So geht Dorffest – das Gewerbe macht’s vor
20.05.2025 Bezirk Sissach, Wirtschaft, Region, BaselbietDie «Mega» braucht sich vor dem ESC nicht zu verstecken
Informativ, überraschend, unterhaltend und charmant: Das Gewerbe aus Sissach und Umgebung hat der Bevölkerung mit der dreitägigen «Mega» eine Ausstellung geboten, die es mit jedem Dorffest ...
Die «Mega» braucht sich vor dem ESC nicht zu verstecken
Informativ, überraschend, unterhaltend und charmant: Das Gewerbe aus Sissach und Umgebung hat der Bevölkerung mit der dreitägigen «Mega» eine Ausstellung geboten, die es mit jedem Dorffest aufnehmen kann.
Christian Horisberger
Sich einer breiten Öffentlichkeit bekannt machen, seine Produkte und Dienstleistungen präsentieren und sich als Lehrbetrieb empfehlen: Dafür ist eine Gewerbeausstellung da. Die «Mega» in Sissach ist mehr. Hier begegnen sich Menschen, haben eine gute Zeit, erleben ein Volksfest. Um Geschäfte abzuschliessen, heisst es an den Ständen unisono, mache man nicht an der Ausstellung mit. Wobei die Visitenkarten dennoch locker sassen.
Mit der dreitägigen Schau hat das Sissacher Gewerbe insgesamt eine hervorragende Visitenkarte abgegeben. Darauf stehen «Engagement», «Fantasie» «Charme», «Freundlichkeit» und «Zusammenstehen». Die Beteiligten, darin eingeschlossen die OK-Mitglieder, erhielten bereits an der Eröffnungszeremonie Lob von höchster Stelle: «Die ‹Mega› kann es mit dem Eurovision Song Contest in Basel aufnehmen», sagte Regierungspräsident Isaac Reber mit einem Augenzwinkern. Gemeindepräsident Peter Buser zog den Hut vor den Gewerbetreibenden: «Wir als Gemeinde hätten es nicht geschafft, ein solches Dorffest auf die Beine zu stellen.»
In Zeiten der Digitalisierung und Anonymisierung brauche es Kontaktmöglichkeiten, die sich bei Gelegenheiten wie dieser böten, sagte Isaac Reber. Sie trügen dazu bei, das Vertrauen ins regionale Gewerbe zu stärken. Der Baselbieter Baudirektor beglückwünschte den Gewerbeverein rückwirkend für seinen visionären Schritt, die Gewerbeschau 2010 aus der Sporthalle Tannenbrunn mitten ins Dorf zu bringen. «Das ist ein mutiger und guter Entscheid gewesen, Daniela.» Reber sprach damit nicht zuletzt Nationalrätin Daniela Schneeberger an, die damalige Präsidentin des Gewerbevereins Sissach.
Die heutige Chefin der Sissacher Gewerbler, Christine Tschan, dankte den mitwirkenden Betrieben für deren Euphorie und Energie, die sie in die «Mega» steckten, und OK-Chef Mario Herger den kompetenten Mitgliedern seines OKs, ehe sie alle miteinander mit einem Konfettiregen das Startsignal für die Ausstellung gaben.
Also auf ins Getümmel!
Mögen Hypotheken und Hausratversicherungen im Alltag für jeden Menschen wichtig sein – sich damit an einer Gewerbeschau attraktiv zu inszenieren, ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Mit Spiel, Charme und Popcorn haben die Versicherer oder Banken sie bewältigt. Mit der «Helvetia» müssen wir allerdings ein Hühnchen rupfen: In ihrem aufblasbaren Chalet wird kein (!) Fondue serviert. Stattdessen müssen die Besuchenden dort arbeiten: An einem Slalom-Simulator wird um Tickets für die nächsten Weltcuprennen am Lauberhorn und am «Chuenisbärgli» um die Wette gefahren. Auch gut!
Kein Holz zum Nageln übrig
Wie die Versicherer haben auch die Banker ihre Krawatten daheim gelassen. Bei der UBS werden Nägel mit Köpfen gemacht: Wer seinen Nagel als Erster im Nagelstock versenkt hatte, bekommt einen Preis. Das Wettnageln spricht sich in Windeseile herum und schon am Freitag ist auf dem Nagelstock vor lauter Metall fast kein Flecken Holz mehr zu finden. Beim «Mega»- Hauptsponsor BLKB kommen die Besucher über die Teilnahme an einem Wettbewerb, Getränk und Snacks mit den Gastgebern ins Gespräch – unter anderem übers Ausbildungswesen, denn die Bank wirkt wie 25 weitere Ausstellende beim Programm «Schule@ Gewerbe» mit.
«G&H, wer?» Das Engagement der G&H Insektenschutzgitter GmbH als zweiter Hauptsponsor der «Mega» dürfte manche Besucher überrascht haben. Wer weiss schon, dass es sich beim neu in Buckten domizilierten Unternehmen um den Schweizer Branchenführer handelt? In einem eigenen Zelt führen die G&H-Berater vor, wie Mücken draussen bleiben, ohne dass ein Insektenmassaker angerichtet werden muss.
