Retter verdrängen Retter
14.03.2024 Gelterkinden, Gelterkinden, BaselbietDas First-Responder-Team der Feuerwehr muss aufgelöst werden
Die Feuerwehr Gelterkinden und Umgebung zählte 15 Ersthelfer in ihrer Mannschaft. Doch das Team wird nun per sofort aufgelöst. Der Grund: Die Stiftung Ersthelfer Nordwestschweiz deckt diese Hilfeleistung im ...
Das First-Responder-Team der Feuerwehr muss aufgelöst werden
Die Feuerwehr Gelterkinden und Umgebung zählte 15 Ersthelfer in ihrer Mannschaft. Doch das Team wird nun per sofort aufgelöst. Der Grund: Die Stiftung Ersthelfer Nordwestschweiz deckt diese Hilfeleistung im Auftrag der Kantone in beiden Basel ab.
Andreas Hirsbrunner
Aus der Mitteilung des Feuerwehrrats von Gelterkinden und Umgebung (Rickenbach und Tecknau) spricht die Enttäuschung: Nach 15 Jahren müsse das First-Responder-Team «leider» aufgelöst werden. In zahlreichen Gesprächen mit den Verantwortlichen des Kantons habe das Blatt «leider» nicht gewendet werden können. Und die Präsidentin des Feuerwehrrats, die Gelterkinder Gemeinderätin Manuela Schällibaum, ergänzt auf Nachfrage, dass die Auflösung per sofort erfolge.
Die Zeichen dafür hätten sich in den vergangenen zwei Jahren verdichtet, im vergangenen Dezember habe man das letzte Gespräch mit dem Kanton geführt, im Januar sei dann die schriftliche Bestätigung von diesem gekommen, dass das First-Responder-Team von der Sanitäts-Notrufzentrale beider Basel nicht mehr aufgeboten werde.
Team leistete über 300 Einsätze
Das Team umfasste 15 Personen, alles Mitglieder der Feuerwehr Gelterkinden und Umgebung. Ihre Aufgabe war es, bei medizinischen Notfällen helfend zu überbrücken, bis der Rettungsdienst eintraf. Das konnte entscheidend sein, denn die für die entsprechenden Einsätze geschulten Teammitglieder waren schneller vor Ort, weil sie in Gelterkinden und Umgebung wohnen.
Das Team habe seit 2009 mehr als 300 Einsätze geleistet, sagt Schällibaum. Es sei bei medizinischen Indikationen aufgeboten worden, so etwa bei Herzstillstand, Atemnot, Schlaganfall, Brustschmerzen oder bedeutenden allergischen Reaktionen. Und die Rückmeldungen aus der Bevölkerung, aber auch von den Rettungsdiensten seien praktisch ausschliesslich positiv gewesen. Schällibaum stellt resigniert fest: «Wir bedauern die Auflösung, haben aber keine andere Handhabung.»
Damit spielt die Gelterkinder Gemeinderätin auf Veränderungen im bikantonalen Gesundheitswesen an, insbesondere die Gründung der Stiftung Ersthelfer Nordwestschweiz im Jahr 2018. Diese Stiftung mit Sitz am Universitätsspital Basel, in deren Stiftungsrat vor allem Ärzte, aber auch der Baselbieter Feuerwehrinspektor und die Präsidentin des Samariterverbands beider Basel sitzen, hat in den vergangenen Jahren sukzessive die Rolle der örtlichen First-Responder-Teams übernommen.
Jürg Sommer, Leiter des kantonalen Amts für Gesundheit, sagt dazu: «Die Gründung dieser Stiftung war die Folge eines Vorstosses im Landrat im Jahr 2017. Sie übernimmt alle Einsätze wegen Herzstillstands in den Kantonen Baselland und Basel-Stadt und wird dafür finanziell entschädigt. Wir verlassen uns auf sie und benötigen die lokalen First-Responder-Teams nicht zusätzlich.» Auch aus Gelterkinden seien einige Feuerwehrleute als Ersthelfer registriert bei der Stiftung. Mit ein Grund, dass der Kanton auf diese Stiftung setze, sei der Datenschutz. Die Alarmierung der Ersthelfer geschehe über eine App und es gehe nicht, dass die halbe Feuerwehr sehe, wer im Dorf einen Herzinfarkt erlitten habe.
Für jene Ersthelfer, die bisher beim Gelterkinder Feuerwehrteam mitmachten und jetzt zur Stiftung wechseln, ändert sich die Entschädigung: Bei der Feuerwehr waren die Einsätze besoldet, bei der Stiftung Ersthelfer Nordwestschweiz erfolgen sie ehrenamtlich. Die Stiftung verfüge in beiden Basel über mehr als 2000 Freiwillige, sagt Geschäftsführerin Céline Marchon.
Sanität wird im Dorf stationiert
Auch wenn in Gelterkinden längst nicht alle die Entwicklung positiv sehen, eine unbestritten gute Botschaft gibt es für die Oberbaselbieter Zentrumsgemeinde dennoch: Per Mitte Jahr stationiert das Kantonsspital Baselland in Gelterkinden einen Rettungswagen samt Personal – und das rund um die Uhr. Dies sei die Konsequenz daraus, dass die Rettungseinsätze aus Liestal ins Oberbaselbiet häufig zu lange dauerten, sagt Sommer. Gelterkinden werde nun nach Liestal und Laufen zum dritten Standort im Kanton mit einem Rettungswagen. Es brauche aber deshalb nicht weniger Ersthelfer im oberen Kantonsteil, denn diese seien nach wie vor am schnellsten vor Ort.
Auch Manuela Schällibaum begrüsst grundsätzlich die Stationierung eines Rettungswagens in ihrem Dorf: «Das finde ich per se nicht schlecht, denn es verkürzt die Hilfsfristen deutlich. Gleichzeitig ist es aber ein weiteres Puzzlestück, das zur Auflösung unseres First-Responder-Teams beitrug.» Dieses Team soll übrigens an der diesjährigen Feuerwehr-Hauptübung gebührend verabschiedet werden.