Weinhändler erscheint nicht vor Gericht
23.08.2024 Baselbiet, Justiz, Wirtschaft, SissachDer Anwalt des Weinhändlers Laurent de Coulon legte vor dem Strafgericht ein Arztzeugnis vor, wonach sein Mandant nicht verhandlungsfähig sei. Der Richter wertete dies als unentschuldigte Abwesenheit – und als Rückzug der Beschwerde gegen die Busse der ...
Der Anwalt des Weinhändlers Laurent de Coulon legte vor dem Strafgericht ein Arztzeugnis vor, wonach sein Mandant nicht verhandlungsfähig sei. Der Richter wertete dies als unentschuldigte Abwesenheit – und als Rückzug der Beschwerde gegen die Busse der Lebensmittelkontrolle.
Thomas Immoos
Die Mängel, die bei der Weinhandlung Buess in Sissach festgestellt wurden, waren zahlreich. Auch bei zwei Nachkontrollen im Abstand von mehreren Monaten stellten die Lebensmittelkontrolleure keine Verbesserungen fest. Deshalb wurde eine Busse von 5000 Franken verfügt. Dazu kamen Verfahrenskosten von mehr als 2000 Franken. Dagegen erhob der Verwaltungsratspräsident der Firma, Laurent de Coulon, der in der «Volksstimme» kürzlich seine Sicht der Dinge darlegte, Einsprache. So landete die Angelegenheit vor dem Baselbieter Strafgericht in Muttenz.
Dort erschien der Beschuldigte jedoch nicht. Stattdessen kam sein Anwalt und legte ein Zeugnis des Hausarztes vor, das festhielt, sein 70-jähriger Mandant sei verhandlungsunfähig. Die Medienberichte hätten ihm körperlich und psychisch stark zugesetzt. Die Berichterstattung samt Namensnennung habe dazu geführt, dass sein Mandant «mehrfach hart angegangen wurde». Deshalb sei er in ein Loch gefallen und unfähig, an der Verhandlung teilzunehmen. Ausserdem habe er einen wichtigen Kunden verloren.
Ausführliche Begründung
Folglich ersuchte der Anwalt um die Verschiebung des Gerichtstermins. Denn sein Mandant habe durchaus Interesse an einer Verhandlung: «Es muss einen Freispruch geben», zeigte sich der Anwalt überzeugt.
Der Gerichtspräsident teilte diese Auffassung nicht. Bei Verhandlungen vor Gericht gelte Anwesenheitspflicht. Die Begründung der Verhandlungsunfähigkeit sei ungenügend. Diese anzuerkennen, dafür setze das Bundesgericht wiederholt hohe Hürden. Wenn der Beschuldigte dermassen psychisch angeschlagen sei, wie vom Anwalt geschildert, dann hätte das Attest nicht vom Hausarzt, sondern von einem Psychiater ausgestellt werden müssen.
Für den Richter gab es keine ausreichenden Hinweise für eine tatsächliche Beeinträchtigung, zumal das Ersuchen erst am Verhandlungstag erfolgt sei. Um einer Verhandlung fernzubleiben, bedürfe es «schwerer geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung», die im vorliegenden Fall nicht zu erkennen sei, so der Richter. Ein psychisch bedingter Grund für eine Dispens könne man nur ausnahmsweise geltend machen. Im konkreten Fall sei sie ausserdem unzureichend begründet worden.
Was die Medienberichte angehe, so änderten diese nichts an der Einschätzung des Richters. Denn auch ohne Namensnennung wäre es für Interessierte «ein Leichtes» gewesen, herauszufinden, um welche Weinhandlung es sich handle. Auch eine Vorverurteilung lasse sich nicht erkennen, so der Richter weiter.
Weiterzug noch offen
Zudem sei es nicht Sache eines Arztes, die Verhandlungsfähigkeit zu beurteilen. Dies obliege einzig dem Gericht. Der Richter räumte zwar ein, dass jede Gerichtsverhandlung für jeden Beschuldigten eine Belastung darstelle. Deshalb sei anzunehmen, dass der beschuldigte Weinhändler auch bei einem allenfalls verschobenen Termin in zwei Monaten weiterhin verhandlungsunfähig sei. Und: Bei den Vorwürfen handle es sich nicht um schwere Straftaten, sondern lediglich um Übertretungen ohne schwerwiegende Sanktionen. «Strafrechtlich handelt es sich um eine Bagatelle», so der Richter.
Der Richter vermutet einen anderen Grund hinter de Coulons Abwesenheit: Im August 2025 würde für die vorgeworfenen Vergehen die Verjährung eintreten. Das Fernbleiben sei also «ein Versuch, den Fall in die Verjährung zu treiben». Der Beschuldigte habe mit seiner Abwesenheit sein Desinteresse an einer Verhandlung deutlich zum Ausdruck gebracht, was der Richter als rechtsmissbräuchliches Verhalten ansah.
«Der Beschuldigte ist tauglich für Verhandlungen», fasste der Richter zusammen. Und er bewertete das Fernbleiben als Rückzug der Beschwerde gegen die Verfügungen der Lebensmittelkontrolle. Damit ist der Strafbefehl rechtskräftig und der Beschuldigte hat die Busse und die Verfahrenskosten von insgesamt mehr als 7000 Franken zu bezahlen.
Im Anschluss an die Verhandlung liess der Verteidiger offen, ob sein Mandant das Urteil weiterziehen werde. Er werde sich mit ihm und einem Kommunikationsberater zusammensetzen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.