Auf dem Streifzug durchs «Mega»- Gelände sticht natürlich die imposante «Villa PM Mangold» vor der Firma Buess Weinbau und Weinhandel AG ins Auge. Nicht ganz so pompös gestaltet ist der offene Pavillon von Bläuer-Holzbau, ebenfalls in der Begegnungszone. Auf Stahl setzt derweil die Itinger Firma Christen. Für den «Mega»-Auftritt hat das Transport-, Muldenserviceund Gartenbauunternehmen einen Transportcontainer in eine Bar umfunktioniert.
Der gelungene «Mega»-Auftritt freut einen Mann doppelt: Max Christen. Der Firmengründer durfte sich am Sonntag am Stand zum 70. Geburtstag gratulieren lassen.
Aussteller spannen zusammen
Wenn in der «Mega»-Berichterstattung von Bars die Rede ist, dürfen zwei weitere nicht unerwähnt bleiben: jene im schmucken silbernen Trailer der Kantonalbank und die «Bar rouge» in der «Alten Metzg». Unter dem Titel «Mega rot» haben Maler Kamber, Wohntip, Gipser Schaub und das Ingenieurbüro HWS das ganze Lokal rot eingefärbt und eingerichtet, mit der eleganten Bar als Blickfang (siehe auch Seite 4).
Kooperationen wie in der «Alten Metzg» fallen an der diesjährigen Mega mehrere auf. Im Zelt 4 in der Begegnungszone dreht sich alles um Bewegung und Gesundheit. Die Besucherinnen und Besucher können hier ihre Fitness, Reaktion, Beweglichkeit, Sehkraft und auf dem Velo die Power in den Oberschenkeln testen. Der gemeinsame Auftritt wird unterstrichen durch einheitliche T-Shirts. Man schottet sich nicht mit einer Wand gegen den Nachbarn ab, stattdessen gehen die Ausstellungsflächen fliessend ineinander über. Das schafft ein angenehmes Raumgefühl und die zirkulierenden Besucher fühlen sich selbst dann nicht eingeengt, wenn es einmal staut.
Im Zelt 1 lassen die Aussteller das Glücksrad darüber entscheiden, an welchem Stand es für die Besucherinnen und Besucher ein «Bhaltis» gibt. Dieses Miteinander ist bis ins Kleinste zu beobachten. Im Zelt 5 haben ausgerechnet zwei Standnachbarn je eine Popcorn-Maschine in Betrieb genommen. Man einigt sich kurzerhand: meine süss, deine salzig.
Popcorn (salziges) gibt es auch im Dietisberg-Mini-Kino. Gezeigt wird ein professionell gedrehtes Filmporträt, welches das Wohn- und Werkheim bereits im Jahr 2022 produzieren liess. Der zwölfminütige Streifen beschreibt mit Humor, Selbstironie und ganz viel Herz die Menschen, das Leben und das Arbeiten auf dem Dietisberg. Wer die Vorstellungen an der «Mega» verpasst hat, kann den Film bequem im Heimkino, mit selber gemachtem (auch süssem) Popcorn anschauen.
Entspannt und kompetent
Durst ist am Stand des Forstreviers Sissach das grosse Thema. Aber nicht etwa, weil hier keine Getränke ausgegeben werden, sondern wegen der Buchen auf der Sissacher Fluh. Diese konnten ihren Durst nicht stillen, erkrankten und wurden im Interesse der Sicherheit der Ausflügler gefällt. Laut Niggi Bärtschi, Waldchef im Sissacher Bürgerrat, reklamieren viele Menschen wegen des Kahlschlags an der exponierten Stelle. Das Forstpersonal sei darauf vorbereitet und gebe kompetent und verständlich Auskunft.
Kompetent und verständlich, aber auch geduldig und freundlich – so erleben wir von Freitag bis Sonntag alle Ausstellerinnen und Aussteller – vom Chef bis zum Lehrling, ob beim Rohrreiniger, Whiskybrenner, Carchauffeur oder beim Verkäufer von Rasenmäher-Traktoren. Die Ausstellenden nehmen sich für alle Besuchenden die nötige Zeit, man fühlt sich überall willkommen.
Wollte man allen 135 Teilnehmenden der «Mega» gerecht werden, würde eine «Volksstimme»-Ausgabe nicht ausreichen. Dieser Beitrag kann nur ansatzweise beschreiben und würdigen, was jeder einzelne Aussteller geleistet hat, um der «Mega» zum Gelingen zu verhelfen. Mit der dreitägigen Ausstellung hat das lokale Gewerbe nicht nur Sissach, sondern dem ganzen Oberbaselbiet ein rauschendes Dorffest geschenkt und viele Sympathiepunkte gesammelt.