Vom Abfall zur Ressource
16.09.2025 Baselbiet, Baselbiet, Gesellschaft, GemeindenRegierung will Kreislaufwirtschaft per Verfassung
Wertstoffe sollen in einem Kreislauf genutzt werden: Dies will die Regierung per Verfassung festschreiben. Damit soll die Grundlage für kommende Gesetze und Strategien, die zur Schonung der Ressourcen beitragen sollen, gestärkt ...
Regierung will Kreislaufwirtschaft per Verfassung
Wertstoffe sollen in einem Kreislauf genutzt werden: Dies will die Regierung per Verfassung festschreiben. Damit soll die Grundlage für kommende Gesetze und Strategien, die zur Schonung der Ressourcen beitragen sollen, gestärkt werden. Die Umweltund Energiekommission empfiehlt die Revision zur Annahme.
Nikolaos Schär
Geht es um die Kreislaufwirtschaft, bezieht die Baselbieter Regierung klar Stellung: «In einer Welt mit endlichen Ressourcen sind lineare Stoffströme ohne Kreislaufschluss nicht zukunftsfähig. Demzufolge muss die heutige Abfallwirtschaft in eine nachhaltige und zukunftsfähige Kreislaufund Ressourcenwirtschaft transformiert werden», schreibt sie einleitend zu einer Vorlage, die den Abfall- und Abwasserartikel in der Kantonsverfassung revidieren will.
Angestossen wurde die Vorlage durch eine parlamentarische Initiative des ehemaligen Grünen-Landrats Klaus Kirchmayr aus dem Jahr 2021. Drei Jahre nach der Überweisung des Vorstosses inklusive Vernehmlassungsverfahren und Kommissionsberatungen kommt dieser nun ins Parlament. Das Muster der Revision gleicht jenem des jüngst vom Landrat verworfenen Klimaschutzartikels, der die Klimaziele in der Kantonsverfassung verankern wollte: Ein laut der Regierung nicht mehr zeitgemässer Verfassungsartikel soll an die neusten Gegebenheiten angepasst werden.
Der Verfassungsparagraf 113 besagt heute, dass Kanton und Gemeinden lediglich für «die umweltgerechte Entsorgung» von Abwasser und Abfall zu sorgen haben und diese der Wiederverwertung zugeführt werden «sollen», wo dies sinnvoll ist. Die Regierung argumentiert, der bestehende Artikel sei zu abstrakt, um die Ziele der Kreislaufwirtschaft – Ressourcenschonung entlang der gesamten Wertschöpfungskette – zu erreichen. Durch den neuen Artikel wird gemäss Regierung ein ganzheitlicher Ansatz von Rohstoffgewinnung und Produktion über Konsum bis zum Abfall umgesetzt, der sehr konkret ausgestaltet ist und zum Handeln verpflichtet. Sie geht so weit zu sagen: «Mit der Verankerung in der Kantonsverfassung wird im Grundsatz eine neue staatliche Aufgabe geschaffen.»
Vorerst keine neuen Auflagen
Genau an diesem Punkt störte sich eine Minderheit der Kommissionsmitglieder sowie der Vernehmlassungsteilnehmer: Der Kanton besitze bereits Strategien im Bereich Abfallwirtschaft und Wasserkreislauf. Ein neuer Verfassungsartikel sei deshalb unnötig, befand eine Kommissionsminderheit. Die Regierung entgegnete, dass der Verfassungsartikel die kantonalen Strategien demokratisch stärker legitimieren würde und nicht mit einer Strategie vergleichbar sei. Zwar unterstreicht der Regierungsrat, dass er das Prinzip der Kreislaufwirtschaft in seiner Langfriststrategie bereits berücksichtige und in einigen Bereichen schon aktiv sei (Kantonale Abfall- und Ressourcenplanung und Wasserstrategie), er jedoch Wert auf eine Verfassung lege, die auf dem aktuellen Stand ist.
Der Verband Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG) lehnt die Revision aus Angst vor neuen Auflagen und Kosten ab. Die Regierung beschwichtigt: Aus der Verfassungsänderung würden sich direkt keine Massnahmen ableiten lassen. Jede Gesetzesänderung müsse wegen der politischen Legitimation durch den parlamentarischen Prozess.
Zwar sagt die Regierung, dass sich «per se» keine neuen Kosten für den Staat ergeben würden, fügt jedoch an, dass Änderungen der Kantonsverfassung «zu hohen finanziellen Folgekosten» führen können. Es gelte deshalb, bei der Ausarbeitung von allfälligen Massnahmen stets den Kosten-Nutzen-Aspekt im «Auge zu behalten». Zudem schickt die Regierung voraus, dass neue Regelungen im Hinblick auf die Vermeidung zusätzlicher administrativer und finanzieller Belastungen von Unternehmen und Privatpersonen «möglichst zurückhaltend» sein sollen.
Wenige konkrete Projekte
Welche neuen Aufgaben sich in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft konkret ergeben, lässt die Regierung offen. Sie spricht von der «Schaffung günstiger Rahmenbedingungen» und «Strategieentwicklungen», für die neu die Gemeinden und der Kanton zuständig wären – neue Pflichten sollen den Privaten nicht auferlegt werden. Im Bereich der Klärung von Abwässern sollen nutzbare Beiprodukte (Phosphor und Stickstoff als Düngemittel) dem Stoffkreislauf wieder zugeführt werden. Die in biochemischen Stoffen gebundene Wärme (Methan) sowie die hydraulische Energie des Abwassers, die bei der Klärung entstehen, würden zur Energieerzeugung genutzt werden.
Die Umwelt- und Energiekommission verzichtete auf einen separaten Absatz zum Wasserkreislauf, den die Regierung vor der Vernehmlassung noch vorgeschlagen hatte, empfahl dann jedoch mit 8 zu 5 Stimmen dem Landrat, der Revision zuzustimmen. Über die Verfassungsrevision wird zwangsläufig das Stimmvolk befinden müssen, sofern der Landrat die Vorlage annimmt, was keineswegs garantiert ist.