Versammlung mit Nebengeräuschen
22.02.2019 Bezirk Sissach, Kirche, SissachKlares Ja der Kirchgemeinde zum neuen katholischen Pfarreizentrum
Die Sissacher Katholiken bauen ihr Pfarreizentrum. Die Kirchgemeindeversammlung hat den Kredit über 6,5 Millionen Franken abgesegnet. Die Versammlung wurde vom Auftritt eines enttäuschten Architekten ...
Klares Ja der Kirchgemeinde zum neuen katholischen Pfarreizentrum
Die Sissacher Katholiken bauen ihr Pfarreizentrum. Die Kirchgemeindeversammlung hat den Kredit über 6,5 Millionen Franken abgesegnet. Die Versammlung wurde vom Auftritt eines enttäuschten Architekten überschattet.
Christian Horisberger
Es hätte ein Festtag für die Römisch-Katholische Kirchgemeinde Sissach werden sollen. Ein historischer Tag, an dem über einen mutigen Schritt entschieden wird. Und lange sah es auch danach aus. Bis Robert Häfelfinger den Frieden störte. Der Sissacher Architekt, er ist Mitglied der Kirchgemeinde, trat vor die Versammlung und brachte seine Enttäuschung zum Ausdruck über das Vorgehen des Kirchgemeinderats bei der Evaluation des Bauvorhabens. «Ich habe noch nie so eine intransparente Geschichte durchgemacht», sagte er. Ein Angriff gegen Kirchgemeindepräsidentin Adriana Linsalata, die zuvor betont hatte, der Kirchgemeinderat habe alle Informationen zum aktuellen Bauvorhaben und dessen Finanzierung an zwei Versammlungen restlos offengelegt.
Als vor rund zehn Jahren erstmals ein neues Pfarreizentrum zur Debatte stand, habe er ein Projekt ausgearbeitet, was ihn 20 000 bis 30 000 Franken gekostet habe, sagte Häfelfinger. Anders als üblich, seien die Projekte aber nie für alle teilnehmenden Architekten offengelegt worden.
Der Kirchenrat habe 2010 von drei Architekten lediglich Offerten eingeholt, nicht aufwendige Projekte, erwiderte Linsalata: von Häfelfinger, von Otto & Partner und von Lehner + Tomaselli, die das nun vorliegende Projekt planten. Die Kirchgemeindeversammlung wollte damals aber vom Neubau nichts wissen, weil die grosse Wiese nebenan hätte überbaut werden sollen. Das Pfarreizentrum wurde auf Eis gelegt, die Architekten wurden benachrichtigt.
«Sachen, die gar nicht gehen»
Der Kirchgemeinderat und die Baukommission hätten die Projekte vor zwei Jahren wieder aus der Schublade geholt und entschieden, jenes von Lehner + Tomaselli weiterzuentwickeln, erklärte Linsalata. Das besänftigte Häfelfinger nicht: «Ich hatte ein Projekt mit 19 Wohnungen und 55 Parkplätzen vorgeschlagen – zum selben Preis», sagte er.
Verärgert zeigte er sich insbesondere auch darüber, dass der Kirchgemeinderat plane, mit Baurechtsverträgen Einnahmen zu generieren. «Hier wird von Sachen gesprochen, die gar nicht gehen.» Für einen Wohnungsbau von Dritten sei eine Umzonung des Kirchengeländes erforderlich – durch die Sissacher Einwohner-Gemeindeversammlung. Ohne Umzonung dürften Wohnungen nur dann gebaut werden, wenn die Kirchgemeinde Bauherrin sei, so der Architekt. Dessen sei man sich bewusst, entgegnete Linsalata. Das Baurecht sei eine Option für die Zukunft; das letzte Wort darüber sei noch nicht gesprochen.
Häfelfinger zog mit seinem überraschenden Auftritt den Unmut einiger Versammlungsteilnehmer im vollen Pfarreisaal auf sich. Was er bezwecken wolle, fragte eine Votantin, es gehe doch um die Zukunft der Kirchgemeinde. Eine andere verwies auf die Zahlen, die zuvor präsentiert worden waren: Das Bauvorhaben sei tragbar – auch ohne die Baurechtszinsen.
Aufschiebung abgelehnt
Häfelfinger liess nicht locker. Er beantragte, die Abstimmung über den Baukredit aufzuschieben, bis der ganze Entscheidungsprozess – insbesondere die damaligen Eingaben der drei Architekten – für alle Kirchgemeindemitglieder offengelegt sind. Der Antrag hatte keine Chance, er wurde einzig von Häfelfinger befürwortet. Im Anschluss daran liess Linsalata über den Kredit abstimmen: Er wurde mit wenigen Enthaltungen gutgeheissen. Ab 2020 wird gebaut.
Zuvor hatte der Kirchgemeinderat das Projekt und die Finanzierung vorgestellt. Das eingeschossige Gebäude mit Kupferdach und -fassade wurde in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege Baselland erarbeitet. Es bildet mit dem alten Pfarrhaus, das gegenwärtig umgebaut wird, und mit der Kirche ein Ensemble, auf einer Linie entlang der Felsenstrasse. Das heutige «Centro» wird abgerissen.
Unter dem Gebäude befindet sich eine Tiefgarage mit 38 Abstellplätzen, die zum Teil vermietet werden sollen. Das Zentrum umfasst den Pfarreisaal mit 200 Plätzen (bei Konzertbestuhlung), der sich mit Trennwänden in drei Räume unterteilen lässt, ein Bistro mit 60 Plätzen und eine dazwischenliegende Küche. Wie bisher soll der Pfarreisaal für Veranstaltungen vermietet werden.
Finanziert wird der Neubau mithilfe der Neuen Aargauer Bank, die gemäss Linsalata die attraktivste Offerte gemacht hat. Die Bank stellt 4,5 Millionen Franken zur Verfügung. 1,22 Millionen steckt die Kirchgemeinde in den Neubau, davon 910 000 Franken aus ihrem Pfarreizentrum-«Sparsäuli». Die Landeskirche wird einen Beitrag von rund 780 000 Franken leisten.
Amortisation und Zinsen werden die Kirchenkasse jährlich mit 192 000 Franken belasten. Gemäss Linsalata werde die Kirchgemeinde dennoch weiterhin schwarze Zahlen schreiben können. Dies, ohne den bereits eher hohen Steuerfuss anzuheben. Sie versicherte: «Wir werden weiterhin gut wirtschaften und die Kosten tief halten, ohne an den jetzigen Angeboten etwas zu ändern.»
Etwas erschöpft vom Disput mit Robert Häfelfinger bat die Präsidentin die Versammlungsteilnehmer zum Apéro, um den «historischen» Entscheid zu feiern.