Grosser Freizeitpark in Landschaftsschutzgebiet?
19.09.2024 Bezirk Waldenburg, Eptingen, Gesellschaft, Bezirk WaldenburgDem Luzerner Unternehmer Hermann Beyeler gehört das Hotel Bad Eptingen. In Eptingen hat er noch weitere Pläne: Seine Holding will hoch am Berg beim Restaurant Kallhof einen 18 Hektaren grossen Freizeitpark realisieren. Doch daraus wird wohl nichts – eine entsprechende Spezialzone ...
Dem Luzerner Unternehmer Hermann Beyeler gehört das Hotel Bad Eptingen. In Eptingen hat er noch weitere Pläne: Seine Holding will hoch am Berg beim Restaurant Kallhof einen 18 Hektaren grossen Freizeitpark realisieren. Doch daraus wird wohl nichts – eine entsprechende Spezialzone wäre kaum genehmigungsfähig.
David Thommen
«Bergrestaurant verkauft Inventar – und will danach einen Neustart wagen»: Diese Schlagzeile mit der Aussicht auf eine Wiederbelebung des einst beliebten Ausflugslokals Kallhof unterhalb des «Challs» in Eptingen bekamen die Leserinnen und Leser der «Volksstimme» vor knapp einem Jahr serviert.
Seither hat sich hinter den Kulissen viel getan: Aktiv geworden ist die in Eptingen domizilierte Iduna Holding AG, die dem bekannten Luzerner Immobilien- und Gastrounternehmer Hermann Alexander Beyeler gehört. Beyeler – er ist unter anderem auch Galerist und Honorarkonsul von Belarus – ist seit 2020 Eigentümer des traditionsreichen Hotels Bad Eptingen. Die Holding hat ihre Fühler jüngst in Richtung des abgelegenen «Kallhofs» am Jurakamm auf rund 800 Metern über Meer ausgestreckt – mit einem überraschenden Plan: Rund um die seit Corona geschlossene Ausflugsbeiz soll ein grosser Freizeitpark mit Familienrestaurant, Übernachtungsmöglichkeiten in einer Scheune, Tipidorf, Seilpark, Tubingbahn (Rutschen auf aufblasbaren Reifen), Mountainbikestrecke mit Förderband, Sinnespfad und Skulpturenpark, grossem Spielplatz, Streichelzoo und anderem mehr entstehen. Und das auf einer riesigen Fläche von 180 000 Quadratmetern, was 18 Hektaren oder mehr als 25 Fussballfeldern entspricht. Das Projektpapier wird vertraulich behandelt und konnte von der «Volksstimme» nicht eingesehen werden.
Die Idee hat in Eptingen bereits für viel Gesprächsstoff gesorgt und dem Vernehmen nach Begeisterung, aber auch Skepsis ausgelöst. «Wir wollen keinen Rummelplatz in diesem wunderschönen Gebiet», sagen einige Eptingerinnen und Eptinger, die vom Vorhaben Wind bekommen haben, gegenüber der «Volksstimme». Andere hingegen sehen eine einmalige Entwicklungschance für das Dorf zuhinterst im Diegtertal. Der Gemeinderat sei von der Idee angetan, einzelne Mitglieder wirkten sogar als treibende Kräfte, ist zu hören. Gemeindepräsidentin Mélanie Wussler wollte sich auf Anfrage der «Volksstimme» aber nicht näher äussern: «Wir wissen, dass es eine solche Idee gibt und haben um eine zonenrechtliche Abklärung beim Kanton gebeten.» Etwas Konkretes liege dem Gemeinderat nicht vor.
Nicht zonengerecht
Albert Streit, Geschäftsführer der Iduna Holding AG, will in Eptingen und bei weiteren involvierten Kreisen wie bei Baselland Tourismus vor allem Begeisterung für die Idee eines Freizeitparks wahrgenommen haben. Die Realisierungschancen schätzt er mittlerweile aber als gering ein: «Wie es im Moment aussieht, hat sich die Idee leider schon wieder zerschlagen», sagt er und fügt hinzu: «Schade, denn das wäre eine coole Sache – für Eptingen selbst und auch für den Tourismus im ganzen Kanton Baselland.»
