Lärmblitzer soll Krachmacher stellen
23.07.2024 Baselbiet, Polizei, VerkehrGerätetest während drei bis vier Wochen
Der Kanton testet für den Bund bei Röschenz ein Lärmradargerät, das zu laute Autos und Töffs erfassen und identifizieren soll. Bussen werden während des Versuchs nicht verteilt. Geräte wie dieses ...
Gerätetest während drei bis vier Wochen
Der Kanton testet für den Bund bei Röschenz ein Lärmradargerät, das zu laute Autos und Töffs erfassen und identifizieren soll. Bussen werden während des Versuchs nicht verteilt. Geräte wie dieses würden die Verfolgung von Lärmverursachern im Verkehr stark vereinfachen.
Christian Horisberger
Schnellfahrer werden von der Polizei schon lange mit mobilen und stationären Radarfallen gejagt. Künftig sollen auch Autolenkerinnen und -lenker, die mit ihren Fahrzeugen übermässigen Lärm verursachen, vermehrt zur Kasse gebeten werden können – mithilfe des sogenannten Lärmradars. Der Kanton Baselland unterstützt den Bund beim Praxistest eines entsprechenden Geräts, wie er kürzlich mitteilte (siehe «Volksstimme» vom 16. Juli, Seite 1). Nachdem im vergangenen Jahr Messungen in der Stadt Genf vorgenommen worden sind, wird nun in Baselbiet in ländlicher Umgebung und ausserorts getestet.
Die Anlage ist am vergangenen Donnerstag rund anderthalb Kilometer von Röschenz entfernt an der Challstrasse, einer bei Töfffahrern beliebten Strecke, in Betrieb genommen worden. Während einer drei- bis vierwöchigen Testphase soll sich zeigen, ob sich die Methode und das Gerät, das in Frankreich schon länger im Einsatz steht, unter den Bedingungen vor Ort eignen.
Längst laufen Testmessungen
Den Standort hat die Abteilung Lärmschutz des Amts für Raumplanung nicht zufällig ausgewählt. «Der Kanton Baselland hat in Röschenz schon vor rund fünf Jahren mit den ersten Testmessungen begonnen», erklärt Andrea Tschopp, Mediensprecherin der Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD), auf Anfrage. Anlass dazu seien diverse Beschwerden aus der Bevölkerung wegen besonders lauter Fahrzeuge gewesen. Das Pilotprojekt des Bundes sei in einem gewissen Sinne die Fortschreibung dieser ersten Messungen.
Die Anlage misst die Lautstärke von Fahrzeugen. Dank einer Nachkontrolle könne geprüft werden, ob bei einem zu lauten Fahrzeug beispielsweise gerade eine Hupe betätigt wurde, oder ob es sich tatsächlich um eine unnötige Lärmspitze handelte. Aber selbst dann, wenn ein Auto oder ein Töff bei der Messstation mehr Lärm macht, als die Polizei erlaubt, werden weder technische Prüfungen von zu lauten Fahrzeugen vorgenommen noch Bussen ausgesprochen, wie es bei der Medienstelle weiter heisst. «Die Schweiz verfügt aktuell über keine entsprechende gesetzliche Grundlage», hält BUD-Sprecherin Tschopp fest. Ferner sei für eine Sanktionierung die Homologierung des Geräts durch das Bundesamt für Meteorologie erforderlich. Darüber werde der Bund erst nach der Auswertung der Testresultate entscheiden.
Wie viel Lärm ein Fahrzeug verursachen darf, ist unterschiedlich. Für die Zulassung von Autos gilt aktuell ein Grenzwert von 75 Dezibel, was dem Geräuschpegel eines Rasenmähers oder einer Waschmaschine beim Schleudern entspricht. Motorräder dürfen je nach Hubraum bis zu 80 Dezibel laut sein, was der Lautstärke eines Streitgesprächs oder Klavierspiels entspricht.
Bereits jetzt «Poser»-Kontrollen
Wie ein Auto oder ein Töff gefahren wird, hat grossen Einfluss auf dessen Lärmemission. Ebenso allfällige Manipulationen an der Auspuffanlage. Die heutigen Lärmkontrollen der Polizei können aufwendig sein: Auffällig laute Fahrzeuge werden aus dem Verkehr genommen und einer Messung unterzogen. Erhärtet sich der Verdacht, kann auch noch eine eingehende Untersuchung in der MFK vorgenommen werden, um die Fahrzeuge auf illegale technische Veränderungen zu prüfen, wie es bei der BUD heisst.
«Fahrzeuge, die aufgrund von Manipulationen zu laut sind, werden stillgelegt», sagt Polizeisprecher Marcel Wyss auf Anfrage. Lenker und Halter würden an die Staatsanwaltschaft verzeigt, die das Strafmass festlege. Die Polizei mache das ganze Jahr über technische Kontrollen in Bezug auf lärmmanipulierte Fahrzeuge, so Wyss weiter, sowohl präventive als auch explizit geplante «Poser»-Kontrollen. Zudem würden auch Kontrollen auf Meldungen aus der Bevölkerung hin vorgenommen.
70 Prozent der zu lauten Fahrzeuge sind Töffs
vs. Das Lärmradargerät, das aktuell bei Röschenz getestet wird, hat sich in seiner bisherigen Erprobung bewährt, wie aus dem Testbericht hervorgeht: «Die in Genf durchgeführten Tests zeigen, dass das Lärmradarsystem ‹Hydre› technisch ausgereift ist, um Spitzenpegel bei der Durchfahrt von Fahrzeugen zu erkennen und zu messen sowie laute Fahrzeuge zu identifizieren.» Das getestete Radargerät erlaube auch eine Beurteilung von komplexen Situationen, beispielsweise, wenn mehrere Fahrzeuge gleichzeitig vorbeifahren.
Je nach Abschnitt und Schwellenwert waren im Genfer Test zwischen 0,2 und 1,5 Prozent aller erfassten Fahrzeuge zu laut, heisst es in der Studie. Dabei habe es sich in 70 Prozent der Fälle um Töffs gehandelt. Die übrigen zu lauten Fahrzeuge waren Personenwagen und Kleintransporter (17 Prozent) sowie Lastwagen und Busse (13 Prozent).
Das Fazit der Studie: «Das automatische System ermöglicht eine erhebliche Zeitund Personaleinsparung, da es die Kontrolle einer grossen Anzahl von Fahrzeugen erlaubt und eine genaue Identifizierung der übermässig lauten sowie unnötig Lärm verursachenden und damit vorschriftswidrigen Vorbeifahrten erlaubt.» Es wird eine Erfassungsschwelle von 82 Dezibel für den Spitzenschallpegel empfohlen, um nur die störenden Lärmspitzen zu erfassen.