Kein Misstrauen gegen Laien
31.01.2025 Bezirk Liestal, Gemeinden, Region, Baselbiet, PolitikLandrat ist bei der Professionalisierung der Sozialhilfe gespalten
Was in kleinen Gemeinden Laien übernehmen, soll professioneller werden: Die Regierung ist bereit, die Professionalisierung von Sozialhilfe und -behörde abzuklären. Der Vorstoss dazu will nicht als Kritik ...
Landrat ist bei der Professionalisierung der Sozialhilfe gespalten
Was in kleinen Gemeinden Laien übernehmen, soll professioneller werden: Die Regierung ist bereit, die Professionalisierung von Sozialhilfe und -behörde abzuklären. Der Vorstoss dazu will nicht als Kritik an Amtsinhabern, sondern zu deren Entlastung verstanden werden.
Melanie Frei und sda.
Die Organisation der Sozialhilfe in den Baselbieter Gemeinden sorgte im Landrat für eine Diskussion. Während in grösseren Gemeinden professionelle Sozialdienste und Sozialhilfebehörden diese Arbeit übernehmen, liegt die Verantwortung in kleineren Gemeinden oft noch in den Händen von «Laiengremien». Das wirft die Frage auf, ob dieses System eine umfassende Professionalisierung benötigt. Ein entsprechendes Postulat von Pascale Meschberger (SP) fordert den Regierungsrat auf, verschiedene Modelle zu prüfen und einen Bericht dazu vorzulegen.
Die Regierung sowie die Fraktionen SP, Grüne/EVP, GLP und Mitte unterstützten Meschbergers Postulat. Meschberger, selbst Mitglied der Sozialhilfebehörde Liestal, argumentierte, dass die Anforderungen in der Sozialhilfe immer komplexer würden. In anderen Kantonen gebe es bessere Modelle.
«In kleineren Gemeinden gibt es keinen Sozialdienst mehr, die Sozialhilfebehörde übernimmt alle Aufgaben.» Sie müssten dabei aber immer kompliziertere gesetzliche Anforderungen erfüllen. In jeder Gemeinde sollte es einen professionellen Sozialdienst geben. Es gehe nicht darum, die Sozialhilfebehörde abzuschaffen. Es sei aber an der Zeit, eine Professionalisierung vorzunehmen, damit entschieden werde, wer was wie zu tun habe, und dass spezifisch ausgebildete Personen diese Aufgaben übernehmen – auch als Unterstützung der ehrenamtlichen, die sonst viel kritisiert würden.
Liestal spart 3 Millionen
Die Kosten für die Sozialhilfe würden hoch bleiben, sagt Meschberger, wahrscheinlich auch mit einem neuen Modell. Hoffnungsfroh stimme aber die Sozialhilfe Liestal, die nach einer Reorganisation über drei Millionen einsparen konnte – nicht auf dem Buckel, sondern zugunsten der Betreuten.
Bei FDP und SVP stiess das Postulat vermehrt auf Ablehnung, auch bei Matthias Liechti (SVP). Er argumentiert, dass sich die Gemeinden regional organisieren können und eine Professionalisierung ihre Autonomie einschränken würde. Das Postulat lege Misstrauen gegenüber den Leuten in den Gremien an den Tag, wonach sie keine gute Arbeit leisten.
Sein Parteikollege Peter Riebli unterstützte ihn: «Nicht alles, was alt ist, ist schlecht.» Eine Professionalisierung bedeute ganz klar mehr Kosten und mehr Bürokratie. Kleinere Gemeinden hätten keine Probleme bei der Besetzung der Sozialhilfebehörde. Denn diese Stelle sei spannend und nahe bei den Klienten. Sozialhilfe sei ausserdem eine kommunale Aufgabe, die von den Gemeinden finanziert werde. Daran wolle er festhalten.
Auch Marc Schinzel (FDP) sprach von einem «Grundmisstrauen» gegenüber dem Milizsystem. Seine Parteikollegin Christine Frey zeigte als einzige in der Fraktion Sympathie für den Vorstoss. Sie sagte, es lohne sich, andere Kantone anzuschauen und dann entscheiden zu können, wenn man das Preisschild kenne.
Gzim Hasanaj (Grüne) stellt klar, dass man mit diesem Postulat den «Laien» keineswegs unterstelle, sie würden ihre Arbeit nicht gut machen. Im Gegenteil, man wolle sie entlasten. Er sehe in der jetzigen Struktur eine unnötig träge Zusammenarbeit zwischen Sozialdienst und Sozialhilfebehörden: Besprechungen müssten lange vorbereitet werden und für die direkte Beratung der Klienten bleibe wegen des Verwaltungsaufwandes oft wenig Zeit.
Roger Boerlin (SP) stimmte ihm zu. Er betonte, dass es bei der Professionalisierung um eine Effizienzsteigerung, um eine generelle Verbesserung des Systems gehe. Es gehe nicht darum, den Kompetenzen der Mitarbeitenden zu misstrauen: Die Regierung solle neue Modelle prüfen, die eine generelle Verbesserung und Entlastung bringen, und in Betracht ziehen.
Für die Regierung schloss Anton Lauber die Diskussion. Er wolle mit einem objektiven Blick auf die Situation schauen und sauber auflisten, wie es weitergehen könnte. Die Sozialbehörde sei – besonders im Asylwesen – unter Druck.
Das Postulat wurde mit 43 Jazu 29 Nein-Stimmen ohne Enthaltung an die Regierung überwiesen.