Das Potenzial für einen grossen Freizeitpark im Bölchengebiet sei vorhanden, ist Streit überzeugt. Zudem habe sich die Iduna Holding Synergien von Hotel Bad Eptingen und dem «Kallhof» versprochen. Hermann Beyeler habe sogar die Idee aufgeworfen, das Bad Eptingen auf einer angrenzenden Parzelle zum bestehenden Hotel um eine Dependance zu erweitern. Dieser Plan werde aber nicht weiterverfolgt.
Hauptgrund für das mutmasslich frühe Aus des Freizeitpark-Projekts ist eine Einschätzung der Abteilung Ortsplanung der kantonalen Bau- und Umweltschutzdirektion. Darin wird dem Vernehmen nach argumentiert, dass Freizeitaktivitäten nur in einem engeren Umkreis um das bestehende Bergrestaurant angeboten werden dürfen. Dort besteht seit Langem eine Spezialzone für Hotel und Gastwirtschaft, allerdings nur mit einer Fläche von etwas mehr als 2250 Quadratmetern. Der allergrösste Teil des 18-Hektaren-Freizeitparks läge somit in der Landwirtschaftszone und wäre daher nicht zonenkonform.
Die Möglichkeit einer Umzonung zugunsten einer Freizeitnutzung wird vom Kanton nach der Vorabklärung mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen, da das weitläufige Bölchengebiet im «Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung» aufgeführt ist, wo nur sanfter Tourismus in kleinem Rahmen erlaubt ist. Ein Freizeitpark, dessen geplanter Seilpark auch ein Waldgebiet tangieren würde, dürfte den im Bölchengebiet geltenden Schutzzielen zuwiderlaufen.
Insgesamt würden die vielen geplanten neuen Anlagen das Gebiet stark beeinträchtigen, weshalb nach Einschätzung des Kantons eine Sonderzone mit diesen Dimensionen wohl nicht bewilligungsfähig wäre. Kommt hinzu, dass das «Chall» nicht mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen ist und lediglich eine enge, speziell bei winterlichen Verhältnissen prekäre Strasse dort hochführt.
Eine Umzonung müsste vom Landrat beschlossen und abschliessend vom Bundesrat genehmigt werden. Nicht unwahrscheinlich wäre, dass sich Naturschutzverbände gegen das Vorhaben wehren würden. Die Bau- und Umweltschutzdirektion ist derzeit wegen einer Ferienabwesenheit nicht in der Lage, Fragen der «Volksstimme» zur Vorabklärung des Projekts zu beantworten.
Türe bleibt offen
Besitzer des Gast- und Landwirtschaftsbetriebs Kallhof ist Martin Bitterli. Die Bitterli-Familie bewirtschaftet den Bauernbetrieb hoch über Eptingen seit mehr als 120 Jahren und hat überdies während rund 100 Jahren im Bergrestaurant Gäste zu Tisch gebeten. «Jetzt werde ich bald 60 Jahre alt, habe keine Nachkommen und muss eine Lösung für den Landwirtschaftsbetrieb und das Restaurant finden», sagt Landwirt Bitterli. Er hat das stillgelegte Restaurant erst vor knapp einem Jahr von seinem Bruder übernommen, hatte aber nie vor, es selbst zu betreiben.
Dass es erhebliche zonenrechtliche Bedenken gegen einen Freizeitpark gebe, überrasche ihn nicht, sagt er. Für ihn ist die Tür aber noch nicht ganz zugeschlagen: Der Kanton habe signalisiert, dass ein stark redimensioniertes Freizeitparkprojekt durchaus Chancen auf Bewilligung hätte: Spielplatz, Hüpfburg, Streichelzoo und mehr seien rund um das bestehende Bergrestaurant bestimmt möglich.
In diesem Sinne sei er weiterhin zum Verkauf bereit. Sollte die Iduna Holding AG aufgrund der Bedenken des Kantons nun aber endgültig abspringen, werde er den Hof samt Gasthaus zum Verkauf ausschreiben. Im Idealfall interessiere sich eine Familie dafür, die bereit sei, Gasthof und Landwirtschaftsbetrieb gemeinsam zu führen. So, wie es die Familie Bitterli über all die Jahre getan hat.