Mit positiver Gesinnung hohes Alter erreicht
26.07.2024 Bezirk Sissach, Ormalingen, BaselbietMargrit Gisin-Wüthrich feiert heute ihren 100. Geburtstag
Heute feiert Margrit Gisin-Wüthrich mit Familienangehörigen und Behördenmitgliedern von Kanton und Gemeinde im Zentrum Ergolz in Ormalingen bei guter Gesundheit und reger Anteilnahme ihren 100. Geburtstag.
...Margrit Gisin-Wüthrich feiert heute ihren 100. Geburtstag
Heute feiert Margrit Gisin-Wüthrich mit Familienangehörigen und Behördenmitgliedern von Kanton und Gemeinde im Zentrum Ergolz in Ormalingen bei guter Gesundheit und reger Anteilnahme ihren 100. Geburtstag.
Margrit wurde am 26. Juli 1924 auf dem Bauernhof «Weid» ihrer Grosseltern in Rickenbach geboren. Ihre Mutter arbeitete im Vier-Generationen-Haus ihres Bruders am Webstuhl als Posamenterin. Ihr mittelloser Vater konnte nach dem Unfalltod seines Onkels den Hof «Obere Röthen» in Gelterkinden erwerben, auf dem er aufgewachsen war. Ab 1926 bewirtschaftete die Familie mit dem fünfjährigen Sohn und den beiden Töchtern mit grossem Fleiss gemeinsam das hügelige Gelände.
Zu Fuss oder mit dem Schlitten besuchte Margrit vom entlegenen Hof die Primar- und Sekundarschule in Gelterkinden. Mit politisch und gesellschaftlich düsteren Aussichten endete ihre Schulzeit 1939. Während ihr Vater und ihr älterer Bruder monatelang Militärdienst leisteten, mussten die Frauen und Knechte mit allen Kräften die vom Bundesrat geplante landwirtschaftliche Anbauschlacht umsetzen. Diese herausfordernde, entbehrungsreiche Zeit dauerte weit über die Zeit des 2. Weltkriegs hinaus. Lediglich in den Wintermonaten reichte es für Kurse in einer privaten Haushaltungsschule mit angegliederter Pension oder als günstige Kinderbetreuerin bei einer wohlhabenden Familie.
Während des Konfirmandenunterrichts hatte Margrit den Bauernsohn Emil Gisin aus dem Nachbardorf Rickenbach kennengelernt. Durch die Vermittlung ihres Cousins führte diese Beziehung 1947 zur Verlobung und ein Jahr später zur Hochzeit. Wie damals üblich in Bauernfamilien, wohnte Margrit nun mit den Eltern und den hochbetagten Grosseltern ihres Mannes wieder in einem Vier-Generationen-Haus auf engstem Raum unter einem Dach.
Organisation war angesagt
Nach der Geburt von Zwillingsbuben und einem dritten Knaben kam sie nach fünf Jahren an die Grenzen ihrer sozialen und erzieherischen Herausforderungen. Die Arbeiten im Haushalt, Stall, Garten und auf dem Feld waren trotz beginnender Mechanisierung für eine Bäuerin einfach unermesslich.
Als sich die Grosseltern der Kinder ein Stöckli bauten und auszogen, starben bald darauf die Urgrosseltern. Nun war genug Platz da für die fünfköpfige Familie. Allerdings fehlten nun auch unterstützende Hände bei der Arbeit oder beim Bändigen der drei Knaben.
Im Sommer halfen zwar italienische Saisonniers. Landdienstlerinnen und befreundete Familien kamen bei der Kirschenernte zum Einsatz. Für Margrit bedeutete dies, den erweiterten Haushalt und die Verpflegung umsichtig zu organisieren.
So wurde sie als vorzügliche Köchin und Bäckerin geschätzt und bewundert. Die prächtigen Geranien vor den Fenstern, die Rosen und Gemüsebeete zeigten, dass sie mit einem grünen Daumen und Begeisterung ihren Arbeitsbereich pflegte.
Während sich ihr Mann im Dorf als Schulpfleger, Bürger- und Gemeindepräsident engagierte, war sie jahrelang als Aktuarin des Frauenvereins und im Helferkreis Gelterkinden aktiv. Dorfschulmeister und Heimatgruppenleiter Ueli Stückelberger motivierte Margrit, sich im Winter neben Flickarbeiten an Socken und Hosen Zeit zu nehmen, um Stillleben zu malen, kunstvolle Scherenschnitte mit besinnlichen Motiven zu gestalten und mit breiter Feder Briefe in kalligrafisch ausgewogener Schrift an ihre Freundinnen zu schreiben.
Als einer ihrer Zwillingssöhne nach erfolgreicher Güterzusammenlegung seinen Hof ausserhalb des Dorfes beziehen konnte und auch die anderen beiden selbstständig wurden, begann für sie erstmals eine ausgelassenere Zeit. Die Erlebnisse von Reisegruppen und Ferien im In- und Ausland sind in zahlreichen Fotoalben festgehalten.
Familiäre Spannungen und gesundheitliche Beschwerden konnte sie dank ihres robusten Wesens immer wieder überwinden und ausbalancieren.
Seit ihr jüngster Sohn mit seiner Familie das Bauernhaus im Dorf übernommen hat und renovieren liess, fühlte sich Margrit mit ihrem Mann entlastet und gut aufgehoben. Als ihr Mann vor zehn Jahren pflegebedürftig wurde und 2016 nach intensiver Betreuung mit Unterstützung von Familie und Spitex zu Hause verstarb, wurde es ruhiger in Margrits Leben. Die Freude an ihren 7 Gross- und 16 Urgrosskindern überstrahlt jedoch die zunehmenden Altersbeschwerden.
Drei Monate vor ihrem 100. Geburtstag ist sie in ihrer Wohnung erneut gestürzt und seither auf intensive Betreuung und einen Rollator oder Rollstuhl angewiesen. Nach einem Erholungsaufenthalt im Zentrum Ergolz in Ormalingen ist sie wohlweislich zur Einsicht gekommen, dass die angebotene Rundumbetreuung in dieser freundlichen Institution ihrem Bedürfnis nach einem beschaulichen Lebensabend, bei dem sie niemandem zur Last fällt, bestens entspricht. Gerne führt sie Gespräche in den Wohngruppen, nimmt interessiert an Aktivitäten teil, freut sich über spontane Besuche und geniesst gemütliche Augenblicke im hauseigenen «Kaffi Ribi».
Heute kann die Jubilarin die ehrerbietenden Glückwünsche von Regierungsrat Anton Lauber und Staatsweibel Daniel Hofer sowie einer Delegation der Gemeinde- und Bürgerräte entgegennehmen. Auch am Sonntag, wenn Margrit Gisin-Wüthrich in der Turnhalle Rickenbach in einem erweiterten Kreis mit ihren Liebsten auf ihr langes Leben zurückblickt, wird ihr Gesicht bestimmt bescheiden, aber mit grosser Freude und Dankbarkeit strahlen.
Matthias Gisin