Viel Lärm um stille Wahl
16.02.2024 Sissach, Fasnacht, SissachSiffkaff | Von alten Munis, neuen Munis und Kampfkühen
Da hat die herrschende Polit-Kaste wohl die Rechnung ohne den ehemaligen Wirt gemacht: Ohne Wahlkrampf kommt die Siffkaffer Exekutive nicht wieder in die Kränze.
Andi Urne
...Siffkaff | Von alten Munis, neuen Munis und Kampfkühen
Da hat die herrschende Polit-Kaste wohl die Rechnung ohne den ehemaligen Wirt gemacht: Ohne Wahlkrampf kommt die Siffkaffer Exekutive nicht wieder in die Kränze.
Andi Urne
Die Schweiz ist eine Demokratie. Nun gut. Sagt man. Eine Demokratie, wo das Volch das letzte Wort hat – ausser zu Hause beim Schreibenden. Dort gibt die Ehefrau den Ton an. Aber: In Sissach scheint der demokratische Gedanke noch nicht überall angekommen zu sein. Nur so ist es nämlich zu erklären, dass der Sissacher Gemeindeverwaltungs-Hans-Dampf, der amtierende Gemeinderat (GR) und ein paar juristische Sesselpupser in Liestal den Sissacherinnen und Sissachern eine stille Gemeinderats-Wahl unterjubeln wollten. Das – natürlich – zur grossen Zufriedenheit der sieben Kandidierenden, die sich im Stillen schon die Hände gerieben und sich auf eine problemlose (Wieder-)Wahl in die Sissacher Exekutive gefreut haben.
Nur haben sie nicht mit der Gruppe «Das Stimmcouvert gehört in den Schlitz» gerechnet. In unzähligen Sitzungen in einem ehemaligen Kommandobunker der Armee, bei Kamillentee und Linzertorte, haben Alt-Gemeinderätin Leber, Alt-Gemeindemuni Schaffner, Schwingfanatiker Graf und Alt-Gemeinderat und Stechpalmen-Dompteur Cleis einen Plan ausgeheckt, wie sie den Demokratieverweigerern die Demokratie näher bringen können. Hilfe von den etablierten Parteien FDP, SVP, SP und Pro Sissach konnten die vier nicht erwarten. Die Vertreterinnen und Vertreter der hiesigen Chlüngelparteien hüllten sich in vornehmes Schweigen. Wo sie doch sonst schnell parat sind, die Rechte des Stimmvolks als höchstes Gut zu preisen.
Nicht gerade mit der Hellebarde, aber mit geharnischten Worten stellen die vier aufrechten Eidgenossen die Demokratieverweigerer im hiesigen Volchsblatt in den Senkel. Zaghafte Versuche einiger Unverbesserlicher, den Urnengang aus Kostengründen zu streichen, lassen dem Sprachrohr der Demokratiebewahrer die Zornesröte ins Gesicht schiessen. «Ich kriege Vögel ob der schrägen Vögel», äussert sich Schaffner mit geschwollenen Halsadern. «Auf der einen Seite soll gespart werden und an der sanierten oberen Bahnhofstrasse stehen seit Neustem zwei Bäume der Sorte ‹Gefüllte Vogelkirsche› in der ‹Schwammstadt›-Rabatte. Das für bescheidene 35 000 Franken pro Baum.» Vogelkirsche passe gut zum zeitweiligen Geisteszustand einiger Lokalpolitiker/innen, brummelt Schaffner.
Aufgeschreckt von der heftigen Kritik aus dem Kommando-Bunker alteingesessener Traditionalisten, zieht der Gemeinderat den Schwanz ein – und verzichtet auf eine stille Wahl. Er hätte sowieso und überhaupt …
Vernebeltes Sünneli geht auf
Und dann kehrt wieder Ruhe ein. Eine trügerische Ruhe, wie sich schon bald zeigen wird. Aus dem politischen Abseits meldet sich nämlich ein einst Verschmähter. Fredy der Pinggel kündigt seine Kandidatur für den Gemeinderat an. Man wundert sich zwar. Obwohl ein verkappter SVPler, ist kein untergehendes Sünneli auf dem Wahlflyer zu finden. Der Störenfried tritt als Parteiloser zur Wiederwahl an. Was bei einigen Politbeobachtern Kopfschütteln hervorruft. Ist es doch ihrer Meinung nach nicht möglich, zugleich als Parteimitglied und Parteiloser zur Wahl anzutreten.
Nun. Die Vermutung liegt nahe, dass Pinggel noch immer sauer ist, dass ihn vor vier Jahren die eigenen Leute im Regen stehen liessen und ihn mit einer Abwahl bestraften. Oder wie er es ausdrückt: «Deene Chäibe zäig ich s jetz.» Wie tief der Frust und die Verunsicherung bei der Sünneli-Partei sitzen, zeigt exemplarisch ein Les-Innenbrief, verfasst von der parteiinternen Propagandaministerin Roth. Sie bringt es fertig, Pinggel in keinem Wort zu erwähnen. Meisterlich und wohl mit väterlicher Unterstützung eines Bucktner Rüeblis, umschifft sie die heikle Klippe des unerwarteten politischen Winkelzugs eines Zurückgewiesenen. Dabei sollte doch genau sie wissen, wie schmerzhaft es ist, wenn einem aus dem Nichts und im Befehlston aus Buckten, Regez, eine eingeschleuste Langzeit-Studentin, vor die Nase gesetzt wird.
Nun so denn. Lassen wir den volchsparteilichen Kindergarten seine Türmchen bauen und wenden wir uns den Erwachsenen, den Sissacher Stimmwilligen, zu, die jetzt doch an die Urne dürfen. Aber nicht nur die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sind über die Intervention einiger senkrechter Demokratiebewahrer glücklich. Auch das hiesige Gewerbe reibt sich die Hände. So können sich das «Druckhüsli Sissach», die «Volksstimme» und zahlreiche Werbeagenturen im In- und Ausland über gefüllte Auftragsbücher freuen. Weniger Freude dürften die Kandidierenden haben, die einmal mehr einen für das Stimmvolk möglichst unverständlichen Wahlslogan oder eine nichtssagende Berufsbezeichnung aushecken und sämtliche Laternenpfähle in Sissach mit ihren Konterfeis verunstalten müssen.