«Mister Firmentreue»
21.11.2019 Bezirk Waldenburg, Oberdorf, Porträt, HölsteinHans-Peter Schweizer hat fast ein halbes Jahrhundert in derselben Firma gearbeitet
Fast 47 Jahre hielt der Zimmermann Hans-Peter Schweizer seiner Arbeitgeberin, der Wisler Holzbau AG in Hölstein die Firmentreue. Ende Oktober trat er in den Ruhestand, um sich weiterhin mit Holz zu ...
Hans-Peter Schweizer hat fast ein halbes Jahrhundert in derselben Firma gearbeitet
Fast 47 Jahre hielt der Zimmermann Hans-Peter Schweizer seiner Arbeitgeberin, der Wisler Holzbau AG in Hölstein die Firmentreue. Ende Oktober trat er in den Ruhestand, um sich weiterhin mit Holz zu befassen.
Otto Graf
Fast ein halbes Jahrhundert, exakt 46 Jahre und 9 Monate, stand Hans-Peter Schweizer auf der Lohnliste der Wisler Holzbau AG in Hölstein. Ende Oktober trat der Zimmermann, inzwischen 64 Jahre alt geworden, in den Ruhestand. Die «Volksstimme» besuchte den frisch Pensionierten in seinem Eigenheim in Oberdorf.
Auf einem Bauernhof in «Tschoppehof» aufgewachsen, sei es für ihn schon früh klar gewesen, einen handwerklichen Beruf zu erlernen, erzählt Schweizer. In der Wisler Holzbau AG fand er die geeignete Lehrstelle. «In jener Zeit wollte fast niemand Zimmermann werden», erinnert sich Schweizer an den Antritt seiner Lehre im Oktober 1971. Deshalb hätten die Lehrbetriebe damals «sehr gute Stiftenlöhne» bezahlt, um ihre Lehrstellen überhaupt besetzen zu können. So enthielt die Lohntüte des jungen Mannes im ersten Lehrjahr bereits 580 Franken, im zweiten Jahr waren es 750 Franken und im dritten Jahr 1000 Franken pro Monat.
Kurz nach dem Lehrabschluss im Jahr 1974 musste er wegen einer Krise in der Baubranche als Jüngster, der dazu noch keine Familie zu versorgen hatte, die Firma verlassen. Die folgenden eineinhalb Jahre nutzte er, um sich in der Zimmerei Marti in Diepflingen auf das Dachdecken zu spezialisieren.
Eines Tages stand sein ehemaliger Chef, Fritz Wisler, vor Schweizers Haustür und fragte ihn, ob er Interesse habe, wieder in den Lehrbetrieb einzutreten. «Wenn der Lohn stimmt, nehme ich dein Angebot gerne an», habe er dem Patron beschieden. Am anderen Tag hatte er den neuen Anstellungsvertrag in der Tasche, kaum ahnend, dass dieser Vertrag erst Jahrzehnte später auslaufen würde.
Hans-Peter Schweizer erlebte die Entwicklung in der Holzbranche und insbesondere bei seiner Arbeitgeberin hautnah mit. Er erinnert sich an die Zeiten, in denen die Firma Wisler die Bereiche Wagnerei, Sägerei, Schreinerei, Zimmerei, Wäscheklammernproduktion und Holzhandel umfasste und rund 50 Angestellte zählte. Heute beschäftigt das Familienunternehmen, das in dritter Generation von Paul Wisler und seiner Frau Simone geführt wird, in der Zimmerei, in der Schreinerei und im Fensterbau gegen 20 Personen.
Keine namhaften Unfälle
Vom Dach gefallen ist der Zimmermann im Ruhestand nie, jedenfalls nicht aus grosser Höhe. Andere Unfälle hingegen erlitt er schon. Wie viele «Spriesselen» er eingefangen hat, weiss er nicht. «Es waren viele», ergänzt Ehefrau Esther. Dass man die Lehrlinge auf der Baustelle nie allein lassen darf, sei ihm klar geworden, als in einer solchen Situation einst ein «Stift» unter nie ganz geklärten Umständen einem andern mit der Bohrmaschine den Fuss durchlöcherte.
Das Ausbilden von Lehrlingen und das Weitergeben von beruflichem Wissen habe zu seinen schönsten Seiten im Arbeitsalltag gehört, berichtet Schweizer. Besonders stolz ist er auf das Abbinden – eine seiner Lieblingstätigkeiten – eines grossen Dachstuhls auf einer Scheune. Er habe damals kurzfristig den Chef vertreten müssen. Überhaupt sei es immer ein schönes Gefühl gewesen, wenn beim Abbinden alles passte und die Kundschaft zufrieden war. «Heute machen weitgehend der Computer und die Maschine diese Arbeit. Aber ein gutes Vorstellungsvermögen braucht es immer noch», umschreibt der Zimmermann den Job im Gebälk sowie die Veränderungen und technischen Entwicklungen im Verlauf der Jahre.
Es gab auch Arbeiten, die dem Fachmann weniger lagen, etwa das Aufbringen von Isloationsmaterial. Der Staub der Glaswolle, berichtet er, habe vor allem an den Händen einen lästigen Juckreiz bewirkt. Am besten, sagt er, habe sich das Zeug mit kaltem Wasser entfernen lassen, weil dann die Poren der Haut geschlossen sind.
Nach der Lehre absolvierte Hans-Peter Schweizer in Wangen an der Aare die damalige Luftschutz-Rekrutenschule, heute RS der Rettungstruppen, gefolgt von der Unteroffiziersschule. In der Feuerwehr Liedertswil diente er 13 Jahre. 1985, nach dem Umzug nach Oberdorf, hatte er als Zugführer im Grad eines Leutnants insbesondere bei der Anhängeleiter und beim Tanklöschfahrzeug weitere 18 Jahre das Sagen. Aktiv ist er zudem im Verkehrs- und Verschönerungsverein Oberdorf-Liedertswil.
Unihockey gegen Frauen
Körperlich hält sich Schweizer jeweils am Montag im «Gesundheitsturnen für jedermann» fit. Dort stellen auch Frauen ihren Mann. «Die machen uns ganz schön zu schaffen. Vor allem im Unihockey gehen die voll ran», würdigt der Turner den Einsatz der holden Weiblichkeit. In der Freizeit wandert er gerne. «Am liebsten allein», sagt er, «dann kann ich das Marschtempo selber bestimmen.»
Hin und wieder unternimmt er mit seiner Gattin einen Tagesausflug. Zudem betätigt sich der 64-Jährige auf dem Bauernhof seines Bruders auf dem «Tschoppehof». Auch dort steht das Holz im Mittelpunkt. Jährlich sind es etwa 30 Ster, die gefällt, aufgerüstet, gesägt und gespalten sein wollen. Holz ist Hans-Peter Schweizer über die Jahrzehnte ans Herz gewachsen. Daran ändert auch der Ruhestand des Zimmermanns nichts.