Temporäre Aufsicht fürs «Beedli»
08.08.2025 ItingenGemeinderat reagiert auf Beschwerden und Vorfälle im Schwimmbad
An heissen Wochenenden platzt das kleine Itinger Schwimmbad regelmässig aus allen Nähten. Nach Zwischenfällen prüft der Gemeinderat eine temporäre Badeaufsicht. So ist die Umwandlung des Gratis- ...
Gemeinderat reagiert auf Beschwerden und Vorfälle im Schwimmbad
An heissen Wochenenden platzt das kleine Itinger Schwimmbad regelmässig aus allen Nähten. Nach Zwischenfällen prüft der Gemeinderat eine temporäre Badeaufsicht. So ist die Umwandlung des Gratis- in ein kostenpflichtiges Freibad vermeidbar.
Peter Sennhauser
«Es waren hauptsächlich die Wochenenden, an denen es sehr warm war», fasst Gemeindepräsident Martin Mundwiler die Ausgangslage zusammen. An solchen Tagen strömen Menschen aus der ganzen Region ins «Beedli» von Itingen – und nicht alle halten sich an die Regeln. Das sorgte an der Gemeindeversammlung im Juni für Diskussionen. Die Einwohner beklagten sich über Lärm, über Gäste, die sich nicht an die Benimmregeln halten, und über «zu viele Auswärtige».
Denn das Itinger «Beedli» ist nicht nur wegen seiner idyllischen Lage sehr beliebt, sondern auch wegen des Gratis-Zutritts. Der ist dem Umstand geschuldet, dass sich die Gemeinde zurzeit keinen Bademeister leisten will – was wiederum Probleme schafft, wenn an heissen Tagen Hitzköpfe aneinander geraten.
Polizei musste anrücken
Diesen Sommer gab besonders ein Vorfall zu reden: Eine Frau aus dem Dorf hatte auf rabiate Weise Kinder zurechtgewiesen, die von der Seite ins Becken gesprungen waren. Eltern mischten sich ein, und schliesslich musste die Polizei einschreiten und die Frau des Bades verweisen. Eine Stunde später sei sie wieder im Bad gewesen – die Polizei musste erneut anrücken.
Auch andere Zwischenfälle sorgten für Unmut. Und: «Vieles bekommen wir gar nicht mit», sagt Mundwiler: Die Polizei informiere die Gemeinde nicht über ihre Einsätze. Das sei ein Grund für den Wechsel zur Sicherheitsfirma «24 Security» für die kommunalen Sicherheitsdienste gewesen: «Die patrouillieren regelmässig und liefern lückenlose Protokolle über alle Einsätze.»
Aber sie schauten eben nur stichprobenmässig vorbei. In der restlichen Zeit hält sich eine Minderheit nicht an die Regeln und sorgt für Ärger: Baden in Unterwäsche, Rauchen oder Essen am Beckenrand seien oft Anlass für Reklamationen. Er habe Verständnis, dass viele Leute die direkte Konfrontation scheuten, so Mundwiler.
Die Lösung sieht der Gemeinderat deswegen laut Finanzchef und Badiverantwortlichem Peter Bosch in einer temporären Badeaufsicht: «Der Respekt würde zweifellos zunehmen, wenn man an den ‹Hotspot-Tagen› eine offizielle Aufsichtsperson hätte.» Diese könnte der Sicherheitsdienst «24 Security» stellen – oder Freiwillige aus dem Dorf. «Wenn sich dafür jemand zu einem anständigen Stundenlohn findet, wäre uns das recht», sagt Mundwiler. Wichtig wäre, dass jemand zum Rechten schaue, der angemessen auftreten könne.
Langfristig wären auch andere Lösungen denkbar: In der weniger als halb so grossen Gemeinde Wölflinswil im Fricktal beispielsweise sorgt ein Verein dafür, dass im kleinen Freibad immer jemand zum Rechten schaut. «Bei uns hat während des Corona-Lockdowns der Turnverein die Zutrittskontrolle übernommen», erinnert sich Mundwiler. «Das wäre ein eleganter Weg.»
Kein Eintritt ohne Bademeister
Eine dauerhafte Badeaufsicht kommt für die Gemeinde nicht infrage. «Das Bad alleine kostet uns mehr als 100 000 Franken im Jahr», sagt Gemeindepräsident Mundwiler. Beiträge von aussen gibt es für die «Sportanlage» keine: Das Becken dient wohl den Schulen für den Schwimmunterricht, es entspricht aber weder in der Form noch in der Grösse irgendeiner gültigen Norm.
Eine grobe Schätzung zeige, dass ein permanenter Badmeister die Kosten verdoppeln würde, sagt Finanzchef Bosch. «Dann müssten wir Eintritt verlangen.» Genau das will die Gemeinde aber vermeiden, und zwar, weil dann im Umkehrschluss von Gesetzes wegen eine Bademeisterpflicht bestünde. Zusammen mit der Installation eines Kassensystems und der nötigen Infrastruktur ist das «von den Kosten her nicht mehr interessant», stellt Bosch klar.
