Wie der Hase läuft
03.05.2024 Bubendorf, Kultur, Porträt, BubendorfAus dem Leben der Schriftstellerin Rebekka Salm
Der Debütroman von Rebekka Salm erregte grosse Aufmerksamkeit und erhielt viel Lob. Seither hat die Bubendörferin mehr als 120 Lesungen gehalten. Jetzt – zwei Jahre später – ist ihr zweites Werk erschienen. Der ...
Aus dem Leben der Schriftstellerin Rebekka Salm
Der Debütroman von Rebekka Salm erregte grosse Aufmerksamkeit und erhielt viel Lob. Seither hat die Bubendörferin mehr als 120 Lesungen gehalten. Jetzt – zwei Jahre später – ist ihr zweites Werk erschienen. Der Roman «Wie der Hase läuft» enthält auch autobiografische Bezüge.
Brigitte Keller
«Rebekka Salm hat ein absolut tolles Gefühl für Dramaturgie, Aufbau, Erzählökonomie. Sie schreibt gute Dialoge und hält wunderbar die Spannungsfäden zusammen bis zum Ende.» Das sagt keine Geringere als Elke Heidenreich zu «Die Dinge beim Namen», dem 2022 erschienenen Debütroman von Rebekka Salm (44). Dass sich Heidenreich – die bekannteste Literaturkritikerin im deutschsprachigen Raum – die Zeit nimmt, das Buch einer Schweizer Newcomerin zu lesen, ist bemerkenswert.
Vor rund einem Monat kam nun das zweite Buch der gebürtigen Bubendörferin Rebekka Salm in den Handel. Es trägt den Titel «Wie der Hase läuft». In ihrem neuen Roman entfaltet Salm ein Panoptikum aus Geschichten und Erinnerungen zweier Familien, die sich nicht erinnern wollen – und die, ob es ihnen gefällt oder nicht, Teil einer grossen Erzählung sind.
Die Hauptprotagonistin im Buch, Teresa, begibt sich auf Spurensuche und erschafft Stück für Stück ihre Geschichte. Sie will die vorhandenen Lücken in ihrer Familiengeschichte füllen. «Ich will immer verstehen. Erzählen ist Verstehenwollen. Ursachenforschung. Punkte setzen, wo vorher Fragezeichen standen», so eine Zeile dazu aus dem Buch.
Lücken gab und gibt es laut Salm auch in ihrer eigenen Familie, «wie in vielen anderen Familien, wo man nicht genau weiss, was passiert ist. Oder, wo plötzlich ein Onkel auftaucht, von dem man vorher gar nichts wusste». So wurde Salms deutscher Grossvater 1943 als 17-Jähriger in die deutsche Wehrmacht eingezogen. Darüber habe er aber nie gesprochen und auch nicht darüber, wo er stationiert war und was er erlebt oder getan hatte. Nach seinem Tod tauchte bei der Hausräumung auf dem Estrich das Dienstbüchlein auf. Dort stand, dass er in der Normandie im Einsatz war und auch verletzt wurde.
Diese Geschichte respektive das Schweigen darüber liess die Autorin nicht mehr los und fand im neuen Roman Eingang. «Diese Gedanken sind einfach da und man kann sie nicht mehr unterdrücken. Es fängt Feuer, man muss ständig darüber nachdenken. Dann kommt der Punkt, an dem man besser nachgibt und die Geschichte erzählt oder aufschreibt», erklärt Salm. «Es sind die Lücken, die Halbwahrheiten, die mich faszinieren und die auch etwas mit einer Familie machen.»
Ob noch mehr Autobiografisches im Roman verwoben wurde, bleibt das Geheimnis der Autorin.
Zusammenarbeit mit Alex Capus
Dass sich Salm der Lücken annimmt und erneut mit ihrer Freude an bildhafter Sprache und ihrer szenischen Präzision überzeugt, dürfte viele Leserinnen und Leser freuen. Ganz besonders in Olten, wo die Autorin seit rund 11 Jahren zu Hause ist. Dort gewann sie 2019 den Schreibwettbewerb des Schweizer Schriftstellerwegs und blitzte damit auf der literarischen Bühne der Schweiz auf. Olten erwies sich als gutes Pflaster für die Newcomerin. «Ich habe die Gunst der Stunde genutzt, um bei Verleger Thomas Knapp anzuklopfen, solange er noch gewusst hat, wer ich bin», erzählt Salm.
Aus Material, insbesondere wenn es eher für Kurzgeschichten angelegt ist, einen «konsistenten Roman» zu machen, wie es die Autorin nennt, habe viel Arbeit und Energie benötigt. «Es braucht jeweils mehr als ein Glas Rotwein und den Kuss der Muse. Talent ist zudem zwingend und natürlich der Wille, sich durchzubeissen. Aber am Ende ist es auch ganz viel angeeignetes Handwerk, wie bei jedem anderen Beruf», resümiert die Autorin. «Dass das Schreiben so viel Raum einfordert, bin ich gar noch nicht gewohnt.» Die Schriftstellerin ist immer noch am Herausfinden, wie sie alles unter einen Hut bringt, denn sie ist auch Mutter einer 10-jährigen Tochter und arbeitet hauptberuflich als Erwachsenenbildnerin im Asylund Flüchtlingsbereich.
Dass sich der bekannte Oltner Autor Alex Capus des Manuskripts von Rebekka Salm annahm, ist dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass er und Verleger Thomas Knapp Freunde seit Kindertagen sind. Capus hatte gerade Zeit und war bereit, sich in das Manuskript von Salm einzulesen und Feedback zu geben. «Es war eine sehr schöne Zusammenarbeit. Er war sehr wertschätzend und auch sehr kritisch, was beides sehr wertvoll für mich war.» Und der Zufälle mehr, hat Capus einen Draht zu Literaturkritikerin Heidenreich, die das Buch auf seine Empfehlung hin las.
Wer das neue Buch «Wie der Hase läuft» auf ganz besondere Weise kennenlernen möchte, hat morgen Samstag Gelegenheit dazu. In der Reihe «Klanglichter» tritt sie gemeinsam mit der Basler Geigerin Malwina Sosnowski in der Oberen Fabrik in Sissach auf. Die beiden Künstlerinnen haben sich im Vorfeld mehrmals getroffen, um die Musikstücke und Textauszüge aufeinander abzustimmen.