Er macht Geschichte lebendig
23.08.2024 Bezirk Liestal, Kultur, BaselbietDie 11. Legion des Römischen Reichs war in Windisch im Kanton Aargau stationiert. Der Liestaler Beat Joos (49) ist begeistert von dieser Zeit und nimmt mit seinem Verein seit 2011 jedes Jahr als Legionär am Römerfest teil. Der Organisationsaufwand ist immens.
Tobias ...
Die 11. Legion des Römischen Reichs war in Windisch im Kanton Aargau stationiert. Der Liestaler Beat Joos (49) ist begeistert von dieser Zeit und nimmt mit seinem Verein seit 2011 jedes Jahr als Legionär am Römerfest teil. Der Organisationsaufwand ist immens.
Tobias Gfeller
Beat Joos muss topfit sein, um die zwei Tage am Römerfest durchzustehen. Seine grösstenteils selbst gefertigte Ausrüstung wiegt gegen 50 Kilogramm. Sie besteht zu je rund 25 Kilogramm aus der Kampfmontur und dem Marschgepäck. Um sie für die zahlreich am Römerfest gezeigten Manöver tragen zu können, braucht der Liestaler viel Kraft und Ausdauer. Dabei kommt Beat Joos entgegen, dass er seit mehreren Jahren hobbymässig Kampfsport betreibt.
Seit 2011 ist Beat Joos jedes Jahr beim Römerfest aktiv dabei. Ein Jahr zuvor schloss er sich dem Verein Vex Leg XI CPF (Vexillum Legio XI Claudia Pia Fidelis) an. Der Verein betrachtet sich als Teil einer weltweiten Bewegung, die «Living History» genannt wird. Geschichte wird möglichst originalgetreu und gemäss aktuellsten Erkenntnissen dargestellt. «Als Verein setzten wir uns mit der römischen Geschichte auseinander, insbesondere mit der Epoche der klassischen Kaiserzeit im Zeitraum der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts nach Christus», erklärt Joos, der mittlerweile mit der Familie in Möhlin wohnt. «Im Experiment versuchen wir, den militärischen Alltag und das zivile Leben im militärischen Umfeld der 11. Legion des Römischen Reichs realitätsnah und möglichst detailgetreu darzustellen.»
Im Stil der 11. Legion
Das Römerfest ist für Beat Joos einer der Höhepunkte des Jahres. Um dem Publikum die Geschichte möglichst genau und spannend nahezubringen, ist im Vorfeld viel Organisation nötig. Das Material muss sitzen, die Abläufe müssen aufeinander abgestimmt sein. Die Kommandos geben sich die Legionäre in Latein. Neben dem eigenen Verein sind auch befreundete Gruppen aus anderen Ländern dabei. «Am Römerfest werden rund 110 Personen mitmachen, davon rund 20 Zivilrömer und knapp 90 Legionäre aus insgesamt fünf Nationen.» Der Verein selbst umfasst 30 Personen, berichtet Joos. Die strahlenden Augen der Kinder und das grosse Interesse am Thema Römer erfreuen den Liestaler jedes Jahr von Neuem.
In Berührung mit den alten Römern kam Beat Joos schon als Kind. Für den im Quartier Munzach in der Nähe der gleichnamigen römischen Villa aufgewachsenen Liestaler und seine Freunde war die Villa ein beliebter Spielplatz, erinnert er sich. «Wir waren wirklich oft dort. Der Ort war für mich faszinierend und geheimnisvoll.» Die Faszination hielt an, auch dank eines Primarlehrers, der das Thema toll vermittelt habe. Auch der Besuch in Augusta Raurica gehörte für Beat Joos’ Klasse zum Programm. Ein weiteres Highlight war für ihn der Besuch mit der Familie in Rom, der Wiege des Römischen Imperiums. Der junge Beat befasste sich mehr und mehr mit dem Thema, sei es über Bücher oder Veranstaltungen. Doch erst im Alter von 36 Jahren wurde er selber aktiv, als er Mitglieder des Vereins Vex Leg XI CPF kennenlernte.
Nach den neusten Erkenntnissen
Seitdem investiert Joos viel Zeit in sein Hobby. Im Verein wird gefachsimpelt, neuste Erkenntnisse ausgetauscht und gemeinsam an den Ausrüstungen gearbeitet. Es sei essenziell, die Ausrüstung regelmässig zu pflegen. Deren Material entspricht zu grossen Teilen den Ausrüstungen der damaligen Zeit. «Wir bestellen nichts im Internet und nutzen keine modernen Materialien», betont Joos. Tritt er in der Ausrüstung am Römerfest auf, schlüpfe er ganz in die Rolle des Legionärs. Auch dann, wenn er mit den Vereinsmitgliedern Märsche und Manöver analog der 11. Legion abhält. Vier Mal im Jahr treffen sich die Vereinsmitglieder zum Privatlager an bestimmten Orten, die mit der Römerzeit zusammenhängen. Dort tauchen sie dann in diese Zeit ab.
Als einen Höhepunkt der Vereinsgeschichte nennt er die Entstehung des Buchs zur 11. Legion. Erzählt wird darin die Geschichte eines fiktiven Rekruten. Illustriert ist die Publikation mit Fotos, auch von Legionär Beat Joos.
Die Vereinsmitglieder sehen sich als Geschichtsdarsteller und Geschichtsvermittler. Sie seien aber keine Wissenschaftler, sagt Joos. Sie stehen regelmässig im Austausch mit Museen und Kantonsarchäologien. «Es ist unser Anspruch, nach den neusten Erkenntnissen zu agieren.» Alle Gegenstände, die seine Legion verwende, gebe es so auch in Museen, erklärt er. Der Verein steht auch in Kontakt mit Schulen, wenn zur theoretischen Wissensvermittlung praktischer Anschauungsunterricht gewünscht wird. Beat Joos würde sich wünschen, dass dies noch mehr genutzt wird, auch bei anderen historischen Themen. «Wir spüren jedes Mal, wie die Kinder fasziniert sind, wenn sie das Gelernte in der Praxis erleben.»
Die Faszination für das Römische Reich ist bei Joos ungebrochen. Verherrlichen möchte der 49-Jährige die Schlachten und Kriege keinesfalls. «Mich begeistert die Technologie, welche die Römer hatten. Die Erfindungen und die Art und Weise, wie lange sie ihr Reich aufrechterhalten konnten, ohne die Menschen und deren Kultur zu unterdrücken.» All dies sind Themen, die Beat Joos am Römerfest vermitteln und zeigen will. Die Besucherinnen und Besucher werden vom Legionär aus Liestal 2000 Jahre in die Vergangenheit versetzt.
Römerfest Augusta Raurica
vs. Morgen Samstag und übermorgen Sonntag wird die antike Römerstadt Augusta Raurica wiederum zum Hotspot für Römer-Fans. Die Römerstadt und rund 400 historische Darstellende präsentieren auf dem riesigen Festgelände den Besucherinnen und Besuchern Gladiatoren, Legionäre, Kultur, Handwerk, Kulinarik und Wissenschaft. Dies mit einer guten Mischung aus Unterhaltung und Wissensvermittlung. Erwartet werden bis zu 20 000 Menschen. Es ist damit das grösste Römerfest der Schweiz.
Die Veranstalter empfehlen, die Tickets online zu kaufen, Bargeld mitzunehmen und das Fest bereits am Samstagvormittag zu besuchen, wenn der Trubel erfahrungsgemäss noch nicht so gross ist. Das detaillierte Programm und der Festplan können von der Website heruntergeladen werden.