Geld allein motiviert nicht
04.11.2025 Bezirk Liestal, Region, Baselbiet, LausenKurzweiliges KMU-Forum mit Sportikonen und regionalen Unternehmern
Schwingerkönig Christian Stucki, «Hockeygott» Kevin Schläpfer, der selbstständige Graveur Cédric Thommen und der Gartenbauer Markus Hasler haben mehr gemeinsam, als es auf den ersten ...
Kurzweiliges KMU-Forum mit Sportikonen und regionalen Unternehmern
Schwingerkönig Christian Stucki, «Hockeygott» Kevin Schläpfer, der selbstständige Graveur Cédric Thommen und der Gartenbauer Markus Hasler haben mehr gemeinsam, als es auf den ersten Blick scheint. Die Gäste des KMU-Forums in Lausen erfuhren, was.
Christian Horisberger
Es war Kevin Schläpfer anzumerken: Er ist es leid, immer und immer wieder auf die Tränen angesprochen zu werden, die er vergoss, als der EHC Biel ihn nicht zur Nati hat ziehen lassen. Doch als der Kommunikationsprofi, grosse Unterhalter und sympathische Kerl, der er ist, ging er einmal mehr darauf ein: «Was gibt es Schöneres für einen Sportler, als wenn ihn jemand unbedingt haben und der andere ihn unbedingt halten will», sagte der Sissacher. Seine Träne – Einzahl! – sei von vielen falsch interpretiert worden. Er habe nicht die verpasste Chance betrauert, sondern sei von der grossen Ehre, die ihm zuteil wurde, übermannt worden. Auf das Angebot der Nati sei er bis heute stolz, sagte Schläpfer. Und er gönne Patrick Fischer, der an seiner Stelle Coach wurde, den Erfolg, auch die WM-Silbermedaillen, «wobei ich vielleicht Gold geholt hätte …».
Damit war das KMU-Forum lanciert, zu dem der Gewerbeverein Lausen am Donnerstag eingeladen hatte. Schläpfer war einer von vier Gästen einer Gesprächsrunde, mit denen sich Radio-Energy-Moderator Roger Schürch über Motivation unterhielt. Auch mit von der Partie waren der 2023 zurückgetretene Schwingerkönig Christian Stucki, der Zuzger Gartenbauunternehmer Markus Hasler sowie Cédric Thommen aus Hemmiken, der als Einmann-Unternehmer Pokale und Auszeichnungen konstruiert und graviert.
«E fuule Siech»
Moderator Schürch sprach auch Christian Stucki auf einen der bedeutendsten Momente seiner Karriere an: Die Krönung zum Schwingerkönig in Zug 2019 mit bereits 34 Jahren, nachdem er zweimal in aussichtsreicher Position leer ausgegangen war. Für Zug habe er, der manchmal auf gut Berndeutsch «e fuule Siech» gewesen sei, noch einmal mehr investiert, sagte Stucki. Er sei von seinem neuen Trainer zu Höchstleistungen angetrieben worden und die Familie habe ihm den Rücken freigehalten, damit er «freie Bahn» für das grosse Ziel hatte. «Umso schöner war, dass es dann klappte. Ob mit 28 oder mit 34 Jahren, spielt für mich keine Rolle.»
Markus Hasler tanzte auf vielen Hochzeiten: eigener Betrieb, junge Familie und Sport – er war ein starker Ringer, Nationalturner und Schwinger. Im Nachhinein bedaure er, dass er beim Aufwachsen der Kinder einiges verpasst habe: «Wenn man jeden Morgen um fünf ins Büro geht und auch an den Wochenenden oft arbeitet oder an Schwingfesten teilnimmt, leidet das Familienleben darunter. Dennoch haben wir es heute alle gut miteinander.»
Im Kreis von Freunden und Familie holte Cédric Thommen die Motivation, sich selbstständig zu machen. Er nutzte die Gunst der Stunde: Als sich ein Graveur zur Ruhe setzte, habe ihn ein Schützenkamerad motiviert, in dessen Fussstapfen zu treten. Dies, weil Thommen in seiner Lehre einst einen Wanderpreis für den Verein gestaltet hatte. Er habe zunächst gezweifelt, doch je länger er sich mit dem Thema befasste, desto mehr Gefallen fand er daran. Nach und nach reduzierte er sein Pensum im Angestellten-Verhältnis, heute ist er sein eigener Herr und Meister.
