Nur die Romands und Basel
30.09.2025 Schweiz, Baselbiet, Politik, AbstimmungenSieben Kantone gegen Abschaffung des Eigenmietwerts
Wer in der Schweiz in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus lebt, muss künftig den Eigenmietwert nicht mehr versteuern. Überraschend deutlich hiessen die Stimmberechtigten die Vorlage gut. Bis zur Umsetzung wird es aber ...
Sieben Kantone gegen Abschaffung des Eigenmietwerts
Wer in der Schweiz in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus lebt, muss künftig den Eigenmietwert nicht mehr versteuern. Überraschend deutlich hiessen die Stimmberechtigten die Vorlage gut. Bis zur Umsetzung wird es aber noch dauern.
sda./vs. 1 579 300 Stimmende sprachen sich am Sonntag für die Abschaffung des Eigenmietwerts aus und 1 156 600 waren dagegen. Das ergab einen Ja-Anteil von 57,7 Prozent. Die Stimmbeteiligung lag bei 49,5 Prozent. Das Ständemehr war nie in Gefahr: In 19 Kantonen wurde die Vorlage angenommen, in 7 abgelehnt. Dabei zeigte sich der Röstigraben selten so deutlich. Die sechs Kantone der Romandie lehnten die Vorlage deutlich ab, ebenso deutlich stimmten die anderen Kantone zu. Einzige Ausnahme ist Basel-Stadt: Der Stadtkanton hätte den Eigenmietwert mit rund 53 Prozent der Stimmen ebenfalls beibehalten wollen.
Mit 60,5 Prozent Ja-Stimmen haben sich die Baselbieterinnen und Baselbieter für die Abschaffung der Besteuerung von Wohneigentum ausgesprochen. Mit Ausnahme von Birsfelden (57,3 Prozent Nein) und Oltingen (51 Prozent) haben alle Baselbieter Gemeinden sowie auch alle fünf Bezirke die Vorlage angenommen. Am deutlichsten ist die Zustimmung im Bezirk Laufen (67,5 Prozent), gefolgt von Waldenburg (64,4 Prozent) und Sissach (63 Prozent). Die tiefste Rate weist der Bezirk Arlesheim mit 58,5 Prozent auf. Liestal schliesslich liegt bei 60,3 Prozent Ja-Stimmen.
Am unbeliebtesten ist oder war der Eigenmietwert in Liesberg, wo exakt drei von vier Abstimmenden der Abschaffung zugestimmt haben. Ebenfalls eine sehr hohe Zustimmung weisen Lauwil (74,3 Prozent), Roggenburg (74 Prozent), Giebenach (73,9 Prozent), Pfeffingen (73 Prozent) und Ramlinsburg (72,9 Prozent) auf. Deutlich geht aus dem Abstimmungsergebnis hervor, dass in Zentrumsgemeinden mit einem grossen Anteil Mietwohnungen die Zustimmung unter dem kantonalen Durchschnitt liegt.
Mit Blick auf die gesamte Schweiz ist die Haltung der Gebirgskantone auffällig. Während deren Regierungen die Vorlage zur Ablehnung empfahlen, sagten die Stimmenden in deutsch-, italienisch- und rätoromanischsprachigen Tourismusgebieten klar Ja. Eine Ausnahme machte das Wallis, wo der untere, französischsprachige Kantonsteil ablehnte.
Der Abstimmungssieg geht an den Hauseigentümerverband (HEV), Wirtschaftsverbände sowie SVP, FDP und «Die Mitte». Und das, obwohl Hauseigentümerinnen und -eigentümer in der Schweiz gegenüber Mietenden in der Minderzahl sind. Der HEV Schweiz mit dem Ormalinger SVP-Landrat Markus Meier als Direktor hatte eine ungerechte Überbesteuerung kritisiert. Drei Anläufe, als Teil eines Steuerpakets oder als HEV-Initiative, scheiterten bisher auf eidgenössischer Ebene. Umso erfreulicher ist für Markus Meier das «überraschend deutliche und unmissverständliche» Ergebnis vom Sonntag. Es sei dies ein Verdienst nicht zuletzt auch des verstorbenen alt Nationalrats Hans Rudolf Gysin, der zunächst auf kantonaler und später auf nationaler Ebene für die Abschaffung des Eigenmietwerts gekämpft hatte. «Es wäre sicher eine grosse Genugtuung für ihn, wenn er das hätte erleben dürfen.»
Im gegnerischen Lager befanden sich die Kantone und besonders die Gebirgskantone, SP und Grüne, der Mieterinnen- und Mieterverband, Verbände wie etwa «Bauenschweiz» und «Swisscleantech» sowie der Gemeindeverband. Die Linke warnte vor höheren Steuern, für die auch Mieterinnen und Mieter aufkommen müssten.
Inkraftsetzung offen
Die Gebirgskantone befürchteten grosse Einnahmeverluste ohne den Eigenmietwert. Die Kantone müssen nun entscheiden, ob sie die Zweitwohnungssteuer einführen wollen oder nicht. Die Konferenz der Kantonsregierungen nannte diese neue Sondersteuer vor dem Urnengang «keine befriedigende Lösung».
«Die Reform dürfte frühestens 2028 in Kraft treten», sagte Finanzministerin Karin Keller-Sutter (FDP) am Sonntag. Das Datum der Inkraftsetzung stehe noch nicht fest. Die Kantone erhielten so genügend Zeit, um sich auf die Umstellung vorzubereiten. HEV-Direktor Meier anerkennt eine Übergangsfrist von zwei Jahren, damit die Kantone ausreichend Zeit haben, allenfalls eine kantonale Liegenschaftssteuer auf überwiegend selbstgenutzten Zweitliegenschaften einzuführen. Mehr aber nicht: Die Verfassungsänderung sei seit Sonntag in Kraft und das Stimmvolk würde eine längere Verzögerung nicht goutieren: «Zwei Jahre müssen machbar sein.»