«Solange ich fit bin, denke ich nicht ans Aufhören»
24.01.2020 Bezirk Sissach, Gelterkinden, PorträtMit Urs Kliby tritt heute ein ganz Grosser der Schweizer Showszene im Marabu auf. Seit 47 Jahren ist der Bauchredner mit seiner Caroline unterwegs. Die Festhallen, in denen der Künstler auftritt, sind kleiner geworden, seine Begeisterung am Beruf nicht.
Christian ...
Mit Urs Kliby tritt heute ein ganz Grosser der Schweizer Showszene im Marabu auf. Seit 47 Jahren ist der Bauchredner mit seiner Caroline unterwegs. Die Festhallen, in denen der Künstler auftritt, sind kleiner geworden, seine Begeisterung am Beruf nicht.
Christian Horisberger
Herr Kliby, Caroline hat sich über all die Jahre kein bisschen verändert. Was ist das Geheimnis ihrer Jugend?
Urs Kliby: Ja, sie ist seit 47 Jahren elf Jahre alt (lacht). Ich spiele immer noch mit derselben Puppe, die meine Frau damals genäht hat. Nur Carolines Mundwerk, das stark strapaziert wird, müssen wir alle zwei, drei Jahre ersetzen.
Ihnen haben die Jahre auch nicht viel anhaben können. Mit Ausnahme der grauen Haare haben auch Sie sich kaum verändert. Was hält Sie jung?
Ich habe einen wunderbaren Job. Ich habe bei jedem Auftritt einen anderen Arbeitsplatz, einen anderen Arbeitgeber. Mein Leben ist fantasievoll und abwechslungsreich. Ich muss nicht wie andere 40 Jahre am selben Schreibtisch arbeiten. Der Job macht mir viel Freude, das hält mich jung.
Sie sind eine nationale Berühmtheit. Ein Show-Denkmal. Wie oft werden Sie heute noch von Fremden angesprochen?
Vor einigen Tagen trat ich in Luzern an einer Zunfttagung auf. Die Menschen waren zwischen 30 und 70 Jahre alt. Drei von vier Teilnehmern sagten, sie seien mit mir aufgewachsen, hätten immer meine Kassettli gehört. Einer umarmte mich wie einen Freund, den er 20 Jahre nicht mehr getroffen hat. Er sagte, ich hätte ihn auf vielen Autofahrten in die Ferien begleitet. Ich geniesse es, zu erleben, dass die Leute auch noch nach so vielen Jahren Freude an mir haben. Darauf bin ich stolz.
Bauchreden ist ziemlich anstrengend, das sagen Sie selber – bereitet es Ihnen im Alter mehr Mühe?
Bauchreden ist Schwerarbeit, das stimmt. Nach einem 45-minütigen Auftritt bin ich durchgeschwitzt. Das war aber immer schon so.
Was ist für einen Bauchredner wichtiger: Technik oder Pointe?
Beides ist wichtig. Ich glaube allerdings nicht, dass die Leute in erster Linie sehen wollen, wie einer mit dem Bauch redet, sondern sie wollen unterhalten werden. Die Show lebt vom Dialog und von den Pointen und weniger von der Technik.
Ihr Programm befindet sich in stetem Wandel. Laufend kommen neue Gags und Pointen hinzu. Wovon lassen Sie sich für Neues inspirieren? Wo erhalten Sie Ihre Ideen?
Man muss sich dafür umsehen und umhören. Wenn mir ein Bub begegnet und sagt, er finde es schön, dass er mich «lebendig» sieht, anstatt «persönlich», ist das schon wieder eine Pointe. Es kommt auch vor, dass Leute mir Witze erzählen, die ich neu verpacken und ins Programm einbauen kann. Sehr gerne mag ich Improvisationskomik, indem ich beispielsweise Leute aus dem Publikum auf die Schippe nehme. Dies allerdings, ohne verletzend zu werden.
