Löst Biogasanlage das Gülleproblem?
21.12.2023 Baselbiet, Abstimmungen, PolitikDas Vorhaben hat auch seine Tücken
Ein Postulat des Landrats Marco Agostini verlangt die Prüfung einer Biogasanlage in der Region. Vor einer Realisation müsse jedoch noch einiges geklärt werden – so beispielsweise ein möglicher Standort.
...Das Vorhaben hat auch seine Tücken
Ein Postulat des Landrats Marco Agostini verlangt die Prüfung einer Biogasanlage in der Region. Vor einer Realisation müsse jedoch noch einiges geklärt werden – so beispielsweise ein möglicher Standort.
Thomas Gubler
Der Regierungsrat wird gebeten, zu prüfen und zu berichten, ob eine Biogasanlage auf Interesse bei den Bauernbetrieben aus der Region stossen könnte und ob eine solche auch zweckdienlich und vorteilhaft gebaut und betrieben werden könnte. So lautet ein Postulat von Landrat Marco Agostini (Grüne) aus Pfeffingen. Biogasanlagen, so Agostini, «könnten für die Verwertung der Gülle aus landwirtschaftlichen Betrieben sinnvoll sein, da sie gleich mehrere Vorteile bieten.»
Tatsächlich erscheint die Vergärung von Gülle in Biogasanlagen auf den ersten Blick wie das Ei des Kolumbus. Mit der Gülle, die auf den Landwirtschaftsbetrieben in rauen Mengen anfällt, wird in der Biogasanlage durch Vergärung Methangas erzeugt. Dieses Methangas kann entweder aufbereitet ins Gasnetz eingespeist oder in einem Blockheizkraftwerk verbrannt werden. Dadurch kann Energie in Form von Strom (ein Drittel) und Wärme (zwei Drittel) gewonnen werden.
Wesentlich umweltfreundlicher
Die Verarbeitung von Gülle in Biogasanlagen ist wesentlich umweltfreundlicher als das direkte Ausbringen aufs Feld, weil weniger Treibhausgase emittiert werden. Der nach der Vergärung in der Anlage entstehende Gärrest kann anschliessend gleichwohl als wertvoller Dünger, der zudem weit weniger geruchsintensiv ist, auf die Felder gebracht werden. Überhaupt verursacht die Vergärung der Gülle in der Biogasanlage insgesamt weit weniger Geruchsbelästigungen als die herkömmliche Verwendung. So gesehen hätte man es also mit einer eigentlichen Win-win-win-Situation zu tun.
Die erste Frage, die sich stellt, ist allerdings die nach dem Standort einer solchen Anlage. Experten gehen davon aus, dass diese eine gewisse Grösse haben muss, damit sie wirtschaftlich betrieben werden könnte. Die Gülle von 150 Kühen oder 900 Mastschweinen wird als das Minimum bezeichnet. Idealerweise würde die Anlage auf einem zentral gelegenen Bauernhof stehen und von den umliegenden Betrieben beliefert werden, wie dies bei bestehenden Anlagen in typisch ländlichen Gebieten der Fall ist.
Standort Ebenrain?
Diese Verhältnisse entsprechen jedoch nicht den hiesigen Gegebenheiten. So gibt es in der Region auch noch keine Anlagen in der vorgesehenen Grösse. Gemäss Marco Agostini könnte ein möglicher Standort «beim Ebenrain-Zentrum in Sissach sein, das die Anlage dann auch betreuen würde». Die Bauernbetriebe der Umgebung, so der Postulant, könnten dann ihre Gülle dorthin bringen und würden entsprechend dafür entschädigt.
Stefan Weber von der Abteilung ländliche Entwicklung und Ressourcen im Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung sieht indessen keine Möglichkeit, eine solche Anlage auf dem Gebiet des Ebenrains zu platzieren. «Die Distanz zum Stall des Gutsbetriebs wäre zu gross. Zudem spricht die Nähe zum Schloss und zur Schule gegen diesen Standort.»
Für Stefan Weber ist eine Biogasanlage von genügender Grösse zwar «eine tolle Idee». Von Euphorie ist er dennoch weit entfernt. Es gebe da, auch abgesehen vom Standort Ebenrain, noch das eine oder andere Problem. Das eine, so Weber, sei die «graue Energie», das heisst die Energie, die verbraucht würde, um die Gülle zur Anlage zu transportieren. Je weiter die Distanz, desto grösser der Energieaufwand.
Der Teufel steckt im Detail
Und dann stelle sich die Frage: «Wohin mit der Wärme, die nicht vor Ort zum Vergären der Gülle benötigt wird?» Sofern diese nicht, wie im Falle einer grösseren Anlage im Kanton Freiburg, in unmittelbarer Nähe zum Beheizen von Wohnhäusern verwendet werden kann, müsste sie fortgeleitet werden.
Eine Biogasanlage von wirtschaftlicher Grösse müsste also seriös und umfassend geplant werden; denn wie in vielen ähnlich gelagerten Fällen steckt offenbar auch hier der Teufel im Detail. Das Anliegen zu prüfen und darüber zu berichten, wie es Marco Agostini in seinem Postulat verlangt, dürfte sich aber gleichwohl lohnen.