Zu Besuch bei Platzhirsch Heinz
04.06.2024 Bezirk Sissach, Tecknau, Gemeinden, NaturHof Stelli öffnete seine Türen
Die Familie Grieder kann mit einem ganz besonderen Betriebszweig aufwarten: der Haltung eines Rudels von 30 Damhirschen. Diese wurde im Rahmen des Tags der offenen Hoftüren der Bevölkerung vorgestellt.
Elmar ...
Hof Stelli öffnete seine Türen
Die Familie Grieder kann mit einem ganz besonderen Betriebszweig aufwarten: der Haltung eines Rudels von 30 Damhirschen. Diese wurde im Rahmen des Tags der offenen Hoftüren der Bevölkerung vorgestellt.
Elmar Gächter
Einmal mehr öffneten Bauernfamilien in der ganzen Schweiz ihre Hoftüren, um Besucherinnen und Besucher in die reiche Erlebniswelt der Betriebe zu führen und ihnen die Landwirtschaft direkt vor Ort näherzubringen. So hat sich heuer auch die Familie Grieder aus Tecknau entschieden, den Event anzubieten. Ein informativer, spannender und unterhaltsamer Aufenthalt auf dem Hof Stelli war angesagt. Dafür sorgte unter anderem das 30-köpfige Rudel von Damhirschen, das die Weiden rund um den Hof bevölkert. Hüpfburg, Trettraktoren, das Pflanzen von Weihnachtsbäumen und die kulinarischen Produkte aus dem eigenen Hofladen taten ihr Übriges, um den wettermässig grauen Sonntag in verschiedener Hinsicht aufzuheitern.
Ein kurzer Pfiff, gefolgt von «Lulu, komm, komm Lulu», und schon macht sich ein Teil des Rudels ganz vorsichtig Richtung grosses Tor auf, wo Sereina Grieder mit Apfelschnitzen die Tiere zu den Schaulustigen lockt. Zuvorderst das albinofarbene Muttertier Lulu, das zum Erstaunen der Erwachsenen und zur Begeisterung der Kinder ihrer Mitbesitzerin aus der Hand frisst. Ein paar der Tiere sind zahm, nicht zu ihnen zählt der Chef des Rudels. Der Platzhirsch, der sich ebenfalls zeigt, ist relativ neu in der Herde, um frisches Blut ins Rudel zu bringen. Sereina Grieder nennt ihn Heinz, nach seinem vorhergehenden Besitzer, worauf ein kleines Mädchen meint: «Mein Grossvater heisst auch Heinz.»
Kein typisches Wildfleisch
Sereina Grieder und ihre Eltern Arnold und Isabella führen den Hof Stelli gemeinsam. Vor rund vier Jahren haben sie die Mutterkuhhaltung aufgegeben und ihren Betrieb auf das Halten von Damhirschen umgestellt. «Die Idee kam von mir. Wir haben relativ steiles Land um den Hof und es macht am meisten Sinn, hier diese Tiere zu halten. Da wir alle auch ausserhalb unseres Betriebes einer Arbeit nachgehen, haben wir eine weniger arbeitsintensive Hoftätigkeit gesucht», so Sereina Grieder. Ihr Vater Arnold spricht von einem Bruchteil des früheren Aufwands, falle doch unter anderem das Misten und das Güllen weitgehend weg. Er bezeichnet die Damhirsche als sehr genügsam, da sie sich vor allem von Gras, jungem Heu und Emd ernähren.
Arnold Grieder betont, dass es sich bei den Hirschen um Wildtiere handelt. Um sie zu halten, braucht es eine spezielle Bewilligung des Kantons, zudem ist der Besuch von mehreren Kurstagen Pflicht und den Fähigkeitsausweis gibt es erst nach bestandener Prüfung. Vorgeschrieben ist auch ein zwei Meter hoher Zaun. Damit schützt man die Tiere vor Eindringlingen, verhindert aber auch, dass die Hirsche bei Panik Reissaus nehmen. Damit sie stets mit genügend Nahrung versorgt sind, stehen ihnen drei verschiedene Weiden zur Verfügung. «Der Weidwechsel trägt auch dazu bei, dass der Parasitendruck nicht zu gross wird», so Sereina Grieder. Die Jungtiere werden im Alter von rund anderthalb Jahren aus der Herde geschossen. Für den Abschuss legitimiert ist der Herdenbesitzer, wenn er einen entsprechenden Kurs absolviert hat. Grieders setzen jedoch auf erfahrene Jäger. Das Fleisch der erlegten Tiere wird in einer Metzgerei in Wenslingen verarbeitet, auf dem Hof in Mischpakete von 5 Kilogramm abgepackt und privat vermarktet. «Hirschfleisch ist sehr fettarm, sehr fein, schmeckt nicht stark nach Wild und ist weniger süss als beispielsweise Rehfleisch», nennt Arnold Grieder die Vorzüge des Produkts. Davon konnten sich die Besucher am Beispiel eines Hirschburgers gleich selber vor Ort überzeugen.
Die Familie Grieder ergänzt ihr Angebot mit Produkten aus dem Ackerbau, unter anderem mit Mais, und bietet auf ihrer 3,5 Hektaren grossen Plantage Weihnachtsbäume an. «Dies ist für uns optimal, weil diese Hauptarbeiten ab Oktober anfallen, wenn dann die Fleischverarbeitung weitgehend abgeschlossen ist», so Arnold Grieder. Selbstverständlich durfte auch dieser Aspekt vergangenen Sonntag nicht fehlen. Begeistert bemalten Kinder Tontöpfe und bepflanzten sie unter Anleitung der Erwachsenen mit einem kleinen Tännchen, in der Hoffnung, dass dieses bereits am nächsten Heiligabend als Weihnachtsbäumchen in der guten Stube stehen wird. Sereina Grieder zieht ein positives Fazit des Anlasses. «Wir durften uns über den guten Besuch freuen und hoffen, den Gästen unseren Betrieb und vor allem unsere Hirschhaltung positiv nähergebracht zu haben.»