Ein Verwalter, der nicht bloss verwaltet
28.11.2023 Bezirk Sissach, RothenfluhGemeindeverwalter Bruno Heinzelmann wird heute verabschiedet
Beinahe ein Vierteljahrhundert hat Bruno Heinzelmann für seine Wohngemeinde Rothenfluh als Verwalter gearbeitet. Am 1. November wurde er offiziell abgelöst, wird aber bis nächsten April an Bord bleiben. Heute ...
Gemeindeverwalter Bruno Heinzelmann wird heute verabschiedet
Beinahe ein Vierteljahrhundert hat Bruno Heinzelmann für seine Wohngemeinde Rothenfluh als Verwalter gearbeitet. Am 1. November wurde er offiziell abgelöst, wird aber bis nächsten April an Bord bleiben. Heute wird ihm für seinen Einsatz gedankt.
Jürg Gohl
Noch bis kommenden April wird sich Bruno Heinzelmann um die Finanzen der Gemeinden Rothenfluh und Oltingen kümmern und das laufende Rechnungsjahr abschliessen. Seit dem 1. November leitet aber seine Nachfolgerin Sabine Bucher die Gemeindeverwaltung von Rothenfluh. Als langjährige Gemeindepräsidentin von Läufelfingen, die jetzt in Sissach wohnt und seit diesem Sommer als GLP-Mitglied dem Baselbieter Landrat angehört, ist sie bereits bekannt. Wegen ihres politischen Mandats und einer Weiterbildung arbeitet Sabine Bucher noch mit einem reduzierten Pensum. Ihr Vorgänger kümmert sich um die Kasse.
Die Finanzverwaltung war auch jenes Dossier, das letztlich dafür verantwortlich ist, dass Bruno Heinzelmann in seiner Wohngemeinde Rothenfluh überhaupt Gemeindeverwalter wurde: Als dort beschlossen wurde, das Amt des Gemeindeschreibers auszuweiten und zusätzlich mit der Finanzverwaltung zu betrauen, beschloss sein Vorgänger Otto Graf, der mit Abstand dienstälteste Mitarbeiter der «Volksstimme», aufzuhören. Am 22. Januar 1989 wurde der SBB-Angestellte Bruno Heinzelmann in einer Urnenwahl – für ihn selbst überraschend – gewählt. Am 1. April trat er die Stelle an.
Feiern mit Bobfahrern
Der Einstieg verlief steil: Noch im ersten Jahr wurde die Gemeinschaftsschiessanlage im «Dübach» gebaut; von 1989 bis 1991 sorgte Bobfahrer Bruno Gerber (aus Rothenfluh) als dreifacher Welt- und Europameister mit seinen Teams für ausgelassene Feiern in der Mehrzweckhalle. 1995 erhielten die Gemeinden Rothenfluh und Anwil den renommierten Binding-Preis für vorbildliche Waldpflege und bereits im Folgejahr feierte die Gemeinde Rothenfluh ihren 800. Geburtstag mit einem riesigen Dorffest, wo der junge Gemeindeverwalter das Sekretariat führte. In den vergangenen 18 Jahren gehörte es zudem zu seinen Pflichten, die Finanzbuchhaltung von Oltingen zu führen.
Nicht minder wichtig ist dem abgetretenen Gemeindeverwalter, im Rückblick feststellen zu können, dass er mit den jeweiligen Gemeinderäten und -präsidenten stets gut und gerne zusammengearbeitet und bis zum Schluss ihre Wertschätzung gespürt hat. Gemeindepräsident Patrick Vögtlin, sein fünfter und letzter Vorgesetzter, ist zugleich der erste, der deutlich jünger ist als er selbst.
Auch bei Einführung der EDV im Jahr 1990 und den weiteren Anforderungen an eine Gemeindeverwaltung fand Heinzelmann beim Gemeinderat stets Gehör und Bereitschaft zu Veränderungen. Ab 1992 übernahm er von Oskar Rieder die Aufgabe, das Zivilstandsamt zu führen. Dabei vermählte er um die 50 Paare, mit denen er zum Teil noch heute im Kontakt steht. 1999 ging diese Aufgabe an den Kanton über. Im selben Jahr kam die neue Heimatkunde von Rothenfluh heraus, bei der er ebenfalls als Autor mitwirkte. 2012 verbesserten sich mit dem Ausbau der Gemeindeverwaltung die räumlichen Verhältnisse in den Büros deutlich. Auch hier wirkte er bei der Gestaltung wesentlich mit.
