«Die Fasnacht ist meine Ausstellung»
08.02.2019 Baselbiet, Rünenberg, FasnachtIvo Bussinger über die Arbeit in einem Larvenatelier
Die bunteste Zeit im Jahr rückt immer näher, folglich wird Ivo Bussingers Zeitplan enger. Der Larvenbauer nimmt jährlich bis zu 1500 Bestellungen entgegen, die er in seinem Atelier in Rünenberg gekonnt umsetzt.
Anna ...
Ivo Bussinger über die Arbeit in einem Larvenatelier
Die bunteste Zeit im Jahr rückt immer näher, folglich wird Ivo Bussingers Zeitplan enger. Der Larvenbauer nimmt jährlich bis zu 1500 Bestellungen entgegen, die er in seinem Atelier in Rünenberg gekonnt umsetzt.
Anna Uebelhart
Mitten im aktuell verschneiten Rünenberg lebt Ivo Bussinger. Sein Haus wirkt beinahe unauffällig, wäre da nicht die Fasnachtslarve, die von der Fassade hämisch zur Strasse hinübergrinst. Die Fratze ist ein Hinweis auf das Larvenatelier, das sich im Innern des Hauses verbirgt. Gegründet haben den «Bussinger Weber Larvenbau» (Buwela) Martin Bussinger und Thomas Weber. Mittlerweile gehört das Geschäft Bussingers Sohn Ivo. Für ihn haben die Fasnachtsvorbereitungen schon im Sommer begonnen, denn er gibt den Guggen und Cliquen ein Gesicht.
«Volksstimme»: Herr Bussinger, wann erhalten Sie gewöhnlich die ersten Bestellungen?
Ivo Bussinger: Es gibt Leute, die bereits im Juni ihre Larven bestellen. Das sind jedoch Ausnahmefälle. Die meisten Aufträge kommen nach den Sommerferien im August und September.
Wie teuer ist eine Larve bei Ihnen im Durchschnitt?
Eine vollständig bemalte Larve kostet circa 140 Franken ohne Perücke. Wenn diese dazukommt, liegt der Preis bei etwa 250 Franken.
Welcher Larventyp ist bei Ihrer Kundschaft am beliebtesten?
Der Waggis wird mit Abstand am häufigsten bestellt. Da können meine Kunden aus 26 verschiedenen Formen auswählen. Was auch gut ankommt, sind böse lachende Gesichter.
Auf Ihrer Preisliste gibt es das Angebot «mit Hirni geklebt». Wie muss man das verstehen? Erhöhen Ihre Larven den IQ?
Mit «Hirni» ist der obere Teil der Larve gemeint. Normalerweise nietet man das Hirni an. Das sieht zwar nicht so schön aus, spielt aber keine Rolle, wenn ohnehin eine Perücke darüberkommt. Wenn eine Larve aber eine Glatze haben soll, braucht es einen sauberen Abschluss. Dann muss ich einen Spezialkleber benutzen, was deutlich aufwendiger ist als die üblichen drei Nieten und somit auch etwas mehr kostet.
Wie viele Larven verkaufen Sie jährlich?
Ich verkaufe 1000 bis 1500 Formen im Jahr. Davon sind etwa 300 fixfertige Larven.
Welche war die bisher aufwendigste und schwierigste Larve, die Sie gebaut haben?
Das war ein Waggis, der auf Wunsch der 22-köpfigen Gruppe eine besonders grosse Nase haben sollte. Dafür musste ich einen Nasenansatz aus zweiteiligem Plastik bauen, den ich auf die ursprüngliche Nase der Form montiert habe. Das war sehr zeitaufwendig.
Welchen Beruf haben Sie erlernt? Hätten Sie damit gerechnet, dass die Fasnacht jemals zu Ihrem Hauptverdienst wird?
Ursprünglich habe ich das KV gemacht. Man könnte sagen, es war absehbar, dass ich das Geschäft übernehme, weil mein Vater den Betrieb hier aufgebaut hat, aber geplant war es nicht. Drei Jahre bevor ich dann angefangen habe, habe ich gemerkt, dass es mich doch interessiert. Es ist ein Beruf, der nicht jeder ausüben kann und bei dem man etwas für die Region macht. Ich begann, meinem Vater bei der Arbeit zu helfen und bin dabei geblieben.
Sind Sie an der Fasnacht selbst aktiv mit dabei?
Ja, ich trommle in einer kleinen Gruppe. Zu dritt gehen wir in Basel an drei Abenden «gässle».
Was bedeutet Fasnacht für Sie?
Das hat sich über die Jahre verändert. Als ich noch klein war, hat meine ganze Familie Fasnacht gemacht und ich nicht. Dann war ich alleine und habe mich gelangweilt. Als ich selber auch mitmachen durfte, war es zu Beginn eher ein «Plausch», weil ich zu diesem Zeitpunkt noch kein Instrument spielen konnte. Seit ich als Tambour mitspiele, ist es ein Daraufhinarbeiten. Seit 2014 ist die Fasnacht auch in beruflicher Hinsicht ein zentraler Punkt in meinem Leben. Sobald die Fasnacht beginnt, bin ich fertig mit der Arbeit und dem Üben und kann zum krönenden Abschluss auf die Strasse gehen und mitfeiern.
«Buwela Larven» ist ein Familienbetrieb. Wird er das auch in Zukunft bleiben?
Wie es mit «Buwela Larven» weitergeht, ist offen. Ich habe noch keine langfristigen Pläne.
Wie kann man sich in der Larvenbranche einen Namen machen? Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Das geschieht grösstenteils über Mundzu-Mund-Propaganda. Ich versuche Larven zu bauen, die gefallen, und mit der Fasnacht hat man bereits eine gut besuchte Ausstellung. Klar, heute gehört mehr dazu, wie eine eigene Website, die man immer mal wieder auf den neuesten Stand bringen sollte. Das Wichtigste in der Branche ist aber, dass die zufriedenen Kunden den Leuten in ihrem Umfeld erzählen, woher ihre Larve stammt.
Die von Ihnen gefertigten Larven sind manchmal ganz schön unheimlich. Verfolgen diese Fratzen Sie ab und zu in Ihren Träumen?
Nein das tun sie nicht. Wenn man sie selber herstellt und malt, hat man eine andere Nähe zur Larve, als wenn man sie nur einmal im Jahr sieht. Dabei verliert man fast ein bisschen den Blick für das Gesamtpaket. Ich sehe Details, die jemand, der sie kurz anschaut, gar nicht sieht.