Römischer Gutshof feiert Wiederauferstehung
17.06.2025 Bezirk Sissach, Baselbiet, OrmalingenAusstellung im Bürgerhaus widmet sich der «villa rustica» am Südfuss des Farnsbergs
Im Ormalinger Bürgerhaus ist derzeit eine Ausstellung zu sehen, welche die Geschichte eines römischen Gutshofs am Farnsberg aufrollt. Deren Macher ist Markus Schaub, der ...
Ausstellung im Bürgerhaus widmet sich der «villa rustica» am Südfuss des Farnsbergs
Im Ormalinger Bürgerhaus ist derzeit eine Ausstellung zu sehen, welche die Geschichte eines römischen Gutshofs am Farnsberg aufrollt. Deren Macher ist Markus Schaub, der lange Zeit bei der Archäologie Baselland tätig war.
Thomas Gubler
Die Farnsburg in Ormalingen braucht man niemandem mehr vorzustellen. Das Oberbaselbieter Wahrzeichen kennt jeder. Dass Ormalingen auch über andere Zeugen aus historischer Zeit verfügt, ist indessen weniger bekannt. So stand etwa im heute praktisch vollständig überbauten Gebiet des südlichen Farnsbergs ein römischer Gutshof, eine «villa rustica». Zu diesem Gutshof und dessen Geschichte läuft gegenwärtig eine von der Kantonsarchäologie Baselland unterstützte Ausstellung im Ormalinger Bürgerhaus an der Farnsburgstrasse 57, die am Freitag eröffnet wurde.
«Dieser Gutshof war eine rechte Anlage», sagte Markus Schaub, Kurator der Ausstellung, an der hervorragend besuchten Vernissage. Schaub, der über 40 Jahre lang in verschiedenen Funktionen in der Römerstadt Augusta Raurica tätig war, hat quasi als Begleitung der Ausstellung in einer 48-seitigen, reich illustrierten Broschüre dargestellt, wie der Gutshof samt seiner Umgebung ausgesehen haben könnte. Und das Resultat ist so beeindruckend, dass man in Versuchung gerät, den Hof im entsprechenden Quartier suchen zu gehen.
Erste Grabungen
Dass im Gebiet der Fluren Wolhusen und Buchs eine uralte Siedlung gestanden haben soll, wurde gemäss Schaubs Broschüre in örtlichen Sagen seit Jahrhunderten erzählt. In den Jahren 1906 bis 1908 wurden dann bei Grabungen im Auftrag der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft Basel und unter Leitung des damaligen Ormalinger Pfarrers Fritz La Roche (1868 – 1949) die Grundmauern eines grossen antiken Gebäudes freigelegt. Das Resultat der Arbeiten wurde in einem umfassenden Grabungsbericht festgehalten.
Beim Gebäude handelte es sich um das Herrenhaus eines römischen Gutshofs (villa rustica) von beträchtlichem Ausmass. Die zweistöckige Villa war rund 50 Meter lang und 11,5 Meter breit, mit einem Laubengang im Eingangsbereich. Das Gebäude umfasste 14 Räume im Erdgeschoss.
Der landwirtschaftliche Gutshof dürfte vom ersten Jahrhundert bis ins dritte Jahrhundert nach Christus bewohnt und in Betrieb gewesen sein. Wahrscheinlich hat er der Nahrungsmittelversorgung der Kolonie Augusta Raurica gedient, die in ihrer Blütezeit 15 000 bis 20 000 Einwohner gezählt hatte.
Erneute Grabungen 2017 und 2023
Gut 100 Jahre später wurden im Jahr 2017 bei Notgrabungen infolge von Bauvorhaben ein Badegebäude und ein wahrscheinlich als Ökonomie- und Gesindegebäude genutzter Nebenbau entdeckt, die zum Gutshof gehört hatten, und 2023 schliesslich ein zum Herrenhaus gehörendes, heizbares sogenanntes Winterzimmer. Die Räume des Bads zeigen dabei den damals klassischen römischen Badeablauf: Umkleideraum, Kaltbad, Warmbad und Heissbad mit Heisswasserbecken und Feuerungskanal für die Boden- und Wandheizung.
Bewohnt wurde der Ormalinger Gutshof während seines gut 200-jährigen Bestehens von den Familien der jeweiligen Gutsbesitzer mit acht bis zehn Personen sowie 15 bis 20 Bediensteten und Arbeitern im landwirtschaftlichen Betrieb.
Aufgabe nach Germaneneinfällen
Und was geschah schliesslich mit der ziemlich luxuriös ausgestatteten «villa rustica» am Ormalinger Farnsberg? Die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts, die auch eine teilweise Entvölkerung von Augusta Raurica zur Folge hatten, dürften dazu geführt haben, dass der Gutshof aufgegeben und verlassen wurde.
Was mit den Überresten des verlassenen Gutshofs geschah, ist nicht bekannt. Gesicherte Hinweise auf das Entfernen von Mauersteinen fehlen. Als Arbeitshypothese ist indessen laut Markus Schaub denkbar, «dass Baumaterial des Gutshofs beim Bau der ersten steinernen Kapelle/Kirche von Ormalingen verwendet wurde».
Schliesslich, so die Vermutung, könnte der römische Gutshof aber insofern «überlebt» haben, als er zum Namensgeber von Ormalingen wurde. Der Hof soll nämlich dereinst einem gewissen «Norbold» oder «Nordmann» gehört haben, und dieser Name hätte sich über die Begriffe «Normandingen» und «Normalingen» zum heutigen Ormalingen entwickelt.
Die Ausstellung im Ormalinger Bürgerhaus ist an folgenden Daten noch zu sehen: 17. Juni, 14 bis 16 Uhr; 21. Juni, 14 bis 17 Uhr; 22. Juni, 14 bis 16 Uhr; 24. Juni, 14 bis 16 Uhr; 26. Juni, 14 bis 16 Uhr. Die Broschüre «Die römische Villa mit Bad in Ormalingen» mit mehr als 40 Illustrationen kann zum Preis von 8 Franken in der Ausstellung oder beim Autor Markus Schaub bezogen werden.