Hochkunjunktur für Zwiebelwähe & Co.
08.03.2019 Baselbiet, Fasnacht, GastronomieSüsse und salzige Fasnachtsspezialitäten
«Ziibele- und Cheeswäie» gehören zum Morgenstraich wie die Mehlsuppe – die Basler Mehlsuppe. Aber auch Süsses, wie Fasnachtsküchlein, Schenkeli und Schlüferli, gehört ins kulinarische Fasnachtsrepertoire. Leckerbissen, die wir gerne in ...
Süsse und salzige Fasnachtsspezialitäten
«Ziibele- und Cheeswäie» gehören zum Morgenstraich wie die Mehlsuppe – die Basler Mehlsuppe. Aber auch Süsses, wie Fasnachtsküchlein, Schenkeli und Schlüferli, gehört ins kulinarische Fasnachtsrepertoire. Leckerbissen, die wir gerne in der Fasnachtszeit essen, deren Ursprung teilweise bis ins Mittelalter zurückgehen.
Heiner Oberer
«Schänkeli». Darf man das Wort in Zeiten von #MeToo, der Bewegung gegen sexuelle Belästigung von Frauen, überhaupt noch gebrauchen? Nur mit der Ruhe. Im vorliegenden Fall sind nicht Damenschenkel (auf Französisch heissen die «Schänkeli» übrigens: cuisses de dames) gemeint, sondern das frittierte, daumendicke und fingerlange Schmalzgebäck, das bei uns in der Region zur Fasnachtszeit gereicht wird.
Journalist und Autor Paul Imhof erklärt im Band 2 «Das kulinarische Erbe der Schweiz» die Herkunft der «Schänkeli» unter anderem wie folgt: «… in Basel erfreuen sich Schänggeli sicher seit dem 17. Jahrhundert ungeteilter Zuneigung; 1667 sind sie an Zunftessen aufgetischt worden …». So allmählich haben die «Schänkeli» aber ihren guten Ruf eingebüsst. Zu fett und zu aufwendig selbst herzustellen.
Auch die ursprüngliche Herstellungspraxis der «Fasnechtschüechli» oder «Chnüüblätz», wie sie früher genannt wurden, hat sich der Zeit angepasst. «Chnüüblätz» darum, weil sie ursprünglich über dem Knie in die Breite gezogen und anschliessend in heissem Schweinefett ausgebacken wurden. Heute werden die Küchlein grösstenteils in Grossbäckereien hergestellt.
Die ältesten Erwähnungen von Fasnachtsküchlein, schreibt Paul Imhof weiter, finden sich in den Haushaltsrechnungen des Klosters Klingental von 1445 bis 1455. Die Herstellung der zerbrechlichen Küchlein in der Region war meist Frauenarbeit und war begleitet vom penetranten Geruch heissen Schweinefetts. Heute produziert die Grossbäckerei der Migros täglich gegen 900 000 Fasnachtsküchlein – gebacken im Erdnussöl.
Als noch gefastet wurde
Beinahe ganz in Vergessenheit geraten sind die «Schlüferli». Fredy Gunzenhauser, Bäckermeister aus Sissach, hat die Zubereitung in einem alten Fachbuch gefunden: «Teig, ähnlich dem der Fasnachtsküchlein, dünn auswallen und in cirka 5 cm breite und 10 cm lange Streifen schneiden. In der Mitte der einzelnen Stücke mit dem ‹Täigreedli› einen cirka 6 cm langen Schlitz schneiden, durch den ein Ende gezogen wird. Anschliessend im heissen Fett goldgelb ausgebacken und mit Puderzucker bestreuen.»
Fastenwähe. Der Name des bretzelähnlichen Hefegebäcks erinnert noch an die Zeit, als das Jahr von Verzicht oder Fasten geprägt war. Gebäckforscher Albert Spycher beschreibt die Herkunft der «Faschtewäie» in seinem Buch «Back es im Öfelin oder in der Tortenpfann» unter anderem wie folgt: «… Die Geschichte der Fastenwähe führt ins 16. Jahrhundert zurück, als die Herren der Basler Safranzunft beim Aschermittwochsmahl, Klosterleute während der vorösterlichen Fastenzeit und Lateinschüler am St. Gregoriustag (12. März) ‹weÿen› oder «weÿgen» verzehrten. Anno 1554 war den Rheinfelder Bäckern vorgeschrieben, in welcher Geldwährung sie ‹Fastenwegenn› verkaufen durften. In Basel wurden ‹Fastenweÿen› erstmals bei einem Essen der Klostergutsverwalter zu St. Clara am 7. März 1649 aktenkundig …» Die Saison der Fastenwähe beginnt nach dem Dreikönigstag und endet kurz nach der «Buure»-Fasnacht. Genossen wird sie vorwiegend in der Region.
Mehlsuppe: Mit oder ohne Käse?
Mehlsuppe. Falsch. Baseler Mehlsuppe. Was in anderen Gegenden als dickflüssige Mehlpampe daherkommt, geniesst in der Region während der Fasnacht Kultstatus. Früher war die Mehlsuppe ein Armeleuteessen. Heute streiten sich, laut dem Basler Journalisten, Autor und Fasnächtler «-minu», zahlreiche Experten um die richtige Zubereitung – eine «Suppe», die uns Traditionalisten im letzten Jahrhundert eingebrockt haben.
Was sicher nicht geht, ist Päcklisuppe und geriebener Käse, der in der Suppe Fäden zieht: gefährlich; könnte das Kostüm versauen. Wichtig bei der Zubereitung: Mehl langsam rösten und anschliessend mit einer selbst gemachten Rindsbrühe aufgiessen. Auf kleinem Feuer stundenlang köcheln lassen. Eine Mehlsuppe braucht Zeit.
An der regionalen Fasnacht, der Basler Herbstmesse und am Berner Zibelemärit laufen Käse- und Zwiebelwähe zur Höchstform auf. Doch: Wer hat sie erfunden? Schwierig? «Im 18. Jahrhundert», so Paul Imhof, «beobachtete ein Reisender, ‹dass Konstanzer Landleute ihren Taglöhnern zum Frühstück flache, in Asche gebackene Kuchen vorsetzten, die mit Fenchel, Speckstückchen und Lauch belegt waren und die sie Waihen oder Tünnelen nannten›.» Irgendwann gelangte die «Chees- und Ziibelewäie» nach Basel, wo die Zwiebelwähe in der Basler Kochschule (1877) als besonders traditionell beschrieben wird. Es wurde auch kräftig Werbung gemacht. Im «The Basel Journal» ist nachzulesen: «… So inserierte zum Beispiel 1885 die Bierbrauerei Löwenbräu (heute ‹Löwenzorn›) für den Morgenstraich im ‹Schweizer Volksfreund›: Mehlsuppe, Zwiebelwähen, Chocolade, Grog und Kaffee …»
Noch heute dient die Käse- und Zwiebelwähe als deftige Grundlage, um den Morgenstraich unbeschadet zu überstehen. Nur wird heute in den meisten Fällen statt heisser Schokolade Bier oder Weisswein dazu getrunken.
Quellen: Albert Spycher: «Back es im Öfelin oder in der Tortenpfann», Verlag Schwabe AG, Basel 2008.
Paul Imhof, «Das kulinarische Erbe der Schweiz», Band 2, Echtzeit Verlag, Basel, «The Basel Journal», Zeitschrift für Basel.