Farnsburger Schlosslinde verjüngt sich permanent
Die Farnsburger Schlosslinde ist einer der ältesten Bäume der Schweiz. Die Schlacht bei Sankt Jakob (1444) hat die Linde wahrscheinlich noch nicht erlebt, aber gegen 500 Jahre alt ist sie ziemlich sicher.
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Farnsburger Schlosslinde verjüngt sich permanent
Die Farnsburger Schlosslinde ist einer der ältesten Bäume der Schweiz. Die Schlacht bei Sankt Jakob (1444) hat die Linde wahrscheinlich noch nicht erlebt, aber gegen 500 Jahre alt ist sie ziemlich sicher.
Thomas Gubler
Sie ist vielleicht nicht die grösste und älteste Linde der Schweiz. Als die etwas jüngere Schwester der berühmten Linde von Linn auf dem Bözberg geht die Schlosslinde vor dem Gutshof Farnsburg aber alleweil durch. Die Legenden, wonach die Truppen der alten Eidgenossen vor der Schlacht bei St. Jakob an der Birs im Jahr 1444 dort im Schatten gelegen beziehungsweise die Linde bei ihrem Abzug gepflanzt hätten, dürften von einem etwas allzu grosszügig veranschlagten Alter ausgehen. Auf 450 bis 500 Jahre alt schätzen seriöse Annahmen die Farnsburger Schlosslinde aber allemal.
Ihr genaues Alter lässt sich nicht mehr feststellen, vor allem deshalb, so der Eigentümer des Hofguts Farnsburg, Markus Dettwiler, «weil keine Kernbohrungen mehr möglich sind, da die Linde hohl ist». Auch an urkundlichen Erwähnungen des Baumes mangelt es. Die älteste Dokumentation dürfte ein Kupferstich von Emanuel Büchel (1705 – 1775) aus der Mitte des 18. Jahrhunderts sein.
So mag die Schlosslinde die Schwabenkriege noch nicht erlebt haben, dafür aber den Bauernkrieg (1653) und die Französische Revolution, in deren Gefolge 1798 der Basler Landvogt Hans Franz Hagenbach von den Bauern vertrieben und die Farnsburg zerstört wurde. Und sie «sah» sechs Generationen Dettwiler auf dem Hofgut.
Die Wurzeln halten sie jung
21 Meter hoch ist die Linde, die ins schweizerische Verzeichnis der geschützten Naturdenkmäler Aufnahme gefunden hat, wie einer am Stamm angebrachten Infotafel zu entnehmen ist. Und sie weist einen Stammumfang von gut neun Metern auf. Gleich wie bei der auf ein Alter von 800 Jahren geschätzten Linde von Linn handelt es sich beim Farnsburger Baum um eine Sommerlinde. Diese hat etwas grössere Blätter als die Winterlinde und blüht früher. Zudem sind die Blätter der Sommerlinde oben behaart.
Dass die Linde hohl ist, stellt ihre Vitalität und ihr Überleben nicht in Frage. Der Grund für die ausserordentliche Langlebigkeit dieser Bäume auch bei hohlem Stamm liegt in den sogenannten Innenwurzeln. Diese treiben vom Stamm aus senkrecht in den Boden, bilden neue Kronen, wenn alte Baumteile absterben und sorgen so für eine permanente Verjüngung des Baumes aus sich selbst heraus.
Ganz ohne menschliche Hilfe funktioniert die Erhaltung allerdings nicht. So muss die Schlosslinde mit Seilen stabilisiert werden, um sie vor Sturmschäden zu bewahren. Zu diesem Zweck muss Markus Dettwiler von Zeit zu Zeit den «Baumdoktor» auf den Hof bestellen. Die Kosten dafür trägt der Eigentümer selbst, auch wenn die Schlosslinde unter Schutz steht.
Sagenumwoben sind fast alle dieser uralten Bäume. Nicht selten wurden sie als Schutzbaum gegen die Pest gepflanzt. Bezüglich der Linde von Linn heisst es in einer Sage, dass dann, wenn diese nicht mehr ihren Schatten auf die etwas mehr als zwei Kilometer Luftlinie entfernte Habsburg werfe, es aus sei mit dieser Welt. «Leit d Linde nüm ihres Chöpfli ufs Ruedelis Hus, so eschs met allne Wälte us» – mit Ruedeli ist Rudolf von Habsburg gemeint.
Mögen uns die alten Linden also noch lange erhalten bleiben. Und wenn die von Markus Dettwiler ins Feld geführte Regel bezüglich Lebensdauer stimmt, dann besteht Grund zur Hoffnung: «300 Jahre entsteht sie, 300 Jahre besteht sie und 300 Jahre vergeht sie, die Linde.»