Tablet ist Ergänzung, kein Ersatz
30.01.2024 Bezirk Liestal, Bildung, Bezirk Liestal, GesellschaftWorkshop zum Thema «Kleinkinder und digitale Medien»
Wann sind kleine Kinder gross genug für die digitale Medienwelt? Wie viel Bildschirmzeit ist in Ordnung? Auf diese und weitere Fragen bekamen Besucherinnen und Besucher Antworten von Laurent Sedano, Fachspezialist ...
Workshop zum Thema «Kleinkinder und digitale Medien»
Wann sind kleine Kinder gross genug für die digitale Medienwelt? Wie viel Bildschirmzeit ist in Ordnung? Auf diese und weitere Fragen bekamen Besucherinnen und Besucher Antworten von Laurent Sedano, Fachspezialist für Kindermedien bei der Kantonsbibliothek in Liestal.
Brigitte Keller
So fröhlich und gelassen, wie auf dem Bild zu diesem Beitrag, bleibt es nicht immer, wenn Kinder ein Smartphone oder ein Tablet in die Hände bekommen. Spätestens, wenn sie das Gerät wieder weglegen sollen, gibt es öfters Diskussionen oder gar Geschrei. Dass schon kleine Kinder mit Bildschirmen in Kontakt kommen, lässt sich jedoch kaum verhindern, denn digitale Medien sind allgegenwärtig. Eltern sind gefordert und auf der Suche nach fundierten Empfehlungen.
Einige von ihnen trafen sich am Donnerstag in der Kantonsbibliothek Liestal zum Workshop bei Laurent Sedano. Seit drei Jahren ist er dort als Fachperson Medien- und Informationskompetenz tätig. Hauptsächlich mit digitalen Medien befasst er sich bereits seit über fünfzehn Jahren, unter anderem bei Pro Juventute. Empfehlungen gebe es viele, sagt Sedano. Diese seien ganz unterschiedlicher Natur, und ein grosser Teil davon nicht praxistauglich.
Widerstand zwecklos
Zu Beginn des Workshops legte Sedano dar, welche Bedürfnisse Kinder, angefangen vom Neugeborenen bis zum Kleinkind, haben. Je mehr gemeinsame Aktivitäten, Erlebnisse und Bewegung, die möglichst alle fünf Sinne ansprechen, um so besser. Digitale Medien brauche es dafür noch nicht. Als fragwürdiges Beispiel zeigte er die Werbung für ein Spielzeughandy, das für Kinder ab eineinhalb Jahren angeboten wird.
Kinder ganz von digitalen Medien fernzuhalten sei utopisch und auch nicht sinnvoll, wie Sedano weiter ausführte. Die Kinder sähen ja tagein tagaus, wie die Erwachsenen um sie herum auf Bildschirme schauten. Und selbst wenn im eigenen Zuhause digitale Medien kein Thema seien, kämen sie spätestens ausserhalb der eigenen vier Wände in Kontakt damit. Dann doch besser selber den Umgang damit mit den Kindern lernen und sie begleitend ihre Erfahrungen machen lassen.
Eine Empfehlung habe er aber, die Sinn mache und sich recht gut bewähre, sagte der Spezialist. Sie hat die Abkürzung «3/6/9/12». Diese Zahlenreihe steht für die folgenden Empfehlungen: Kein Bildschirm vor 3 Jahren, kein eigenes Gerät vor 6 Jahren, kein Internetsurfen vor 9 Jahren und kein unbegleitetes Surfen vor 12 Jahren. Natürlich seien diese Altersangaben nicht sakrosankt, und wenn mal eine Ausnahme gemacht würde, nehme ein Kind nicht gleich Schaden. Aber als Richtschnur, an der sich Eltern orientieren könnten, könne diese Regel hilfreich sein.
Beim Thema «Vorbild sein» empfiehlt Sedano, offen mit den Kindern zu sein und beispielsweise zu zeigen, was man am Bildschirm tut. So sehen sie, dass es nicht immer nur rein zum Vergnügen sei, wie beispielsweise Filme schauen, sondern eben auch Arbeit sein kann oder das Lesen von Berichten und Zeitungsartikeln. So wird das Gerät zu etwas Normalem und nicht zum verbotenen und damit noch begehrenswerteren Objekt.
Streitereien verringern
Sehr empfehlenswert sei, meinte Sedano, wenn sich Eltern frühzeitig Gedanken machen, wann, wie lange und in welcher Form das Kind digitale Medien nutzen dürfe. Dies könne helfen, Streitereien zu vermeiden, und man müsse nicht jeweils neu aus dem Bauch heraus entscheiden. Nicht zu empfehlen sei es, dass ein Handy oder Tablet zum Trösten überlassen werde und auch nicht zur Belohnung. Dadurch könnten unerwünschte Verknüpfungen von Geräten und Gefühlen entstehen.
Um dem Kind einen gesunden Umgang mit digitalen Medien zu ermöglichen, gibt es durchaus geeignete Spiele und Apps. Die Kantonsbibliothek ergänze laufend ihre entsprechenden Empfehlungen und gebe diese auch gerne ab. Ein solches Beispiel, das an diesem Abend genannt wurde, ist eine App namens «Bäumchen schüttle dich». Diese sei einfach und intuitiv, habe eine gute Spieldauer und eigne sich zum Spielen zu zweit. Sowieso bleibe die beste Empfehlung, ob analog oder digital: möglichst viel gemeinsam machen und entdecken und dabei möglichst viele Sinne nutzen.