Eine kleine Kasse steht zwar am Eingang, und ortsfremde Gäste sind gehalten, einen passenden Betrag einzuwerfen. Aber erstens kommen so keine 5000 Franken pro Jahr zusammen, sagt Bosch. Und zweitens ist die (leere) Kasse im vergangenen Jahr mehrfach aufgebrochen worden, was weitere Kosten verursachte.
Die Diskussion über «zu viele Auswärtige» relativiert Gemeindepräsident Martin Mundwiler: «Wir sind ein Dorf mit 2500 Einwohnern. Ich habe gewisse Leute noch nie gesehen, die hier wohnen.» Viele vermeintlich Auswärtige seien in Wahrheit steuerzahlende Einwohnende vom andern Ende des inzwischen recht ausgedehnten Dorfs.
Der grüne Feuerwehrweiher
sep. Wir sprachen vom «Weiher» und meinten unsere Badi: Wer in den ersten 80 Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Itingen aufgewachsen ist, weiss genau, warum das Schwimmbad eine in jeder Hinsicht ungewöhnliche Form aufweist. Es handelt sich um den einstigen Löschwasserspeicher, der durch Aufstauen des «Talbächli» den natürlichen Formen des Tals oberhalb der Dorfstrasse entspricht. Der Bach mit seinem glasklaren, eiskalten Jura-Quellwasser speiste das Betonbecken, mit dem Turnvereinmitglieder in den 1930er-Jahren den Weiher verstärkt hatten.
In den ersten warmen Tagen im Juni liess Strassenmacher Kari Nyffeneger jeweils zuerst das Schlickwasser des Winters den eingedolten Bach hinab und schrubbte das Becken mit viel Javel-Wasser mehr oder weniger sauber. Dann leitete er das Bächlein von oberhalb per Feuerwehrschlauch in das Becken, das sich über einen Zeitraum von einer bis zwei Wochen langsam füllte. Ab Tag drei konnte man sich, wenn man die eisigen Temperaturen ertrug, in der Vertiefung unter dem Sprungturm von undefinierbarer Höhe (1,6 Meter? 1,8 Meter?) bereits im Wasser tummeln.
Der Sommer kam und mit ihm die auswärtigen Badegäste, die sich unter argwöhnischen Augen der Dorfjugend zu einem «Schwumm» während einer Wanderung oder einfach so im Bad niederliessen. Und wenn die Lausner Dorfbuben als geschlossene Gruppe auftauchten, betrachteten wir «Üttiger» Buben es als unsere Bürgerpflicht, ihnen in «Badetuch-Zwick» oder schlimmeren Schlachten den Aufenthalt zu vermiesen.
Währenddessen wurde das stehende Wasser im Weiher langsam angenehm warm und deutlich trüber. Wenn der Boden an der tieferen Stelle auf der Schwimmerseite, die durch einen an zwei Ketten treibenden Baumstamm vom Nicht-Schwimmer-Teil getrennt war, nicht mehr zu sehen war, liess Kari Nyffenegger an einem von uns allen gefürchteten Montagmorgen das ganze Becken abfliessen und legte erneut die Schläuche aus dem Talbächli von oben herab zur Wasserauffrischung ins trocken gelegte Becken.
So bestand unser Sommer aus zwei Füllungen des «Weihers» (kalt/glasklar, wohlig warm/dunkelgrün). Und an einem schönen Spätsommertag brachte mir mein Vater den Kopfsprung bei, indem er mir zeigte, dass ich vom Beckenrand aus ein treibendes Blatt oder eine der zahlreichen Kaulquappen ins Visier nehmen sollte, mit denen wir das Wasser teilten …
Als sich, ich glaube im Sommer 1976, Infektionskrankheiten und Bindehautentzündungen in Itingen auffällig häuften, schritt das Hygieneamt des Kantons ein und beschied der Gemeinde, dass der «Weiher» nur noch als Bad betrieben werden dürfe, wenn eine Umwälzpumpe eingebaut würde. Das war der Startschuss für das grosse Dorffest der 1000-Seelen-Gemeinde im Jahr 1979, dessen Resultat der Ausbau des Weihers zur «Badi» war. Wir Buben vermissten zwar den undefinierten Sprungturm, die von Löchern übersäte Trennwand in der hölzernen Umkleide-Baracke und die Balanceakte auf dem treibenden, von Algen glitschigen Baumstamm im Becken.
Dafür hatten wir jetzt viel mehr Auswärtige, die wir am Eingang beobachten konnten: Meldeläufer liessen dann in Windeseile die Nachricht in den einschlägigen Kreisen auf der Liegewiese und am Beckenrand kursieren, wer von den Familien am Eingang etwas ins «Kässeli» geworfen hatte – und wer nicht.