«Vorbilder können die Berufslehre stärken»
14.08.2025 Baselbiet, Bildung, PolitikGLP-Kandidatin Sabine Bucher (46) äussert sich zu den Themen Bildung, Kultur und Sport
Sie soll bei der Ersatzwahl für Bildungsdirektorin Monica Gschwind (FDP) das Mitte-links-Lager hinter sich vereinen: die GLP-Kandidatin Sabine Bucher. Im Interview erklärt sie, weshalb ...
GLP-Kandidatin Sabine Bucher (46) äussert sich zu den Themen Bildung, Kultur und Sport
Sie soll bei der Ersatzwahl für Bildungsdirektorin Monica Gschwind (FDP) das Mitte-links-Lager hinter sich vereinen: die GLP-Kandidatin Sabine Bucher. Im Interview erklärt sie, weshalb es sie in der Baselbieter Regierung braucht und wie sie bei der Finanzierung der Uni Basel und der Förderung der Berufslehre vorgehen würde.
Janis Erne
Frau Bucher, kommt das Bündnis mit der SP – und allenfalls den Grünen – zustande, erhöhen sich Ihre Wahlchancen markant. Wie kam es zu diesem Schulterschluss?
Sabine Bucher: Die Spitzen von GLP, SP und weiteren Parteien stehen schon länger im Austausch und versuchen, sich bei verschiedenen Themen abzustimmen. Aktuell ergibt es sowohl für die GLP als auch die SP Sinn, ihre Kandidaturen gegenseitig zu unterstützen. Wir kandidieren für den Regierungsrat, die SP später für den Ständerat.
Nicht überall haben die beiden gemeinsame Interessen. Wo innerhalb der GLP positionieren Sie sich politisch?
Innerhalb unserer Landratsfraktion verorte ich mich eher am liberalen Flügel. Als Steuerexpertin ist die Finanzpolitik mein eigentliches Kernthema – dort zeigen sich meine liberalen Tendenzen am stärksten. In der Bildungspolitik handle ich pragmatisch: Ich fokussiere mich auf die Stärken der Kinder und die Wertschätzung gegenüber den Lehrpersonen. Während ich privat sehr grün und sozial unterwegs bin, versuche ich in der Politik, das Grüne und das Liberale zu verbinden. Dabei hilft mir meine Erfahrung als Mediatorin.
Als Bildungsdirektorin müssten Sie sich unter anderem mit der Volksschule beschäftigen. Was sind aus Ihrer Sicht die drängendsten Herausforderungen?
Wichtig ist, dass die Politik die Lehrerinnen und Lehrer nicht überlastet – also nicht ständig neue Reformen und Vorgaben beschliesst. Lehrpersonen sollen sich in erster Linie auf das Unterrichten und die Arbeit mit den Kindern konzentrieren können. Ein grosses Thema ist die Digitalisierung und die Frage, auf welche künftige Arbeitswelt wir die Kinder vorbereiten müssen. Klar ist: Wir müssen die Schülerinnen und Schüler im Umgang mit digitalen Medien, Künstlicher Intelligenz und Technik fit machen – und gleichzeitig die nötigen fachlichen Grundlagen und sozialen Kompetenzen vermitteln.
Monica Gschwind hat eine Untersuchung zum Frühfranzösisch lanciert. Soll Ihrer Meinung nach daran festgehalten oder das Fach abgeschafft werden?
Persönlich mag ich Französisch. Ich habe die Sprache damals «erst» ab der 7. Klasse und später ein Jahr lang im Welschland gelernt. Heute beginnt der Unterricht bereits in der 3. Klasse. Angesichts der Erfahrungen mit meinen Kindern frage ich mich, ob es sinnvoll ist, bereits so früh mit dem Französischunterricht zu beginnen.
Sie stehen einem späteren Lernstart also offen gegenüber?
Ja, die frei werdenden Lektionen in der Primarschule könnten insbesondere für Deutsch und vielleicht auch Mathematik genutzt werden, um die Grundkompetenzen der Kinder zu stärken. Französisch könnte in der Sekundarschule intensiver unterrichtet werden. Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Schulen unterschiedlich damit umgehen dürfen. Im Laufental mit der Nähe zum Jura ist Französisch vielleicht wichtiger als im Oberbaselbiet.
Sind Sie grundsätzlich dafür, dass Primarschulen möglichst viel selbst entscheiden können, ohne allzu viele Vorgaben vom Kanton?
Ja, das ist mir wichtig. In einer grossen Primarschule sind die Voraussetzungen schliesslich andere als in einer kleinen. Ich finde, man sollte den Schulen Freiheiten lassen, beispielsweise durch Ausnahmeregelungen in Gesetzen und Verordnungen.
Kommen wir zur Universität Basel. Vor rund einem Jahr stimmte der Landrat über einen SVP-Vorstoss zur möglichen Kündigung des Uni-Vertrags ab. Sie enthielten sich, während SP und GLP ansonsten geschlossen dagegen waren. Warum?
Dazu muss ich etwas ausholen: Als Mitglied der Bildungskommission habe ich meinen Fraktionskolleginnen und -kollegen empfohlen, den Vorstoss der SVP abzulehnen, was sie dann auch getan haben. Mit meiner Enthaltung wollte ich verhindern, dass der Entscheid des Parlaments zu eindeutig ausfällt. Der Regierungsrat braucht in meinen Augen ein gewisses Druckmittel in den Verhandlungen mit Basel-Stadt über die Finanzierung der Uni Basel.
