Sommerstreit um den «Cherus»
02.07.2019 Bezirk Sissach, Fasnacht, Gelterkinden, Gemeinden, GesellschaftAnwohner lancieren eine Petition gegen Fasnachtsausklang
Daniel Schaub
«Wir feiern in den ‹St. Patrick’s Day› hinein und lassen es mit einer Rockhalle in der Marktgasse richtig krachen.» Diesen Satz, der auf der Website der Organisatoren den ...
Anwohner lancieren eine Petition gegen Fasnachtsausklang
Daniel Schaub
«Wir feiern in den ‹St. Patrick’s Day› hinein und lassen es mit einer Rockhalle in der Marktgasse richtig krachen.» Diesen Satz, der auf der Website der Organisatoren den nächsten «Cherus» in Gelterkinden am 7. März kommenden Jahres ankündigt, dürfte die Initianten einer kommunalen Petition im Dorf nicht gerade milde stimmen. Sie setzen sich mit einer seit Mitte Juni laufenden Unterschriftensammlung dafür ein, dass der Gemeinderat in Gelterkinden den Veranstaltern diverse, ziemlich weitreichende Auflagen zur Durchführung des Events machen soll.
Zu den Initianten gehört eine durchaus prominente Persönlichkeit aus dem Dorf: die 83-jährige Autorin Vreni Weber-Thommen ist über die jüngste Entwicklung des «Cherus Gälti», wie er von den Veranstaltern genannt wird, alles andere als erfreut. In einem Leserbrief, den sie gemeinsam mit ihrem Mann Willi sowie Eva Schelker in der «Volksstimme» vom 9. April dieses Jahres platziert hatte, verschaffte sie ihrem Unmut Luft. Abfallberge, Glasscherben, halb volle Schnapsflaschen, Erbrochenes und Urin hätten die Anwohner an ihren Häusern und in ihren Gärten im Umfeld dieses Anlasses zu gewärtigen und zu entsorgen oder zu reinigen. «Was dieses Massenbesäufnis mit Fasnacht zu tun haben soll, und warum man solche Gäste wiederholt einlädt, anstatt ihnen das Haus zu verbieten, soll uns mal jemand erklären», heisst es in dem Schreiben.
«Viel Echo» habe sie auf den Leserbrief erhalten, primär von ebenfalls betroffenen Anwohnern. Deshalb habe man sich nun mit etwas Distanz zur Lancierung einer Petition entschieden. Die Unterschriftensammlung, die noch bis Ende dieser Woche dauern soll, «läuft ganz gut», sagt die Autorin. Eine genaue Zahl an Unterstützern kann sie noch nicht nennen. Die Petition hat keine rechtsverbindliche Form, sondern fordert vom Gemeinderat einzig eine Prüfung und Beantwortung der Anliegen.
Maximal 15 Guggen
Vreni Weber-Thommen betont, dass «wir den ‹Cherus› keinesfalls abschaffen, sondern ihn lediglich auf ein erträgliches Mass verkleinern wollen». Denn in der nun gewachsenen Grösse sei er gemäss Petitionstext «unzumutbar für die Anwohnenden». Im Klartext fordert die Petition in neun Punkten: Beschränkung auf 15 Guggen, die nur noch bis Mitternacht auftreten dürfen, Freinacht bis maximal 1 Uhr, ein Verbot von elektronisch verstärkter Musik, ein ökologisch verantwortbares Abfallkonzept, die Sperrung des Kinderspielplatzes im Park, Gewährleistung des Jugendschutzes, Reinigung auf verbreitertem Perimeter sowie Offenlegung der finanziellen Konsequenzen für die Gemeinde.
Mit den Forderungen nach weniger Guggen und eingeschränkten Spielzeiten kann Stephan Béhé, Präsident des Organisationskomitees, wenig anfangen. «Wir können nachvollziehen, dass sich Anwohner vom Lärm belästigt fühlen, aber der Anlass ist auch eine Erfolgsgeschichte und damit ein Bedürfnis», sagt er auf Anfrage. Gewisse Punkte aus der Petition seien mit dem Gemeinderat schon zuvor besprochen und inzwischen nachgebessert worden, insbesondere auch das Umwelt- und Abfallkonzept. Nach den Sommerferien sei eine weitere Sitzung mit dem Gemeinderat anberaumt. «Die Forderungen in der Petition sind sehr hart und würden als Gesamtes das Ende des Anlasses bedeuten», sagt Béhé weiter. Er finde es auch schade, dass mit nicht korrekten Informationen und Zahlen in der Petition Augenwischerei betrieben werde.
Der «Cherus» Gelterkinden wird seit 2013 als zusätzliche Veranstaltung im Zuge des redimensionierten «Cherus» in Liestal organisiert. Der Event ist bis zur Auflage 2019 auf 34 teilnehmende Guggemusiken auf sechs Bühnen sowie 25 verschiedene Beizli sowie diverse Trinkstationen angewachsen. Es ist der Schlusspunkt der Oberbaselbieter Fasnacht, und das dort auch tüchtig getrunken wird, ist eine Tatsache. «Wenn wir einen solchen Traditionsanlass weiterleben lassen möchten, braucht es von allen Seiten etwas Toleranz», sagt Béhé. Er ist der festen Überzeugung, dass der «Cherus» weiter auch im nun erreichten Umfang bestehen bleiben kann, «wenn alle Seiten zu Kompromissen bereit sind».