«Wollen die Mitgliederzahl verdoppeln»
22.03.2024 Baselbiet, Wahlen, Politik, Gesellschaft, BaselbietDer frisch wiedergewählte Präsident Michael Durrer zur Zukunft der Grünen
Im vergangenen und laufenden Jahr büssten die Baselbieter Grünen bei den Wahlen auf allen Ebenen ein. Gleichwohl halten die Mitglieder an Präsident Michael Durrer fest (siehe Kasten). ...
Der frisch wiedergewählte Präsident Michael Durrer zur Zukunft der Grünen
Im vergangenen und laufenden Jahr büssten die Baselbieter Grünen bei den Wahlen auf allen Ebenen ein. Gleichwohl halten die Mitglieder an Präsident Michael Durrer fest (siehe Kasten). Im Interview erklärt der Liestaler, wie die Partei wieder erfolgreicher werden soll.
Thomas Immoos
Herr Durrer, die Grünen haben im vergangenen Jahr bei den Wahlen auf allen Ebenen – Bund, Kanton,Gemeinden – schmerzliche Verluste erlitten. Worauf führen Sie das zurück?
Michael Durrer: Wir haben die Resultate im Vorstand und der Geschäftsleitung analysiert. Ein Austausch mit der Parteibasis über den gesamten Wahlzyklus wird im Mai stattfinden. Die Verluste lassen sich nicht an einem Grund festmachen und die verschiedenen Resultate müssen differenziert angeschaut werden. Die allgemeine politische Weltlage hat uns sicherlich nicht geholfen. Bei Gesprächen mit den Menschen im Wahlkampf hat sich ausserdem gezeigt, dass viele ein falsches Bild von unserer Partei haben. Wir sind keine radikalen Klimakleber und auch keine «Ein-Themen-Partei».
Weshalb nicht?
Wir können mehr als «nur» Umweltpolitik. Unsere Mandatsträgerinnen und -träger besetzen im ganzen Kanton auf allen Ebenen wichtige Exekutivämter und sind dort beispielsweise für Bildung, Hochbau oder Finanzen zuständig. Wir sind in sämtlichen Parlamenten vertreten und stellen die einzige Ständerätin, eine Nationalrätin und einen Umweltdirektor. Als etablierte politische Kraft übernehmen wir auf allen Ebenen Verantwortung und die Bandbreite der Themen ist gross. Künftig müssen wir unsere Anliegen und unsere Erfolge besser vermitteln und sichtbar machen.
In Liestal – dem Kantonshauptort und Ihrem Wohnort – haben Sie zwei Sitze im Einwohnerrat verloren. Worauf führen Sie das zurück?
Wir sind mit einer starken Liste angetreten und haben immerhin einen Wähleranteil von 17,9 Prozent erreicht. Im Vergleich zu anderen Sektionen ist das nach wie vor ein gutes Ergebnis, auch wenn die Sitzverluste natürlich schmerzlich sind. Es ist uns leider nicht in allen Gemeinden gelungen, mit einer vollen Liste anzutreten. Das müssen wir zukünftig besser machen. Bei den Einwohnerratswahlen war mit Sicherheit auch die politische Grosswetterlage ein Grund für die Verluste. Bei den Exekutivwahlen dagegen konnten wir sogar einen Sitz dazugewinnen.
Sie haben das Jahr 2024 zum «Mitglieder-Jahr» erklärt. Was ist darunter zu verstehen?
Dieses Jahr sollen unsere Mitglieder und Ortssektionen besonders im Vordergrund stehen. Die vergangenen beiden Jahre waren vor allem von Wahl- und Abstimmungskämpfen geprägt. Nun wollen wir uns der Mitglieder annehmen.
Aber das tut eine Partei doch stets …
Natürlich, denn ohne Mitglieder geht es nicht. Wahlkämpfe und das politische Alltagsgeschäft binden jeweils aber viele Ressourcen und wir haben keinen grossen Parteiapparat oder Geldgeber im Hintergrund wie andere Parteien. Für das «Mitglieder-Jahr» konnten wir unsere Geschäftsstelle nun etwas ausbauen und ich freue mich sehr darauf. Wir wollen uns intern besser vernetzen. Die einzelnen Sektionen, ebenso wie die Mitglieder der diversen Einwohnerräte, sollen sich vermehrt austauschen. Geplant sind auch gegenseitige Besuche. Wir möchten zudem wachsen: Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Mitgliederzahl zu verdoppeln, indem jedes Mitglied mindestens ein neues Mitglied anwirbt.
Im Landrat bilden Sie mit der EVP eine gemeinsame Fraktion. Bewährt sich diese Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut, auch wenn wir in einigen Fragen manchmal unterschiedlicher Meinung sind. Wir haben viele politische Übereinstimmungen und auch menschlich passt es super. Wir sind übrigens die einzige Fraktion im Landrat, zu deren Sitzungen zwei Regierungsräte erscheinen.
Wie wollen Sie erreichen, dass Ihre Anliegen auch bei den Wählerinnen und Wählern Gehör finden?
Wir wollen die Sektionen stärken, ihnen eine noch bessere Unterstützung der Parteileitung zukommen lassen. Mit profilierten und neuen Personen wollen wir zu Erfolgen kommen. Wir haben festgestellt, dass wir erfolgreich sind, wenn wir auf die Leute zugehen, mit ihnen direkt ins Gespräch kommen. Wir wollen als Partei sichtbarer werden.
Wie konkret?
Geplant sind unter anderem Strassenaktionen in Orts- oder vor Einkaufszentren, gemeinsam mit dem Jungen Grünen Bündnis. Auch wollen wir verstärkt zeigen, in welchen Bereichen wir überall tätig sind und welche Erfolge wir erzielt haben. Dazu eignen sich die bevorstehenden Abstimmungskämpfe sehr gut: das Baselbieter Energiegesetz, national der Mantelerlass, die Krankenkasseninitiative und diverse Unterschriftensammlungen für Initiativen. Dafür werden wir uns engagieren.
Grüne fassen Abstimmungsparolen
tim. Die Baselbieter Grünen haben 2023 und 2024 bei den Wahlen auf allen Staatsebenen Stimmen und Sitze verloren. Mit verstärkter Präsenz wollen sie den Negativtrend aufhalten, wie der am Mittwoch an der Mitgliederversammlung wiedergewählte Präsident Michael Durrer ausführte.
Im Mittelpunkt der Versammlung standen die eidgenössischen Abstimmungsvorlagen vom 9. Juni. Ständerätin Maya Graf plädierte – wie die Mutterpartei – für ein Nein zur Kostenbremse-Initiative der «Mitte». Zwar sei das Anliegen durchaus berechtigt. Allerdings sollte die Entlastung bei den Gesundheitskosten anderweitig erfolgen. Denn die Initiative erhöhe den bereits bestehenden Druck auf das Pflegepersonal. Schliesslich beschlossen die Mitglieder einstimmig die Nein-Parole. «Nein» von ihnen heisst es auch zur Stopp-Impfpflicht-Initiative.
Zustimmung empfehlen sie einstimmig zur Prämienentlastungsinitiative der SP und zum nationalen Stromgesetz (Mantelerlass). Das Ja zum neuen Baselbieter Energiegesetz beschlossen sie bereits im Januar. Die statutarischen Geschäfte wurden einstimmig genehmigt und somit auch der Vorstand und die Geschäftsleitung mit Präsident Michael Durrer bestätigt.