Ormalingen erzielt Teilerfolg vor Gericht
31.01.2025 Bezirk Liestal, Baselbiet, Region, NaturDie Gemeinde Ormalingen muss am östlichen Ende der Kernzone bei Ergolz und Hemmikerbach einen genügend grossen Gewässerraum ausscheiden, nicht aber beim Händschenmattbächli beim Schulhausplatz: Dort geht die Sicherheit der Renaturierung vor.
Thomas ...
Die Gemeinde Ormalingen muss am östlichen Ende der Kernzone bei Ergolz und Hemmikerbach einen genügend grossen Gewässerraum ausscheiden, nicht aber beim Händschenmattbächli beim Schulhausplatz: Dort geht die Sicherheit der Renaturierung vor.
Thomas Gubler
Am Schluss war es fast schon ein salomonisches Urteil, mit dem alle einigermassen leben können. Die Gemeinde Ormalingen muss zwar bei der Nutzungsplanung noch einmal über die Bücher, doch werden ihr keine unverhältnismässigen oder unzumutbaren Auflagen gemacht.
Doch der Reihe nach. Der Regierungsrat hat am 30. April 2024 die Ausscheidung der Gewässerräume in der Bauzone durch die Gemeinde Ormalingen nur teilweise genehmigt. Im Gebiet des Zusammenflusses von Hemmikerbach und Ergolz am östlichen Rand der Bauzone habe die Gemeinde einen zu schützenden Gewässerraum ungenügend ausgeschieden und im Bereich der Mündung des Händschenmattbächlis in die Ergolz unmittelbar neben der neuen Turnhalle gar keinen.
Gegen diesen Nichtgenehmigungsentscheid des Regierungsrats setzte sich die Gemeinde zur Wehr und erhob Beschwerde bei der Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Kantonsgerichts. Im Fall der Parzellen im Bereich Hemmikerbach/Ergolz machte die Gemeinde geltend, es handle sich hier um dicht überbautes Gebiet, in dem der ausgeschiedene minimale Gewässerraum (Gerinne plus zwei Uferbereiche) rechtmässig unterschritten werden darf. Bei Ausscheidung des vorgeschriebenen Gewässerraums sei eine Neubebauung einiger Parzellen gar nicht mehr möglich.
Verdichtung liegt nicht vor
«Unstrittig ist, dass hier der minimale Gewässerraum unterschritten ist. Die Frage ist einfach, ob zu Recht», sagte die Referentin Ana Dettwiler bei der Urteilsberatung am Mittwochnachmittag. Und kam zum klaren Schluss, dass dies nicht der Fall sei. Eine Verdichtung könne an dieser peripheren Lage nicht angenommen werden, und es liege auch kein überwiegendes Interesse an einer verdichteten Überbauung vor. «Ormalingen stellt keinen Entwicklungsschwerpunkt dar», sagte die Richterin.
Für eine Abweisung der Beschwerde sprach sich die Referentin auch in Bezug auf eine Gewässerraum-Ausscheidung im Mündungsbereich des Händschenmattbächlis auf dem Schulhausplatz aus. Und dies, obschon der Bach dort eingeholt ist und somit unterirdisch verläuft. Und dabei waren erst noch nur die letzten 10 Prozent des eingeholten Teils des Baches betroffen.
Die Gemeinde wandte dagegen vor allem ein, mit einer allfälligen Ausdolung und Renaturierung zu einem späteren Zeitpunkt – denn nur dann wird der geplante Gewässerraum auch tatsächlich realisiert – würde der Hochwasserschutz massiv verschlechtert. Zudem wäre bei Veranstaltungen die Zu- und Abfahrt von Krankenwagen und Feuerwehrfahrzeugen in Frage gestellt.
Der Mittelweg
Demgegenüber machte Referentin Dettwiler geltend, bei eingeholten Gewässern könne nur auf die Ausscheidung eines Gewässerraums verzichtet werden, soweit keine überwiegenden Interessen entgegenstünden. Die Gemeinde aber habe keine genügende Interessenabwägung vorgenommen. Entsprechend sei die Beschwerde insgesamt abzuweisen.
Das ging der fünfköpfigen Kammer unter dem Vorsitz von Vizepräsident Daniel Ivanov dann aber doch zu weit. Kantonsrichter Niklaus Ruckstuhl stellte einen Gegenantrag im Sinne einer teilweisen Gutheissung der Beschwerde: Abweisung des Teils betreffend die Parzellen im Bereich Hemmikerbach/Ergolz, Gutheissung des Teils bezüglich Händschenmattbächli/Schulhausplatz. «Die Punkte Verschlechterung des Hochwasserschutzes und Rettungszufahrt zur Turnhalle überwiegen das Interesse an einer Renaturierung», sagte Ruckstuhl, dessen Gegenantrag mit vier zu einer Stimme gutgeheissen wurde.
Bestandsgarantie
Was nun die Parzellen mit zu kleinem Gewässerraum betrifft, so muss die Gemeinde hier die Planung anpassen. Das Urteil bedeutet indessen nicht, dass bei einer Vergrösserung des Gewässerraums Gebäude zurückgebaut werden müssen. Realisiert werde dieser im Falle eines Abrisses eines nicht schützenswerten Gebäudes mit anschliessendem Neubau. Ansonsten gilt die Bestandsgarantie. Das heisst, dass ein Gebäude, solange es renoviert werden kann, nicht «in Gefahr» gerät.
Das Urteil des Kantonsgerichts dürfte für die Gemeinde zumutbar sein, wie Gemeindepräsident Henri Rigo im Anschluss an die Verhandlung gegenüber der «Volksstimme» durchblicken liess. Zumal ihr die Verfahrenskosten infolge des Teilerfolgs um 1000 Franken auf 1500 Franken reduziert wurden.