Eine Gemeinde-Initiative verlangt die Vertragskündigung und eine stärkere Beteiligung anderer Kantone, die Studierende nach Basel schicken. Was halten Sie davon?
Um ihre Lehr- und Forschungstätigkeit bestmöglich ausüben zu können, braucht die Universität Planungssicherheit. Es wäre deshalb der falsche Weg, den Uni-Vertrag mit Basel-Stadt zu kündigen, ohne zu wissen, wie die Finanzierung künftig aussieht. Als Bildungsdirektorin würde ich eine Gesamtschau durchführen und analysieren, wie die Hochschulen in der Schweiz finanziert sind. Daraus würde sich das Verhandlungspotenzial ergeben. Anschliessend würde ich die Kantone, die Studierende an der Uni Basel haben, an einen Tisch holen und Gespräche mit ihnen führen. Die optimale Lösung wäre eine schweizweite Regelung.
Eine solche ist jedoch nicht sehr wahrscheinlich oder würde sehr lange dauern. Ein anderer Weg, um die Kosten der Uni Basel zu senken, wäre, gewisse Fächer zu streichen. Wie sehen Sie das?
Über einzelne Fächer kann man diskutieren, wobei diese nicht die hohen Kosten verursachen, die das Budget der Uni belasten. Grundsätzlich befürworte ich den Erhalt der Volluniversität. Eine zu starke Spezialisierung würde der Uni Basel und damit der Region eher schaden als nutzen.
Im Baselbiet bleiben jedes Jahr Hunderte Lehrstellen unbesetzt, was auch auf das vergleichsweise grosse Angebot zurückzuführen ist. Dennoch: Wie kann die Berufsbildung gestärkt werden?
Unser duales Bildungssystem eröffnet viele Karrierewege. Dies müssen wir den Jugendlichen noch besser aufzeigen, wobei die Eltern eine wichtige Rolle spielen. Auch Vorbilder, also Menschen, die erfolgreich eine Ausbildung abgeschlossen haben, können helfen, die Berufsbildung zu stärken. Zudem ist es wichtig, dass Jugendliche genügend Schnupperlehren absolvieren, um Einblicke in die Berufswelt zu gewinnen. Ein Beispiel ist die Wirtschaftsmittelschule, die den Unternehmen nicht selten gute KV-Schüler «wegschnappt». Hier könnte man zwei oder drei Schnupperlehren als Voraussetzung für die Zulassung verlangen.
Welche Schwerpunkte würden Sie bei Kultur und Sport setzen?
Ich finde, sowohl das Amt für Kultur als auch das Sportamt sind sehr gut aufgestellt. Kultur und Sport sind überaus wichtig: Sie stärken die Gesellschaft, die Identität und den Zusammenhalt im Kanton. Als Präsidentin der kantonalen Taxations- und Erlasskommission, die auch über Steuerbefreiungen für gemeinnützige Vereine entscheidet, sehe ich, wie vielfältig das ehrenamtliche Engagement im Baselbiet ist. Dieses schätze ich sehr und möchte ich hervorstreichen.
Gibt es irgendwelches Verbesserungspotenzial?
Nicht wenige Gemeinden tun sich schwer, ihre Sportinfrastruktur zu finanzieren oder andere Gemeinden an den Kosten zu beteiligen. Das zeigt sich etwa in Oberdorf beim Kunstrasen oder in Gelterkinden beim Schwimmbad. Bei der Sportinfrastruktur könnte der Kanton die Gemeinden deshalb etwas mehr unterstützen – sei es koordinativ oder finanziell. Es gibt zwar die Kasak-Beiträge, doch diese gelten nur für grössere und normierte Anlagen. Hier gibt es Ausbaupotenzial.
Warum braucht es aus Ihrer Sicht eine grünliberale Stimme in der Regierung? Mit Isaac Reber und Thomi Jourdan ist diese in gewisser Weise bereits doppelt vertreten.
Im Regierungsrat wird Sachpolitik betrieben, nicht Parteipolitik. Als Person aus der politischen Mitte kann ich Anliegen von links wie rechts aufnehmen und so bestmöglich zur Umsetzung von Landratsbeschlüssen beitragen. Am Ende ist es eine Personenwahl – und ich bringe mit meiner breiten Erfahrung und meiner offenen Art alles mit, was es für dieses Amt braucht.
Zur Person
je. «Fachlich stark. Menschlich nah.» So beschreibt sich GLP-Co-Präsidentin Sabine Bucher (46) auf ihrer Website, die sie eigens für die Regierungsratswahl Ende Oktober gestaltet hat. Die Juristin, Mediatorin und Steuerexpertin arbeitet bei einer Treuhandfirma in Liestal. Zuvor war sie als selbstständige Steuerberaterin, als Gemeindeverwalterin in Rothenfluh, bei der Baselbieter Steuerverwaltung und einer Beratungsfirma tätig. Bucher bringt sieben Jahre politische Erfahrung als Gemeinderätin in Läufelfingen mit, davon dreieinhalb Jahre als Präsidentin. Seit 2023 sitzt sie für die GLP im Landrat, wo sie Mitglied der Bildungs-, Kultur- und Sportkommission ist. Bucher wohnt in Sissach, ist verheiratet und hat zwei Söhne im Teenager-Alter.