«So kann man nicht geschäften»
08.08.2025 SchweizNationalrat Thomas de Courten fordert Entlastung für Unternehmen
Der US-Präsident setzt die Schweizer Wirtschaft mit seiner Zollpolitik stark unter Druck. Für SVP-Nationalrat und Pharma-Interessenvertreter Thomas de Courten ist klar: Die Schweiz darf sich nicht der ...
Nationalrat Thomas de Courten fordert Entlastung für Unternehmen
Der US-Präsident setzt die Schweizer Wirtschaft mit seiner Zollpolitik stark unter Druck. Für SVP-Nationalrat und Pharma-Interessenvertreter Thomas de Courten ist klar: Die Schweiz darf sich nicht der Willkür von Donald Trump ausliefern, sondern muss aus eigener Kraft wieder wettbewerbsfähig werden.
Christian Horisberger
Herr de Courten, der letzte Verhandlungsversuch des Schweizer Bundesrats blieb ohne Wirkung, seit gestern gelten die 39 Prozent Zoll für Schweizer Importe in die USA. Pharma-Produkte wurden davon ausgenommen. Weshalb?
Thomas de Courten: Da fragen Sie besser Herrn Trump … Er hat offenbar ein Problem mit den hohen Preisen von Medikamenten in den USA. Diese sind aber das Produkt des US-Preisbildungssystems. Falsche Anreize treiben die Preise beim Zwischenhandel in die Höhe. Das ist ein Problem, das die US-Administration nur innenpolitisch lösen kann. Zum Beispiel mit einem Regulierungssystem, wie es die Schweiz kennt. Bei uns verhandelt der Bund die Preise mit den Produzenten. Sie sind also staatlich reguliert. Mit Zöllen werden die Preise in den USA nur noch höher getrieben.
Die Schweizer Pharma soll ihre Preise in den USA senken, andernfalls will Donald Trump die Zölle auf 250 Prozent ansetzen. Ist das ein realistisches Szenario oder eine blosse Drohung?
Es ist eine leere Drohung an die globale Pharmaindustrie, nicht nur an unsere Schweizer Konzerne. Dieser Ansatz ist weder realistisch noch umsetzbar und würde massive Versorgungsengpässe in den USA auslösen.
Aber ernst nehmen muss man sie trotzdem …
Die Trump-Administration ist ganz offensichtlich kein verlässlicher Partner für vernünftige Verhandlungen: Unsere erste Delegation hatte alle relevanten Kreise ins Boot geholt und Vorbereitungen für einen guten Deal getroffen. Es gab eine mit den US-Behörden ausgehandelte Absichtserklärung – und am Ende schmeisst der Präsident einfach alles über den Haufen. Oder: Die Schweizer Pharma hat angekündigt, in den USA Milliardeninvestitionen in Produktionsstätten zu tätigen, also Entgegenkommen signalisiert. Und jetzt drohen 250 Prozent Einfuhrzölle für Medikamente. Das ist keine Basis für verlässliche Deals.
Sondern? Die USA sind für unzählige Schweizer Betriebe ein sehr wichtiger Markt.
International tätige Konzerne können mit so einer Situation noch eher umgehen. Im Gegensatz dazu eine Vielzahl Unternehmen – auch im Baselbiet –, die Produkte wie beispielsweise Uhren, Maschinen oder Lebensmittel exportieren. Diese sind in den USA mit den neuen Zöllen nicht mehr konkurrenzfähig. Als Unternehmer muss ich anderweitig wettbewerbsfähig bleiben. Dabei können und müssen der Gesetzgeber und unsere Verwaltung auf allen Stufen nun helfen.
Sollen Schweizer Unternehmen den US-Markt vergessen und stattdessen andere Absatzmärkte erschliessen?
Die Schweiz kann und soll weiter mit den USA verhandeln, aber was dabei herauskommt, ist ungewiss. Deshalb müssen wir den Unternehmen über einen anderen Weg helfen, mit der Unterstützung des Bundes.
Wie?
Mit Steuerentlastungen, dem Abbau von administrativen Hürden, weniger Vorschriften, einfacheren Investitionsregeln, beschleunigten Bewilligungsverfahren und neuen Freihandelsabkommen. Damit können Unternehmen Handlungsspielraum zurückgewinnen. Wir haben nicht die Macht, Trump unter Druck zu setzen, und er ist nicht der einzige Raubritter der Welt. Umso wichtiger ist es, Strategien zu entwickeln, um unabhängiger zu werden.
Fühlen Sie sich angesichts der Willkür, mit der Donald Trump agiert, manchmal ohnmächtig?
Nein, das bringt nichts, wir müssen vorwärtsschauen, um Handlungsspielraum zu gewinnen, damit die Unternehmen wieder wettbewerbsfähig werden können. Wir haben zum Beispiel die OECD-Mindeststeuer für Unternehmen eingeführt, um mit den USA konform zu sein. Diese aber halten sich selber gar nicht daran. Deshalb: abschaffen! Gleiches gilt für unsere aktuelle Energieoder Klimapolitik. Ohnmächtig sein, heisst, sich ergeben. Das Darniederliegen vor einem Erpresser kann nicht unsere Strategie sein.
Für die EU gelten 15 Prozent. Schweizer Unternehmen könnten in EU-Ländern produzieren und von dort aus den US-Markt bedienen. Ist die EU ein gangbarer Weg?
Ich bin daran, die Unterlagen zum EU-Vertrag zu lesen. Wenn ich dort in die Details gehe und nachvollziehe, was für ein Bürokratie- und Regulierungsmonster wir übernehmen müssten, ist das wirklich erschreckend. Viele unserer Unternehmen sind eng mit der EU verbunden und haben dort auch Produktionsstätten. Freihandel und Partnerschaften sollen erhalten bleiben. Gute Beziehungen mit den Nachbarn zu pflegen soll aber nicht heissen, dass wir durch einen Vertrag mit der EU genau das mit uns machen lassen, was uns Trump jetzt vorexerziert: «Tun wir nicht, was uns gesagt wird, bekommen wir eins auf die Finger.»
Die Schweiz und Dutzende weitere Nationen treffen die Zölle hart. US-innenpolitisch aber – und das ist es, was Trump interessiert – könnte er mit den Zolleinnahmen und Deals am Ende auch einen Sieg feiern. Wie denken Sie darüber?
Ich bin davon überzeugt, dass diese Zollpolitik ein volkswirtschaftlicher Rohrkrepierer ist. Den Preis dafür werden die Amerikaner bezahlen müssen – mit höheren Konsumentenpreisen und einer schwächeren Wirtschaft. Ich glaube nicht daran, dass die US-Industrie durch Abschottung über höhere Zölle gestärkt wird. Alle massgebenden Volkswirtschaftsexperten teilen diese Meinung.
ie Schweiz will die 39 Prozent Zollgebühren nicht auf sich sitzen lassen und weiter verhandeln. Welches Vorgehen verspricht den grössten Erfolg?
Die Schweizer Delegation muss wichtige Wirtschaftsvertreter zu den Gesprächen mit den USA mitnehmen, damit diese ihre Argumente auf Augenhöhe mit dem Unternehmer Trump vorbringen können. Ausserdem müssen die Schweizer Unternehmer, die von diesen Zöllen direkt betroffen sind, mit ihren Geschäftspartnern in den USA in Kontakt treten und erklären, welche Auswirkungen diese Zollpolitik auch für die Volkswirtschaft der USA hat, damit sich dort drüben auch innenpolitisch etwas bewegt.