Weg mit den Handschellen
30.09.2025 Baselbiet, Gemeinden, Region, BaselbietGemeinderäte auf Konfrontationskurs mit dem Kanton
Elf Baselbieter Gemeinden lancieren zwei Gemeindeinitiativen, um die Finanzlage der Kommunen zu verbessern. Konkret fordern sie einen Anteil am Gewinn der Basellandschaftlichen Kantonalbank und Geld vom Kanton, wenn kantonale ...
Gemeinderäte auf Konfrontationskurs mit dem Kanton
Elf Baselbieter Gemeinden lancieren zwei Gemeindeinitiativen, um die Finanzlage der Kommunen zu verbessern. Konkret fordern sie einen Anteil am Gewinn der Basellandschaftlichen Kantonalbank und Geld vom Kanton, wenn kantonale Vorlagen Kosten für die Gemeinden verursachen.
Tobias Gfeller
Viele Baselbieter Kommunen plagen Geldsorgen. Den kleineren Gemeinden in den ländlichen Gefilden geht es schon länger so, die grösseren Agglomerationsgemeinden geraten immer mehr in ein ähnliches Fahrwasser. Als einer der Hauptgründe für die finanziellen Schwierigkeiten wird regelmässig der beschränkte Handlungsspielraum der Gemeinden genannt. Für Verstimmung sorgen Entscheide des Regierungsrats oder des Landrats, die für die Gemeinden Mehrkosten zur Folge haben, ohne dass die Gemeinden ein Mitspracherecht hätten. Die Gemeinden Arisdorf, Buckten, Duggingen, Ettingen, Häfelfingen, Känerkinden, Lausen, Laufen, Liestal, Pratteln und Sissach wollen diese Ungleichbehandlung nicht länger hinnehmen und lancieren deshalb zwei Gemeindeinitiativen. Am Freitag informierten sie darüber.
Mit der nicht formulierten Initiative «Wer befiehlt, zahlt!» soll der Kanton dazu gezwungen werden, Mehrkosten, die bei Gemeinden aufgrund von kantonalen Vorlagen entstehen, selber zu tragen. Mit der formulierten «Bankgewinn-Initiative» wollen die Gemeinden ein Stück vom Kantonalbank-Kuchen. Konkret fordern sie, dass jeweils ein Drittel der Gewinnausschüttung der BLKB an die Gemeinden gemäss ihrer Einwohnerzahl ausbezahlt wird. Diese Idee wurde auch schon von der Baselbieter SVP eingebracht, die ebenfalls Initiativen zur Verbesserung der Gemeindefinanzen ankündigte (die «Volksstimme» berichtete). «Wir fragen uns langsam, wie es mit unseren Finanzen und der Autonomie der Gemeinden weitergehen soll», sagte der Liestaler Stadtpräsident Daniel Spinnler bei der Vorstellung der beiden Gemeindeinitiativen am Freitag im Rathaus. Die Gemeinden verzeichnen ein starkes Kostenwachstum bei der Erfüllung der vom Kanton auferlegten Aufgaben. Als Beispiel nannte Spinnler mehrfach den Bereich Bildung. Aber auch beim Thema Alter nähmen die Kosten laufend zu. Der FDP-Politiker zeichnete ein Bild der Gemeinden, deren Handlungsspielraum begrenzt ist, als wären sie mit Handschellen festgemacht.
Die Anzahl Gemeinden mit einem Selbstfinanzierungsgrad von unter 100 Prozent nehme laufend zu, mahnte Spinnler. Diese Gemeinden könnten die eigenen Investitionen nicht selber finanzieren und müssten sich immer stärker verschulden. Die Folgen wögen schwer, so Spinnler: «In der Finanzierung der Infrastruktur haben die Gemeinden ein Problem.»
Die beiden Gemeindeinitiativen sind das Resultat eines längeren Prozesses innerhalb einer Arbeitsgruppe, die im Juni 2024 mit Besprechungen zum Thema «Gemeindefinanzen» begonnen hat. «Wir wollen nicht nur jammern, sondern handeln», stellte Sissachs Gemeindepräsident Peter Buser klar.
Gemäss der Initiative «Wer befiehlt, zahlt!» muss der Regierungsrat bei Vorlagen, welche die Gemeinden betreffen, die Auswirkungen auf die Subsidiarität erläutern sowie die Vor- und Nachteile für die Gemeinden aufzeigen. Neu sollen in den Vorlagen durch den Regierungsrat nicht nur die finanziellen Folgen für den Kanton, sondern auch die Folgen für die Gemeinden aufgezeigt werden. Für Aufgaben, bei denen die Gemeinden Träger sind, sollen die Mehrkosten, die durch einen Kantonsentscheid auf kommunaler Ebene entstehen, in der Summe durch den Kanton getragen werden.
«Das wäre eine Entlastung für die Gemeinden», ist Arisdorfs Gemeindepräsident Markus Miescher überzeugt. Denn die Gemeinde Arisdorf sehe sich in den nächsten Jahren nicht mehr in der Lage, dringend notwendige Investitionen in wichtige Infrastrukturprojekte zu tätigen. Während der Bund Aufgaben und damit Kosten an die Kantone übertragen kann und die Kantone vieles auf die Gemeinden abwälzen, können sich die Gemeinden gegen diese seit Jahren etablierten Mechanismen nicht wehren: Sie sind das unterste Glied des Staates.
Rückhalt sei gross
Dass die Gemeinden ein Stück des BLKB-Gewinns wollen, kommt nicht überraschend. In anderen Kantonen – als Beispiel wurde der Kanton Zürich genannt – ist dies seit Jahren üblich. «Die BLKB gehört allen», sagte Lausens Gemeindepräsident Peter Aerni.
Dass «nur» 11 der 86 Baselbieter Gemeinden an Bord sind, bedeute nicht, dass die anderen Gemeinden die Forderungen nicht unterstützten, «im Gegenteil», versicherte Liestals Stadtpräsident Daniel Spinnler. Am vergangenen Donnerstag stellten die elf Gemeinden die beiden Initiativen den übrigen Gemeinden vor. Die Resonanz sei sehr gut gewesen. Kritik habe es keine gegeben, so Spinnler. Das Komitee aus den elf Gemeinden sieht sich auch von den grösseren Agglomerationsgemeinden getragen.
Um wie geplant im Januar die beiden Initiativen einreichen zu können, müssen fünf Gemeindeversammlungen oder Einwohnerräte den Initiativen zustimmen. Das letzte Wort hätte dann die Stimmbevölkerung.