Schützen bangen um ihr Trainingsgelände
30.01.2020 Baselbiet, Gemeinden, Bauprojekte, Sport, Bezirk Sissach, SissachKanton verlangt Baugesuch für bestehenden Schiessplatz in der Grüssi-Grube
Die Combat-Schützen müssen für den Schiessplatz in der Grüssi-Grube, den sie seit 35 Jahren nutzen, auf Geheiss des Kantons eine Anlagebewilligung einholen. Der Trainingsbetrieb ruht ...
Kanton verlangt Baugesuch für bestehenden Schiessplatz in der Grüssi-Grube
Die Combat-Schützen müssen für den Schiessplatz in der Grüssi-Grube, den sie seit 35 Jahren nutzen, auf Geheiss des Kantons eine Anlagebewilligung einholen. Der Trainingsbetrieb ruht gegenwärtig.
Christian Horisberger
Laden, feuern, laufen, nachladen, feuern, Zeit stoppen: Im dynamischen Schiessen wird die Präzision aus dem Standschiessen gepaart mit Bewegung und Tempo. Das Combat Team Sissach (CTS) und die Dynamischen Schützen beider Basel (DSbB) praktizieren ihre Sportart seit 35 Jahren in der Grüssi-Grube auf dem Limperg bei Sissach. Mit dem Segen von Gemeinde und Bund.
Während all der Jahre sei es im Schiessbetrieb weder zu Unfällen gekommen, noch habe es Klagen über den Schiesslärm gegeben, sagt CTS-Aktuar Martin Inäbnit. Auch der fürs Schiesswesen zuständige Sissacher Gemeinderat Robert Bösiger weiss nichts von Klagen über den Schiessbetrieb in der Grüssi-Grube, wie er auf Anfrage sagt. Nichtsdestotrotz müssen die Schützen nun gegenüber dem Kanton ihren Schiessplatz legitimieren. Gleiches gilt für den in derselben Sportart aktiven Waldenburger Castle Rock Shooting Club.
Laut dem zuständigen kantonalen Bauinspektorat geht es in Waldenburg um den Schiesslärm. In Sissach hingegen sei die Umweltbelastung durch das ins Erdreich eingebrachte Munitionsmaterial der Grund für die Intervention, heisst es auf Anfrage.
In einem von der Gemeinde anberaumten «Runden Tisch» mit Vertretern der Schützenvereine, der Gemeinde, des Kantons sowie dem Grubenbesitzer Beat Grüssi wurde die Situation im Dezember 2018 erörtert. «Uns ist es ein Anliegen, dass der Schiessbetrieb mit einer Bewilligung, basierend auf der aktuellen Rechtslage, vonstatten geht», sagt Gemeinderat Bösiger. Die Bewilligung sei seinerzeit «auf Zusehen» erteilt worden. Nach aktueller Rechtslage befinde sich der in der Landwirtschaftszone liegende Schiessplatz «in einer Grauzone» – dies gemäss dem eidgenössischen Schiessoffizier Martin Büsser.
An einem zweiten «Runden Tisch» wurden die Schützen dazu aufgefordert, beim Bauinspektorat ein Baugesuch einzureichen. Den Schiessbetrieb durften sie bis Ende 2019 aufrechterhalten. Die Schützen anerkannten nicht, dass die Anlage überhaupt bewilligungspflichtig ist und verlangten vom Kanton eine schriftliche, beschwerdefähige Verfügung, ein Baugesuch zu stellen, sagt Inäbnit. Diese sei trotz Nachhakens der Schützen erst ein halbes Jahr später eingetroffen.
Baugesuch mit 38 Seiten
Der Begriff Baugesuch ist nicht wörtlich zu nehmen, denn gebaut werden soll in der Grube nichts.Treffender wäre «Anlagebewilligung». Die Vereine müssen darin Rechenschaft über räumliche Voraussetzungen und Gelände, Kugelfänge, Lärm sowie Sicherheit intern und extern ablegen, sagt Inäbnit. Auch der Antrag auf eine Ausnahmebewilligung für den Schiessplatz in der Landwirtschaftszone sei Bestandteil der Baueingabe. 38 Seiten umfasst das «Baugesuch», das er im Namen beider Sissacher Vereine eingereicht hat.
