«Gelungene Projekte waren Glanzlichter»
04.07.2024 Bezirk Waldenburg, Gemeinden, Gesellschaft, Bezirk Waldenburg, BaselbietNach vier Legislaturperioden als Präsidentin der Einwohnergemeinde Liedertswil hat Sonja Gschwind ihr Amt Ende Juni abgegeben. Sie blickt auf eine schöne wie intensive Zeit in der Exekutive von «Tschoppenhof» zurück. Der Bevölkerung wie dem Gemeinderat sagt ...
Nach vier Legislaturperioden als Präsidentin der Einwohnergemeinde Liedertswil hat Sonja Gschwind ihr Amt Ende Juni abgegeben. Sie blickt auf eine schöne wie intensive Zeit in der Exekutive von «Tschoppenhof» zurück. Der Bevölkerung wie dem Gemeinderat sagt Gschwind in erster Linie Danke.
Willi Wenger
18 Jahre im Gemeinderat von Liedertswil, davon 16 Jahre als Präsidentin: Das ist die Bilanz von Sonja Gschwind, die mit Dankbarkeit und auch mit Wehmut Ende des vergangenen Monats ihr Amt abgegeben hat. Sie blickt zurück und sagt, dass die Zeit im Amt eine bereichernde war. «Eine sehr bereichernde», ergänzt die 81-Jährige. Sie habe als Gemeindepräsidentin viel Lob, aber auch (wenig) Tadel vonseiten der Bevölkerung erfahren müssen. «Dennoch habe ich mein Mandat immer sehr gerne ausgeübt. Das Gemeinderats-Honorar war zu keinem Zeitpunkt der Motivator. Wissen Sie, wegen der Entschädigung übt man hier in Liedertswil bestimmt kein Amt aus. Diese ist bescheiden, um nicht zu sagen gering.»
Zu Beginn ihrer Amtszeit vor bald zwei Jahrzehnten, noch als Gemeinderätin, erlebte Gschwind Überraschendes. So unter anderem an einer Feuerwehrsitzung, wo man ihr als «Tschoppenhöferin» zuerst einmal klargemacht habe, dass sie als Neuling nichts zu sagen hätte. «Ich habe geglaubt, ich sei im falschen Film», erinnert sich Gschwind. «Dabei habe ich mich nur vorgestellt und gesagt, dass ich die Gemeinde Liedertswil im Gremium vertrete.» Zu Wort gekommen sei sie nicht. Dass sie damals vom Feuerwehrwesen absolut keine Ahnung hatte, hat sie natürlich niemandem verraten.
Dass man sie im Dorf gerne immer wieder als Königin bezeichnete, hat Gschwind grundsätzlich nicht gestört. «Ich habe mich nie als solche gefühlt, in keiner Phase, seit ich Anfang 2008 mein Amt als Gemeindepräsidentin antrat. Ich musste hart arbeiten und sehr viel lernen.» Bescheidenheit sei immer ihre Begleiterin gewesen.
Im Lauf der Zeit wuchs Gschwinds Arbeitsvolumen. Sie war unter anderem Mitglied der Vormundschaftsbehörde, der Musikschule beider Frenkentäler oder des Stiftungsrats des Gritt Seniorenzentrums Waldenburgertal. Als Gemeindeoberhaupt vertrat sie Liedertswil zudem in kantonalen Gremien wie im Verband Basellandschaftlicher Gemeinden.
Gute Beziehung zu den Nachbarn
Gschwind arbeitete früher bei Coop Schweiz von Otto Stich, dem späteren SP-Bundesrat, als Kauffrau. Selbst habe sie nie einer politischen Partei angehört: «Das wäre für mich ein Schreckenszenario gewesen.» Parteipolitik habe sie zu Hause bei ihrem Vater zur Genüge erlebt. Ihr früherer Arbeitgeber Otto Stich war der Nachbar gewesen und Gschwinds Vater politisierte sehr viel mit ihm. Die Wahl von Stich zum Bundesrat erlebte die abtretende Gemeindepräsidentin als Zeitzeugin. «Nach seiner Wahl zum Bundesrat dauerte es keine Viertelstunde, da standen vor dem Coop-Hochhaus in Basel mehrere Polizeifahrzeuge. Diese brachten dann Otto Stich mit Blaulicht nach Bern ins Bundeshaus zur Vereidigung.»
