Von der Markt- zur Machtwirtschaft
05.11.2024 Bezirk Sissach, Wittinsburg, SissachBei Ueli Mäder kämpft Roger de Weck um den Erhalt des Journalismus
Nationalrätin Sibel Arslan und Publizist Roger de Weck haben im «Cheesmeyer» als Gäste von Ueli Mäder über die Krise der Demokratie sowie der Medien gesprochen. Sie bemühten ...
Bei Ueli Mäder kämpft Roger de Weck um den Erhalt des Journalismus
Nationalrätin Sibel Arslan und Publizist Roger de Weck haben im «Cheesmeyer» als Gäste von Ueli Mäder über die Krise der Demokratie sowie der Medien gesprochen. Sie bemühten sich, Lichtblicke zu erkennen.
Jürg Gohl
«Demokratie und Medien sind Zwillingsbrüder der Aufklärung.» Dieser Satz findet sich im Buch «Warum wir den Journalismus vor den Medien retten müssen», das Roger de Weck geschrieben hat und das dieser Tage erschienen ist. Darin setzt sich der frühere SRG-Generaldirektor und Chefredaktor des «Tagesanzeigers» und der «Zeit» mit dem Journalismus auseinander, der stark gefährdet ist.
Den gleichen Satz wiederholte der 71-jährige Publizist sinngemäss am Donnerstag im Sissacher «Cheesmeyer», wo er zusammen mit der Basler Basta-Nationalrätin Sibel Arslan zu Gast in Ueli Mäders monatlicher Gesprächsrunde war. De Weck vereint damit gleich auch das Thema, das der Moderator für diesen Abend vorgegeben hat: «Kraft und Krise der Demokratie» mit Fokus auf den Journalismus.
Das Bistro war voll, und die Gäste wären deprimiert heimgekehren, hätte ein Sissacher Streichquartett dazwischen nicht liebliche Melodien von Mozart und Michael Haydn eingestreut. Denn die Demokratien wie auch der Journalismus stecken weltweit – auch in der Schweiz – in einer nie dagewesenen Krise. Darin war sich das dreiköpfige Podium einig.
De Weck führte ein Beispiel an: Jeff Bezoz verbietet seiner «Washington Post», einem Harris-freundlichen Leitmedium der USA, den dort üblichen Kommentar samt Wahlempfehlung zu publizieren, weil er offenbar von potenten Wirtschaftsleuten unter Druck gesetzt wird: Pressefreiheit adé! Berlusconi habe sich schon früher der Medien bemächtigt, und in Frankreich kaufe ein Milliardär 90 Prozent der Medien auf und trimmt sie auf Rechtskurs.
Die Jungen als Hoffnung
«Auch in der Schweiz gibt es einen Grossangriff auf die Pressefreiheit», sagte de Weck – er dürfte damit auch die Angriffe auf die SRG im Auge haben. Superreiche könnten es sich leisten, Medien zu kaufen. «Hier wird Marktwirtschaft zu Machtwirtschaft», brachte er es auf den Punkt und rief dazu auf, Sorge zu den freien Medien, egal ob gross oder klein, zu tragen. Er erwähnte dabei auch den Wert von gutem Lokaljournalismus.
De Weck ging mit den klassischen Medien hart ins Gericht und tadelte den «Tagesanzeiger», dem er selber einst als Chefredaktor vorstand. Dort werde die Redaktion ausgedünnt. Die klassischen Medien würden sich mit seichten Themen immer mehr den sozialen Medien anpassen. «Gescheite Artikel für ein kleines Lesepublikum finden keinen Platz mehr», sagte er, zählen würden nur «Klicks, Klicks, Klicks». Auch der Hang zum Skandalisieren betrachtet er als Gefahr: So schade der Journalismus der Demokratie, der er eigentlich dienen sollte. Von Mäder nach Lichtblicken gefragt, nannte der Gast die internationalen Journalisten-Netzwerke, die gemeinsam an einer «grossen Sache» recherchieren und sie dann zeitgleich publizieren. Und er setzt auch Hoffnungen in die Jungen. Diese hätten die «No-Billag»-Initiative am deutlichsten abgelehnt.
«Tendenzen wie in den USA»
jg. Eine Krise diagnostizierte das Podium nicht nur bei den Medien, sondern auch bei der Demokratie. Sibel Arslan, die am Wochenende zuvor als Wahlbeobachterin in Georgien gewesen ist, stellt im National- und Ständerat eine Spaltung fest; die beiden bürgerlichen Parteien würden «schamlos» ihre Macht ausspielen. «Ich beobachte Tendenzen wie in den USA», sagte die pointierte Links-Politikerin.