Das Geld sei am Anfang der Karriere kein oder nicht das wichtigste Thema, darin waren sich die vier Männer einig. Im Schwingsport habe Geld lange Zeit keine Rolle gespielt, sagte Stucki: «Wenn mir vor 20 Jahren einer gesagt hätte, mit dem Schwingen könne ich eine Familie ernähren, hätte ich ihm den Vogel gezeigt.» Mit zunehmender Popularität der Sportart habe sich das geändert: «Firmen, die Swissness vermitteln wollten, wurden auf uns aufmerksam.» Stucki, der «gmögige Teddybär», fand Werbepartner, dank denen er sein Pensum als Chauffeur nach und nach zurückfahren und schliesslich voll auf die Karte Sport setzen konnte.
Die Leidenschaft, nicht das Geld
Er habe das grosse Glück, dass er seine Sponsoren über das Karriereende hinaus mitziehen konnte und noch immer von den Werbeeinnahmen leben kann. Die Sponsoringverträge hätten ihn während der Karriere zusätzlich motiviert, Spitzenresultate zu erzielen, die ihm und damit seinen Partnern mediale Präsenz brachten, sagte Stucki. Am Anfang seiner Karriere aber seien die Freude und Leidenschaft fürs Schwingen sein Antrieb gewesen.
«Kein junger Sportler fängt wegen des Geldes mit einer Sportart an, sondern aus Freude»: Davon ist Kevin Schläpfer, in Biel als «Hockeygott» verehrt, überzeugt. Das Thema Geld werde mit wachsendem Erfolg an die Athleten herangetragen, da wachse man hinein. Insbesondere in seiner Funktion als Sportchef des EHC Basel spiele Geld eine wichtige Rolle. Die Beträge würden jedoch überschätzt und das Gefälle sei hoch.
Bei seinem Verein werde die irrtümliche Ansicht, alle Spieler seien hoch bezahlt, dadurch bestärkt, dass die Spieler des EHC Anzug tragen und Porsche fahren würden – aber nur dank zweier Sponsoren, verriet der Sportchef. «Darauf werde ich oft von anderen Clubs angesprochen: Ihr Basler mit Euren Porsches habt ja ganz schön Kohle, heisst es dann.»
Cédric Thommen fährt Opel. Geld ist für ihn entscheidend, denn er muss mit seinem Einkommen eine Familie ernähren. Aus dieser Warte sei die Selbstständigkeit für ihn nicht die «richtige» Entscheidung gewesen, sagte er. Im Angestelltenverhältnis wäre die finanzielle Sicherheit höher. Doch er habe als Selbstständiger die Freiheit, sich die Zeit frei einteilen zu können und er könne zu Hause arbeiten. Die einzigen Schranken würden ihm die Liefertermine setzen, was auch eine Form von Motivation sein könne.
Bei Adidas abgeblitzt
Markus Hasler erzählte, dass er als starker Schwinger, Ringer und Schweizer Meister im Nationalturnen wohl zu früh dran gewesen sei, um mit dem Sport Geld zu verdienen. Mit dem nationalen Titel in der Tasche habe er sich bei der «Marke mit den drei Streifen» erkundigt, ob sie ihn nicht sponsern möchten. Eine Rückmeldung habe er nie erhalten. Aber: Der Erlös für den Siegermuni vom Kantonalschwingfest in Itingen im Jahr 2000 habe ihm geholfen, sein Geschäft zu gründen. Heute beschäftigt der Fricktaler mehr als 50 Angestellte. Aber Geld als Motivation? «Nein. Wäre es mir ums Geld gegangen, wäre ich nicht Gärtner geworden», so der Unternehmer. Sein Verständnis von Motivation ist ein ganz anderes. Nämlich wenn er seine jungen Mitarbeitenden an einem Montag um halb acht Uhr morgens bei strömendem Regen dazu motivieren kann, nach draussen auf ihre Baustellen zu gehen.
Mit diesen Worten traf Hasler beim Publikum den Nerv. Denn nachdem bis dahin vor allem Kevin Schläpfer mit seinen Geschichten für Heiterkeit im Saal gesorgt hatte, applaudierten die Besucher des Podiums, viele von ihnen ebenfalls Unternehmer, nun von ganzem Herzen.