Sie werden dieses Jahr 70 Jahre alt, und stehen noch immer ein- bis zweimal pro Woche auf der Bühne. Ist das Rampenlicht für Sie eine Sucht oder eine Frage der Gage?
Eher eine Sucht. Ich liebe es auch noch nach 6000 Auftritten, auf der Bühne zu stehen, ich liebe den Applaus und das Lachen. Bevor Sie angerufen haben, studierte ich die Unterlagen für meinen nächsten Auftritt und sagte zu meiner Frau, dass ich mich sehr darauf freue.
Haben Sie sich eine Altersgrenze gesetzt? Muss man Sie von der Bühne tragen wie die «Rolling Stones»?
Solange ich fit bin, denke ich nicht ans Aufhören. Im Moment ist Comedy und Dinner in Mode. Diese Veranstaltungen sind ausgebucht, ich bin immer noch gefragt. Weshalb sollte ich da aufhören? Ich erlebe oft auch, dass Eltern mit Kindern meine Auftritte sehen und ihren Söhnen und Töchtern sagen: «Darüber haben wir als Kinder gelacht.»
Für wen spielen Sie lieber? Für alt oder jung?
Familien sind mein Lieblingspublikum: Alle Generationen zusammen, Grosseltern, Eltern und Kinder.
Sie waren vor Ihrer Künstlerkarriere Zolldeklarant und arbeiteten am Billettschalter der SBB. Was war an jenen Jobs besser?
Die Sicherheit des Arbeitsplatzes und die geregelte Arbeitszeit. Beides hat man in der Showbranche nicht.
Zum Lächeln am Billettschalter kann man sich zwingen, auch dann, wenn man schlecht gelaunt ist. Wie ist es, lustig sein zu müssen, wenn einem nicht ums Scherzen zumute ist?
Während der Zeit auf der Bühne vergesse ich alles um mich herum sofort – selbst einen Todesfall, der mir nahegeht. Ich sage mir: «Die Leute sind deinetwegen hier, für die bist du jetzt da.» Man ist dann wie in Trance.
Sie waren einmal ein ganz Grosser der Schweizer Unterhaltungsbranche, traten vor grossem Publikum auf, waren unzählige Male im Fernsehen; Ihre Schallplatten wurden zu Gold und Platin. Heute bestreiten Sie Firmenund Familienfeste und Werbeveranstaltungen. Trauern Sie Ihren goldenen Zeiten nach?
Eigentlich schon. Ich habe längere Zeit keinen Tonträger mehr herausgegeben und auch die Auftritte in den grossen Festzelten, die ich geliebt habe, gibt es nicht mehr: In den 1980er-Jahren hatte ich in einem Sommer bis zu 45 Auftritte in Festzelten, die vergangenen drei, vier Jahre keinen einzigen mehr. Diese ganz besondere Festhüttenatmosphäre vermisse ich.
Welches Erlebnis würden Sie als das eindrücklichste Ihrer Karriere bezeichnen?
Ich traf den Papst. Ich trat im Vatikan an einem Jubiläumsanlass der Schweizergarde auf. Am Tag darauf durfte ich zusammen mit Caroline an der Audienz von Papst Johannes Paul II. im kleinen Kreis teilnehmen und konnte einige Minuten mit dem Heiligen Vater sprechen und für ihn spielen.
In Gelterkinden werden Sie bestenfalls einen Dorfpfarrer treffen. Sie treten mit drei anderen Künstlern auf. Was werden Sie dem Publikum im Marabu servieren?
Eine gute halbe Stunde feinsten Humor, den die Familie geniessen kann, ohne dass man unter die Gürtellinie muss.
Zur Person
ch. Der Bauchredner Urs Kliby tritt seit 47 Jahren mit seiner unverwüstlichen Esel-Puppe Caroline auf grossen und kleinen Bühnen auf. Gefördert wurde der 69-Jährige von Kurt Felix, der den Unterhaltungskünstler 1977 erstmals ins Fernsehen brachte. Das war der Durchbruch des Duos. Kliby lebt mit seiner Ehefrau Ruth in Kreuzlingen.