Selbstverständlich gab es auch Rückschläge. War der öffentliche Schlagabtausch um die Grösse eines Dorfbrunnens noch eher humoristischer Art, erkrankte Bruno Heinzelmann 2006 schwer und musste im Beruf länger aussetzen. «Am meisten zugesetzt hat mir aber die Zeit, als von aussen vermehrt Unruhe in den Gemeinderat getragen wurde und sich diese auch in den Gemeindeversammlungen auswirkte», sagt er. Mit den vor einigen Jahren eingeführten Informationsanlässen des Gemeinderats hat sich die Lage aus seiner Sicht aber deutlich verbessert; die Bevölkerung könne sich dort vermehrt informieren und auch einbringen.
Bis zum kommenden April wird er zu 40 Prozent noch die Finanzbuchhaltung führen und damit 35 Jahre auf der örtlichen Verwaltung gewirkt haben. Auf diese Zeit blickt er gerne zurück. «Meine Aufgabe war sehr vielseitig und interessant», fasst er diese Epoche zusammen. Dabei schätze er es auch, regelmässig zu Hause am Mittagstisch zu sitzen: «So sah ich meine Kinder aufwachsen.»
Zeit für Hobbys
Ab nächstem Frühjahr will er die freie Zeit vermehrt zum Wandern, Reisen plus Velotouren nutzen und Freiwilligenarbeit leisten. Ein öffentliches Amt in seiner Wohngemeinde mit ihren rund 820 Seelen zu übernehmen, gehöre aber nicht dazu. Zudem hat Heinzelmann vor zwei Jahren mit der Imkerei eine neue Leidenschaft entdeckt, die ihn fast ganzjährig beschäftigt.
Weit mehr Sorgen als um seine Zukunft macht er sich zu seinem bisherigen Beruf. «Verwalter in Gemeinden in unserer Grössenordnung sind ein Auslaufmodell», prophezeit er. Das Thema treibt ihn schon lange um, nicht erst seit den eben gescheiterten Fusionsbemühungen von Arisdorf und Hersberg.
Es geht ihm dabei nicht in erster Linie um Zusammenschlüsse. Aber mit dem heutigen Online-Service büssen die Gemeindeverwaltungen von Schönenbuch bis «Ammel» ihre zentrale Funktion als nahe Anlaufstelle für die Bevölkerung ein. Die Schalterstunden sind seit Längerem schwächer frequentiert. Er sieht die Zukunft der kleinen Gemeinden eher in vertiefter Zusammenarbeit der Verwaltungen untereinander, so wie es zum Beispiel in den Bereichen Feuerwehr und Bevölkerungsschutz schon lange gut funktioniert. Kleinstverwaltungen wie in Rothenfluh seien nicht zukunftstauglich. «Die Gemeinden müssen hier aktiv werden, bevor sie dazu gezwungen werden.» Er schlägt Verwaltungsverbünde vor. Mit Nachbarn wie Anwil, Oltingen und Wenslingen wurden entsprechende Gespräche geführt. Eine vertiefte Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde Ormalingen ist vorerst sistiert.
Selbst beim Verwaltungsverbund Rükize – Rünenberg, Kilchberg und Zeglingen, die immer wieder um gemeinsame Lösungen ringen – wurde schon ausführlich über Verbundslösungen gesprochen, obschon keine dieser drei Gemeinden an Rothenfluh angrenzt. «Dabei müssten wir nur über unsere Grenze blicken: Das Fricktal, wo Fusionen finanziell durch den Kanton gefördert wurden, macht es uns vor», sagt Bruno Heinzelmann und glaubt, dass «in 10 bis 15 Jahren im Oberbaselbiet ganz andere Gemeindestrukturen herrschen».