Den Schiessbetrieb haben die Schützen Mitte Dezember vorübergehend eingestellt. Mehr oder weniger freiwillig: In seiner Verfügung vom 11. November drohte das Bauinspektorat, die Anlage zu sperren, sollte das Baugesuch bis Ende Jahr nicht eintreffen.
Die Schützen haben geliefert: Ende Jahr reichte Inäbnit das Baugesuch ein, Mitte Januar wurde es im Amtsblatt publiziert. Damit wären die Voraussetzungen für den weiteren Betrieb an sich gegeben. Da die Schützenvereine im Dezember aber nicht absehen konnten, ob sie das Gesuch termingerecht einreichen können, beschlossen sie, für die Wintermonate ihre Pistolen und Revolver ruhen zu lassen. «Nicht, weil wir etwas Illegales tun, sondern, weil wir uns aufs Baugesuch konzentrieren wollten», betont Inäbnit. Voraussichtlich im März wolle man den Trainingsbetrieb wieder aufnehmen. Dann dürfte der Zwischenbericht des Bauinspektorats zum Baugesuch vorliegen, auf dessen Basis die Vereine weiter planen können – zum Beispiel die vom Kanton geforderten mobilen Kugelfänge bestellen.
Der Schützenvertreter ist zuversichtlich, dass sein Verein die Grüssi- Grube weiterhin nutzen kann: Bezüglich Sicherheit gälten im Training strengste Vorschriften, und die Lärmbelastung sei deutlich geringer als jene von der nahe gelegenen 300-Meter-Schiessanlage Limperg, sagt Inäbnit. Den einzigen Unsicherheitsfaktor sieht er im sich laufend verändernden Gelände in der nach wie vor bewirtschafteten Grube. Die Schützen müssten sich so immer wieder ein neues Bild von der Situation machen und ihre Parcours so anlegen, dass die Schussbahnen den Sicherheitsvorschriften entsprechen. Welche Auswirkungen die Dynamik in der Grube auf die Anlagebewilligung hat, kann der Vereinssekretär nicht abschätzen.
Werden die Bedingungen erfüllt, habe die Gemeinde keine Einwände gegen das Schiessen in der Grüssi-Grube, sagt Gemeinderat Bösiger. Mit dem Schiesstand Limperg und der Grüssi-Grube, die im Übrigen auch Polizei-Einheiten nutzten, verfüge Sissach über ein kompaktes, regionales Schiess-Kom petenzzentrum. Nach Bösigers Einschätzung kann der Betrieb im Verlauf des ersten Halbjahrs wohl wieder aufgenommen werden.
Keine andere Grube in Aussicht
Sollte der Kanton das Gesuch der Schützen wider Erwarten ablehnen, wären diese gezwungen, sich nach einem neuen Trainingsgelände umzusehen. Die Chance, eine andere Grube zu finden, stuft Inäbnit als gering ein. Alternativ könnte sich der Verein in einer bestehenden militärischen Schiessanlage, die für ihre Zwecke geeignet ist, einmieten – zum Beispiel auf der Sichtern bei Seltisberg.
Das Combat Team Sissach und die Dynamischen Schützen beider Basel schiessen jeweils samstags – zu ähnlichen Uhrzeiten wie die Schützen in der Schiessanlage Limperg. Ausserdem greifen sie gelegentlich auch am Mittwochabend zur Waffe. An einem Trainingstag halten sich in der Regel acht bis zehn Schützen auf dem Gelände auf. Es ist jeweils nur ein Schütze in einem Parcours, eng begleitet vom Schiessoffizier. Ihr Material – Zielscheiben, Absperr- und Signalisationsmaterial – bewahren die Schützen in einem Container ausserhalb der Grube auf. Waffen und Munition verwahren sie bei sich zu Hause.