Als Gemeindepräsidentin hat Gschwind viel Wert darauf gelegt, mit den Nachbargemeinden – primär mit Oberdorf – immer eine gute Zusammenarbeit zu pflegen. Mit ein Grund waren gemeinsame Geschäfte wie das Schul- oder das Feuerwehrwesen. Sie hatte im Amt durchschnittlich zwischen 150 und 160 Einwohnerinnen und Einwohner zu «betreuen».
Alles in allem: Gschwind zieht ein äusserst positives Fazit ihrer Amtszeit. Sie hält fest, dass im Gemeinderat, wo es während ihrer Zeit lediglich drei personelle Wechsel gab, sehr gutes Personal am Werk war. «Ich war immer stolz auf mein Team», streut sie ihren ehemaligen Kollegen Rosen. Top sei auch ihr Finanz- und Gemeindeverwalter, Urban Hofer, gewesen. «Mit ihm habe ich exzellent zusammengearbeitet. Ich konnte mit ihm als Zullwiler den Schwarzbuben-Dialekt sprechen, den ich in jungen Jahren gesprochen habe.»
Jetzt ist sie nicht mehr im Amt. «Meine ehemalige Funktion wird mir fehlen.» Die Kontakte mit der Bevölkerung will sie weiter pflegen. «Hier oben kennt jeder jeden.» Sie nutzt die Gelegenheit, allen Personen zu danken, die sie in ihren Schaffensjahren als Gemeinderätin und spätere -präsidentin unterstützt haben. Dies seien nicht wenige gewesen.
«Das Dorf wird sich nicht gross verändern»
Frau Gschwind, was war das persönliche Glanzlicht in Ihrer Amtszeit?
Sonja Gschwind: Ein einzelnes persönliches Glanzlicht hat es für mich in diesem Sinne nicht gegeben. Es war vielmehr die Menge als solche, die ich so bezeichnen möchte. Jedes Projekt, das letztlich gelungen ist, war für mich ein gleichwertiges Glanzlicht. Aber: Die Weideauffahrt im Mai und die Weideabfahrt im September mit 60 bis 70 Tieren waren schon etwas ganz Spezielles. Diese Tradition gibt es schon seit Jahrzehnten und sie steht unter der Verantwortung von Weidehirt Christian Koller.
Gibt es Ziele, die Sie nicht erreicht haben?
Eigentliche Ziele habe ich grundsätzlich nie formuliert. Ich habe meine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen gemacht und am Ende ist eigentlich immer alles gut herausgekommen. Ein «grosses» Projekt haben wir vom Gemeinderat unlängst aufgegleist: Im kommenden Jahr soll unsere Bushaltestelle behindertengerecht umgebaut werden.
Welchen Rat geben Sie Ihrem Nachfolger Andreas Messerli?
Ich hüte mich davor, Andreas Messerli Ratschläge zu erteilen. Er weiss als ehemaliger Vizepräsident, wie der Hase in Liedertswil läuft. Wissen Sie, ich wollte dies seinerzeit auch nicht, das mit den guten Ratschlägen, als ich Nachfolgerin von Kurt Degen wurde.
Haben Sie eine Vision für den «Tschoppenhof»?
Nein. Ich glaube nämlich, dass sich das Dorf im Laufe der nächsten und übernächsten Generation nicht gross verändern wird. Allenfalls wird es hier kompakter aussehen, wenn einmal alles verbaut ist. Das wird jedoch noch lange gehen. Seit ich im Amt bin, sind lediglich drei neue Häuser erstellt worden.
SONJA GSCHWIND
en. Die 1943 in Basel geborene Sonja Gschwind wuchs in Dornach im Solothurner Bezirk Dorneck auf. Sie absolvierte Anfang der 1960er-Jahre beim damaligen Schweizerischen Bankverein am Bankenplatz in Basel eine Berufslehre als Kaufmännische Angestellte. In der Folge arbeitete Gschwind als Kauffrau, unter anderem während 40 Jahren bei Coop Schweiz in Basel. Seit 1998 ist sie zusammen mit ihrem Mann Oscar auf dem «Tschoppenhof» wohnhaft. Dort ist sie längst eine Einheimische, auch wenn ihr Dialekt eher dem Grossraum Basel zugeordnet werden kann. Allerdings: Sie beherrscht auch den Schwarzbuben-Dialekt, denn ihre Ursprungsfamilie ist einst vom damaligen bernischen Liesberg nach Dornach übergesiedelt. Als Steckenpferd stand der Schiesssport während 35 Jahren im Zentrum einer ihrer Freizeitbeschäftigungen. Sie war bis vor wenigen Jahren eine leidenschaftliche Pistolenschützin bei der Schützengesellschaft Muttenz.