Gut für den Wald, schlecht fürs Heuen
04.06.2024 Baselbiet, Gesellschaft, Landwirtschaft, BaselbietLandwirte brauchen dringend vier bis fünf regenfreie Tage
Wegen des anhaltenden Regens können die Bauern nicht heuen. Je länger das Heugras jetzt noch stehen bleibt, desto schlechter wird die Heu-Qualität. Mit Fäulnis sind die Erdbeerenproduzenten wegen der ...
Landwirte brauchen dringend vier bis fünf regenfreie Tage
Wegen des anhaltenden Regens können die Bauern nicht heuen. Je länger das Heugras jetzt noch stehen bleibt, desto schlechter wird die Heu-Qualität. Mit Fäulnis sind die Erdbeerenproduzenten wegen der Feuchtigkeit konfrontiert.
Christian Horisberger
Das Gras auf den Wiesen steht hoch und die Bauern sitzen mit Mähmaschinen, Heuwendern und Ladewagen längst in den Startlöchern. Doch infolge der anhaltenden Regenfälle war das Heuen vielerorts nicht möglich. Die Niederschläge haben ausserdem die Humusschicht stark durchnässt, weshalb die Felder nicht oder nur eingeschränkt befahren werden können – beispielsweise zum Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln. Laut Benno Niederberger vom Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung ist der Weidgang nur eingeschränkt möglich, um Trittschäden auf den Weiden zu vermeiden.
Die grösste Sorge der Bauern gilt im Moment jedoch der Heuernte. «Das Gras ist bereits überständig», sagt Niederberger. Überständig, das heisst, dass der ideale Erntezeitpunkt auf den Heuwiesen überschritten ist, der Nährwert des Grases abnimmt und die Grashalme zu «verholzen» beginnen. Was die Bauern jetzt dringend brauchen, sind zwei bis drei trockene, warme und sonnige Tage für die Heuernte und vorher noch zwei weitere, regenfreie Tage, damit die Böden abtrocknen können und so tragbar und befahrbar werden. Ein zu frühes Befahren noch nasser Böden verdichtet diese und schadet der Grasnarbe.
Die Nässe begünstigt den Pilzbefall in landwirtschaftlichen Kulturen. Im Obst- und Weinbau könnten an steileren Lagen wegen der nassen Böden Pflanzenschutzmittel nicht ausgebracht werden, sagt Benno Niederberger. Gute Bedingungen hatte beim nasskalten Wetter der Gelbrost, der beim Getreide Verfärbungen hinterlässt. Zudem seien erste Fälle von Fusarium registriert worden, ein Pilz, der während der Getreideblüte bei anhaltendem Regen und milden Temperaturen auftritt.
Überall dort, wo Maschinen eingesetzt werden, würde dies zu Fahrspuren und einer Verdichtung des Bodens führen. Daher würden die Fahrten auf ein Minimum beschränkt.
Viele faule Erdbeeren
Einen lausigen Frühling erwischt haben die Landwirte, die auf ungedeckten Anlagen Erdbeeren anbauen. Der Füllinsdörfer Beeren-Spezialist Felix Haumüller spricht von einem der schlechteren Erdbeerjahre: Der Behang sei gut, die Früchte gross und auch sehr schmackhaft, doch seien sehr viele faul. Das Gleiche gilt für die Kulturen der Gelterkinder Bauernfamilie Freivogel. Von der frühesten Sorte auf ihrem Feld seien rund zwei Drittel der Früchte unbrauchbar, sagt Bäuerin Valentine Freivogel. «Wir haben kesselweise faule aus dem Erdbeerfeld getragen.» Das sei umso bitterer, da sie zur besseren Bestäubung der Blüten erstmals – mit Erfolg – Wildbienen eingesetzt habe.
Verloren ist die Ernte damit nicht. Für die «mittlere» Sorte, die ab jetzt geerntet werden könne, sehe es besser aus, sagt die Bäuerin. Trotz Dauerregens, Kälte und obwohl die Erdbeeren kaum Sonne gesehen haben, sei das Aroma gut. Wenn es jetzt trocken werde, könne aus der Ernte doch noch etwas werden. In dieser Hoffnung bleibe auch die Möglichkeit, auf dem Feld neben dem Böckter Tennisplatz selber zu ernten, bestehen.
Segen für den Wald
Dem Wald hätte nichts Besseres passieren können, als die überdurchschnittlichen Regenmengen, die im November vergangenen Jahres und nun im ersten Halbjahr gefallen sind. Für die Wasserspeicherung im Boden und für die Pflanzenwelt seien diese Niederschläge extrem wertvoll, sagt Ueli Meier, Vorsteher des Amts für Wald beider Basel. Für die Tierwelt sehe er keine negativen Effekte. Einzig der Waldwirtschaft bereite die Nässe Probleme. Wenn der Boden nie richtig abtrockne, erschwere oder verunmögliche dies den Einsatz von schweren Maschinen im Forst: «Man kann das Holz nicht aus dem Wald herausholen.»
Von Erdrutschen und Überschwemmungen sei das Baselbiet bisher verschont worden, so Meier weiter: Es habe während des Frühlings immer wieder Niederschlagspausen gegeben, in denen der Regen versickern konnte. Auch dem Kantonalen Führungsstab waren bis gestern keine Ereignisse aufgrund der Niederschläge im Mai gemeldet. Präventiv sei im Bereich der Birsmündung in Birsfelden ein Teil des «Birschöpfli» abgesperrt worden.
Sehr nasser Mai
Obschon sich Anfang Mai auch hin und wieder für einen bis zwei Tage die Sonne gezeigt hat, war die Regenmenge weit über dem langjährigen Durchschnitt. Die Messstation von Meteo Schweiz in Rünenberg verzeichnete im vergangenen Monat insgesamt 175,7 Millimeter Niederschlag, was deutlich über dem Normwert (Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020) von 111,2 Millimetern liegt. Der seit 1982 gemessene Höchstwert liegt dort bei 205,2 Millimetern. Die in Langenbruck gemessenen Werte liegen bei 221,8 Millimetern im vergangenen Monat, bei einem langjährigen Durchschnitt von 126,7 Millimetern und einem Höchstwert von 279,1 Millimetern.
Auch der Juni ist sehr nass gestartet, wird nun aber sommerlich. Meteotest meldet bis Donnerstag warmes und trockenes Wetter. Ab Freitag soll es wieder zu leichten Niederschlägen kommen, bei Tagestemperaturen von mehr als 20 Grad.