Rassismus beginnt im Alltag
04.11.2025 Baselbiet, Gemeinden, Region, Baselbiet, GesellschaftIm Museum.BL wird sichtbar, wie Bildung Haltungen verändern kann
Wie können Schulen und Lehrpersonen Kinder für Diskriminierung sensibilisieren? Diese Frage rückte das Museum.BL mit der Ausstellung «Wir und die Andern. Vom Vorurteil zum Rassismus» und ...
Im Museum.BL wird sichtbar, wie Bildung Haltungen verändern kann
Wie können Schulen und Lehrpersonen Kinder für Diskriminierung sensibilisieren? Diese Frage rückte das Museum.BL mit der Ausstellung «Wir und die Andern. Vom Vorurteil zum Rassismus» und einer begleitenden Podiumsdiskussion in den Fokus. Fazit: Der Wandel beginnt bei uns selbst.
Wendy Maltet
Die Ausstellung, ursprünglich vom Musée de l’Homme in Paris konzipiert und für die Schweiz adaptiert, beleuchtete die Entstehung von Vorurteilen und Rassismus aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven. Im Museum.BL lag der Fokus der Ausstellung «Wir und die Andern. Vom Vorurteil zum Rassismus» auf der Schule: Rund 20 Workshops wurden für Klassen durchgeführt. Schülerinnen und Schüler setzten sich unter fachkundiger Leitung altersgerecht mit eigenen Denkmustern, Stereotypen und Vorurteilen auseinander – mit dem Ziel, Diskriminierung zu erkennen und zu hinterfragen.
Im Rahmen der Ausstellung fand am vergangenen Donnerstag eine Podiumsdiskussion statt. Zu Beginn der Veranstaltung begrüssten Elisa Carantina, Leiterin von Stop Rassismus Schweiz, Martin Bürgin, Integrationsbeauftragter des Kantons Baselland, Regierungsrätin Kathrin Schweizer sowie Marc Limmat vom Museum.BL das Publikum. Sie betonten die gesellschaftliche Bedeutung des Themas und die Rolle von Schulen und Bildungseinrichtungen als wichtige Orte der Sensibilisierung. Schweizer hob hervor, dass man die Verantwortung nicht allein den Schulen überlassen könne, diese aber einen entscheidenden Hebel hätten, um Haltungen zu prägen.
Auf dem Podium nahmen Maneva Tafanalo Salaam (Sekundarlehrerin und psychosoziale Beraterin), Ayélé Koulekpato (Primarlehrerin, Expertin für Rassismussensibilisierung in Jugendarbeit und Bildung) und Açelya Aydin (wissenschaftliche Mitarbeiterin an der PH der Fachhochschule Nordwestschweiz, Lehrperson Sekundarstufe) Platz. Die Moderatorin Elisa Da Costa leitete das Gespräch. Bereits früh fiel der Satz: «Wir sind alle rassistisch sozialisiert.» Rassismus beginne nicht erst bei offener Diskriminierung, sondern in Sprache, Verhalten und unbewussten Zuschreibungen.
Die Lehrpersonen berichteten, dass Ausgrenzung bereits im frühen Alter stattfinde. Diskriminierende Aussagen oder Vorfälle würden oft nicht gemeldet, weil Kinder und Eltern befürchteten, dadurch noch stärker ausgegrenzt zu werden. «Rassismus ist ein unbequemes Thema – und unbequeme Themen lässt man lieber aus», sagte Salaam. Hinzu komme die Angst vor Rassismusvorwürfen. Viele Lehrpersonen fühlten sich unsicher, wie sie reagieren sollten, wenn sie Rassismus erlebten oder beobachteten.
Auch eine Ressourcenfrage
Ayélé Koulekpato betonte, wie wichtig eine klare Haltung im Klassenzimmer sei. Klassenregeln und gemeinsame Werte müssten mit Kindern und Eltern erarbeitet und klar kommuniziert werden. Nur so könne Vertrauen entstehen und ein respektvolles Miteinander wachsen. Gleichzeitig, so die Podiumsteilnehmenden, sei die Auseinandersetzung mit Diskriminierung auch eine Ressourcenfrage: Lehrpersonen, Eltern und Schülerinnen und Schüler seien im Alltag oft stark gefordert, und Sensibilisierungsarbeit brauche Zeit und Unterstützung.
Açelya Aydin sprach sich dafür aus, dass die Themen Rassismus, Vielfalt und Vorurteile fester Bestandteil der Lehrpersonenausbildung werden sollten. Freiwillige Module und punktuelle Massnahmen reichten nicht aus, um langfristige Veränderungen zu bewirken. «Wir brauchen längerfristige Formate, um Wirkung zu erzielen», sagte sie. Schulen müssten von der Normalität ausgehen, dass die Gesellschaft divers sei, und Bildungssysteme sollten entsprechend gestaltet werden.
Die Ausstellung zeigte anhand aktueller Zahlen, dass rassistische Diskriminierung in vielen Lebensbereichen präsent ist – besonders in der Arbeitswelt (54 Prozent der gemeldeten Fälle), im öffentlichen Raum (30 Prozent) und in der Schule (27 Prozent).
Ausstellung und Podium verdeutlichen, dass Rassismus kein Randthema, sondern Teil gesellschaftlicher Realität ist, auch in Schulen. Beide Formate zeigen, dass die Auseinandersetzung mit Vorurteilen und Diskriminierung nicht nur Aufgabe einzelner Personen oder Institutionen ist, sondern eine gemeinsame Verantwortung. Veränderung beginnt dort, wo Menschen bereit sind hinzusehen, zuzuhören – und sich selbst zu hinterfragen.
Sanierung erfolgreich abgeschlossen
maw. Nach einer rund zweieinhalbmonatigen Schliessung hat das Museum.BL seine Ausstellungsräume Mitte September 2025 wieder eröffnet. Während der turnusgemässen Sanierungsarbeiten wurden Lüftungs- und Heizungsanlagen revidiert, die Sicherheitsanlage ersetzt und die Beleuchtung optimiert. Die Modernisierung erhöht sowohl die Sicherheit der Besuchenden als auch den Schutz der Exponate und bringt die technische Infrastruktur des Museums auf den neuesten Stand.

