Kunsti: Abrechnungen aller Art
20.06.2019 Bezirk Sissach, Finanzen, SissachOffene Fragen bleiben, doch erlahmt langsam das Interesse
Der ursprüngliche Kredit für die neue Kunsteisbahn über 8,7 Millionen Franken wird um mehr als die zuerst befürchteten 10 Prozent überschritten. Gemeindepräsident Peter Buser sprach an der Gemeindeversammlung erstmals von ...
Offene Fragen bleiben, doch erlahmt langsam das Interesse
Der ursprüngliche Kredit für die neue Kunsteisbahn über 8,7 Millionen Franken wird um mehr als die zuerst befürchteten 10 Prozent überschritten. Gemeindepräsident Peter Buser sprach an der Gemeindeversammlung erstmals von 15 Prozent Mehrkosten.
Jürg Gohl
Für einmal zwei positive Überraschungen im Zusammenhang mit der neuen Sissacher Kunsteisbahn. Das Doppeltraktandum zum Dauerthema, nämlich die Antworten des Gemeinderats auf die 30 im vergangenen November von drei Einwohnern gestellten Fragen zum Projekt sowie der ausführliche Bericht der Geschäftsprüfungskommission zu den Gründen für die aus dem Ruder laufenden Kosten, beanspruchten an der Einwohnergemeindeversammlung vom Dienstag inklusive der Fragerunde eine Stunde.
Und da die anderen vier Traktanden, darunter die Rechnung (siehe Kasten), zuvor in 50 Minuten abgehandelt worden waren, endete die mit Spannung erwartete Versammlung weit schneller als befürchtet. Das lag auch daran, dass die Rechnung und die Kunsti nicht einmal 60 Stimmbürger in die Dorfturnhalle zu locken vermochten. Offenbar haben der Sissacher und die Sissacherin mit dem Thema allmählich abgeschlossen.
Schlussabrechnung im Oktober
Das gilt nicht für die Gemeinderäte. Sie müssen sich noch mit dem Generalplaner, dem Ostschweizer Unternehmen PPM, um dessen Beteiligung an den Mehrkosten auseinandersetzen und zudem der nächsten Einwohnergemeindeversammlung am 15. Oktober die definitive Schlussabrechnung vorlegen.
Dieses Total und damit die Summe, um die der bewilligte Kredit von 8,7 Millionen Franken überschritten wird, stehen entgegen früherer Ankündigungen noch nicht fest. Gemeindepräsident Peter Buser sprach vorgestern erstmals von Mehrkosten von 15 Prozent und bestätigt damit eine Zahl, die in der «Volksstimme» vom 6. Juni bereits genannt wurde.
Wie damals berichtet, schiebt der Gemeinderat dem gewählten Generalplaner die Hauptschuld am Kunsti-Ärgernis in die Schuhe und wird dabei von der Geschäftsprüfungskommission weitgehend unterstützt. Als sich die deutlichen Mehrkosten, die hauptsächlich durch die schlechte Bausubstanz der Anlage verursacht wurden, abzuzeichnen begannen, trafen die vereinbarten Kostenkontrollen trotz Mahnungen aus Sissach nicht mehr ein. Einmal wird sogar ein Unterbruch über drei Monate registriert.
Gemeinderat in der Pflicht
Martin Häberli, der Präsident der Geschäftsprüfungskommission (GPK), nimmt aber den Gemeinderat nicht aus der Verantwortung. Im fast 50-seitigen Bericht, den Häberli mit seinen Kommissionsmitgliedern Katja Hinterberger und Thomas Schwab verfasst hat und in dem es ihnen nicht um die Suche nach Sündenböcken gehe, heisst es zum Beispiel: «Trotz der Verpflichtung eines Generalunternehmers kann sich der Auftraggeber, der Gemeinderat, nicht vollständig seiner Verantwortung entziehen. Die regelmässige Kontrolle der Kostenrapporte ist zu gewährleisten, da kein Fixpreis für das Bauwerk vereinbart wurde.» Wenn vereinbarte Kostenkontrollen ausbleiben, müsse der Gemeinderat insistieren.
Insgesamt hat das GPK-Trio 600 Seiten Unterlagen studiert und mit den drei Hauptbeteiligten Interviews geführt. Dennoch bleiben mehrere Fragen ungelöst, so Häberli. Zum Beispiel: Wie konnten nach der Eröffnung der Halle nochmals hohe Rechnungen des Baumeisters, des Auslösers der höchsten Mehrkosten, eintreffen? Weshalb ging man bei einem 50-jährigen Bau blind von einer guten Bausubstanz aus? Wurden zwei Kostenkontrollen dem Bauherrn tatsächlich nicht zugestellt? Häberlis Fazit: «Die Basis für erfolgreiches Projektieren bilden klare Zuständigkeiten.»
Stephan Marti, einer der drei Autoren des Fragenkatalogs, empfahl dem Gemeinderat, im Hinblick auf die bevorstehenden Grossprojekte folgende Lehre aus dem GPK-Bericht zu ziehen: «Komplexe Projekte brauchen eine rigorose Projektbetreuung und -kontrolle.» Und Thomas Martin, der ebenfalls am Fragenkatalog beteiligt war, erinnerte die Einwohner auch an ihre Mitschuld. Sie haben einst einen Projektierungskredit abgelehnt und damit verhindert, dass gewisse Mängel vorzeitig erkannt wurden.
Einwohner und Curler Hansjakob Speich schlug schliesslich versöhnliche Töne an. «Besuchen Sie einmal das freie Eislaufen, einen Hockeymatch oder ein Plauschturnier der Curler», forderte er die Versammlungsteilnehmer auf, «und Sie werden sehen, dass dieses Geld sehr gut investiert ist.»
Geldsegen
jg. Die von Gemeinderat Lars Mazzucchelli präsentierte Rechnung des Jahres 2018 – sie wurde in der «Volksstimme» bereits vorgestellt – wurde einstimmig genehmigt. Das überrascht kaum, schliesst sie doch bei Ausgaben von 30,2 Millionen Franken statt mit der budgetierten schwarzen Null mit einem Gewinn von 1,4 Millionen Franken ab. Das ist in erster Linie auf höhere Steuererträge zurückzuführen, die wiederum an der wachsenden Bevölkerung liegen. Die viermal jährlich ausgewiesene Einwohnerzahl betrug Ende vergangenen Jahres 6699 Personen. Die vermeintliche Wachstumsgemeinde hatte zwei Jahre zuvor noch 6765 Einwohner registriert und rutschte danach zwischenzeitlich auf 6687 Personen ab.
Zudem bewilligte die Gemeinde eine Zonenänderung, dank der die Bürgergemeinde in der Grüssi-Grube im Gebiet Limperg Mergel abbauen kann, sowie ein neues Reglement zur Kinderbetreuung, das gemäss Gemeinderätin Beatrice Mahrer keine Mehrkosten auslöst.