösende und entspannende Wirkung. Oft wird es auch als Schlafmittel verschrieben», erklärt Marco Gonçalves, Sissacher Apotheker, gegenüber der «Volksstimme». Zu den Konsumenten gehörten in erster Linie Menschen, die Mühe mit Schlaf haben: Depressive, gestresste Geschäftsleute, Gefängnis-Insassen. In der Schweiz seien die Verkäufe von Xanax, anders als in südlichen Ländern, aber rückläufig. «Bei einer zu starken Dosierung kann Übelkeit die Folge sein, oder dass die betroffene Person zugedröhnt wirkt und nicht mehr ansprechbar ist», sagt Gonçalves. Die Gefahr bei allen Benzodiazepinen sei eine sich rasch einstellende Abhängigkeit. Ärzte seien hierzulande deshalb eher zurückhaltend mit dem Verschreiben solcher Mittel.
Dass auch ein missbräuchliches Interesse an dem Medikament bestehe, bezweifelt der Apotheker. «Missbrauch ist in letzter Zeit eher bei anderen Mitteln wie Hustensirup oder Ritalin zu beobachten.»
Zur Frage, ob es sich in Gelterkinden um einen Einzelfall handelt oder gar mehrere Schulkinder solche Medikamente missbrauchen, kann Schulleiter Roger Leoni keine Auskunft geben. Er wolle die laufenden Ermittlungen nicht stören. «In der Regel folgen solche Ereignisse aber einer gewissen Gruppendynamik», sagt er.
Schule ist aktiv in Prävention
Gegen das Problem mit dem Missbrauch von Betäubungsmitteln geht die Sekundarschule Gelterkinden schon seit Längerem aktiv vor. Die Schulleitung befinde sich in regelmässigem Austausch mit dem polizeilichen Jugenddienst. So auch am Dienstag: Umgehend, nachdem sie von einem möglichen Medikamentenmissbrauch erfahren hatte, informierte die Schule den Jugenddienst.
Zusätzlich gebe es an der Sekundarschule die Steuergruppe Gesundheitsförderung. Sie besteht aus Lehrpersonal sowie Mitgliedern der Schulleitung und des Schulrats, und organisiert laufend Anlässe mit Fachleuten zur Prävention.