EBL wird Vermögens verwalterin
13.02.2024 Baselbiet, Energie/Umwelt, BaselbietDie Genossenschaft lanciert einen Energiefonds
Zusammen mit Investoren will die Elektra Baselland Energieanlagen im Wert von 250 bis 500 Millionen Euro bauen. Im Vordergrund stehen Solaranlagen in Deutschland und Spanien, aber auch Windparks und Batteriespeicher. Die erste ...
Die Genossenschaft lanciert einen Energiefonds
Zusammen mit Investoren will die Elektra Baselland Energieanlagen im Wert von 250 bis 500 Millionen Euro bauen. Im Vordergrund stehen Solaranlagen in Deutschland und Spanien, aber auch Windparks und Batteriespeicher. Die erste Finanzierungsrunde wurde soeben erfolgreich abgeschlossen.
Janis Erne
UBS, Swiss Life oder Reichmuth & Co: Sie alle sind Vermögensverwalter und investieren unter anderem in Energie-Infrastruktur. Was sie sonst noch gemeinsam haben? Sie sind neuerdings Konkurrenten der Elektra Baselland (EBL), wie deren Geschäftsführer Tobias Andrist im Gespräch mit der «Volksstimme» sagt. Denn die Genossenschaft mit Sitz in Liestal hat unlängst einen Energiefonds lanciert. In diesen können sowohl institutionelle Anleger, wie Pensionskassen oder Versicherungen, als auch Gesellschaften vermögender Privatpersonen investieren. Damit wird die EBL – von Haus aus eine Energieversorgerin – auch Vermögensverwalterin.
In einer ersten Finanzierungsrunde haben verschiedene Investoren dem Fonds 106 Millionen Euro zugesichert. Dies soll aber erst der Anfang sein: «Das Ziel ist, dass wir 250 bis 500 Millionen Euro zusammenbekommen», sagt CEO Andrist. Die EBL selbst wird sich in der Investitionsphase, die etwa drei bis vier Jahre dauern soll, mit 50 Millionen Euro am Fonds beteiligen. Dies entspricht ungefähr zwei Jahresgewinnen des Unternehmens. Die EBL prognostiziert, dass der Fonds eine jährliche Rendite von mindestens 7 Prozent abwerfen wird.
Fast so viel Energie wie ein AKW
Doch wie sieht das Anlagevehikel aus, das von der Finanzmarktaufsicht genehmigt wurde?
Investiert wird hauptsächlich in frei stehende Photovoltaikanlagen, aber auch in Windparks sowie Anlagen zur Energiespeicherung. Darüber hinaus liegt das Augenmerk auf Projekten, mit denen die Energieeffizienz verbessert werden kann. Die Anlagen sollen in Deutschland, Spanien, Italien und der Schweiz realisiert werden.
Die Anlagen werden teilweise von der Elektra Baselland selbst entwickelt und gebaut. In den Fonds kommen sie erst dann, wenn sie baureif oder betriebsbereit sind. «Damit wollen wir das Risiko für die Investoren möglichst tief halten», sagt Andrist. Aus diesem Grund würden auch keine neuen Technologien, wie zum Beispiel alpine Solarprojekte, in den Fonds aufgenommen. «Bei der Entwicklung gibt es zu grosse Unsicherheiten», so Andrist. Damit spielt er auf den Schweizer Solarexpress an, der ins Stocken geraten ist, nachdem innert kurzer Zeit verschiedene Berggemeinden Solaranlagen auf ihrem Gebiet ablehnten.
Die EBL konzentriert sich bei den geplanten Projekten primär auf Deutschland und Spanien. So sind etwa in Brandenburg und im Raum Valencia grosse PV-Anlagen geplant, die jeweils mehr als 100 Megawatt Strom pro Jahr produzieren sollen. Alle Anlagen, die sich die Elektra Baselland bislang gesichert hat, könnten zusammengenommen dereinst 1000 Megawatt Strom liefern. Zum Vergleich: Ein mittleres Atomkraftwerk hat eine Leistung von 1400 Megawatt.
Erste Anlage wird bereits gebaut
Die meisten Projekte werden noch entwickelt. Bereits im Bau ist eine 22-Megawatt-PV-Anlage in Spanien und Mitte dieses Jahres soll bei weiteren mit dem Bau gestartet werden. Insgesamt investiert die EBL 110 Millionen Euro in eine dem Fonds gewidmete «Entwicklungspipeline».
Sobald eine Anlage steht, verkauft die EBL sie dem lancierten Fonds. Betreut werden der Fonds und die dazugehörigen Energieanlagen von einer Tochterfirma, der EBL Infrastruktur Management AG, kurz EIM. Dafür erhält sie von den Investoren eine Entschädigung. Gemäss Andrist wird die EIM damit selbsttragend sein. Laufen soll der Fonds bis zu 30 Jahre, wobei er für die Investoren nach 16 Jahren gewinnbringend sein soll.
NACHGEFRAGT | TOBIAS ANDRIST, CEO DER ELEKTRA BASELLAND (EBL)
«Wir stärken die Stromsicherheit»
Herr Andrist, wie kommt eine Energieversorgerin aus dem Nauf die Idee, einen europaweiten Energiefonds zu lancieren?
Tobias Andrist: Die EBL hat schon mehrfach erfolgreich mit Finanzinvestoren zusammengearbeitet – bei Projekten im Ausland wie auch in der Schweiz. So etwa beim Kauf und Betrieb von Fernwärmenetzen, Windparks oder solarthermischen Kraftwerken. Dies hat jeweils sehr gut funktioniert. Mit dem Energiefonds wollen wir unsere Erfahrung im Bereich der Energie-Infrastruktur optimal einsetzen.
Letztlich geht es aber auch um die Rendite – oder etwa nicht?
Klar, denn wir wollen weiterhin wachsen und dazu braucht es Erträge. Mit dem Kapital der Drittinvestoren geht dies schneller und einfacher. Nur mit eigenen Mitteln könnten wir die geplanten Projekte im Umfang von einem Gigawatt Leistung nicht realisieren. Es geht darum, dass wir uns als Unternehmen weiterentwickeln. Auch wollen wir mit unseren Anlagen die Versorgungssicherheit in Europa stärken und die erneuerbaren Energien fördern. Damit tragen wir zu einer nachhaltigen Zukunft bei.
Die meisten Anlagen sollen in Deutschland und Spanien gebaut werden. Wäre es für unsere Versorgungssicherheit nicht besser, mehr Anlagen in der Schweiz zu bauen?
Hierzu gibt es zwei Sachen zu sagen. Erstens sollen vereinzelte Projekte durchaus in der Schweiz realisiert werden. Allerdings ist das Angebot hierzulande klein und die Bewilligungsverfahren sind extrem schleppend. Verglichen mit anderen Ländern gibt es weniger Möglichkeiten, um in Anlagen mit einer angemessenen Grösse investieren zu können. Zweitens hat Europa ein gemeinsames Stromnetz. Die Länder können ihre Versorgung nur durch Austausch sicherstellen. Investieren wir also in Deutschland in Produktionsanlagen, kommt das auch der Schweiz zugute – und umgekehrt.
Die EBL beteiligt sich am Fonds mit 50 Millionen Franken. Ein Scheitern würde die Genossenschaft also teuer zu stehen kommen. Weshalb beschränkt man sich nicht auf das Fonds-Management durch die Tochterfirma, das ja auch Erträge abwerfen dürfte?
Unsere Beteiligung ist natürlich ein Signal an die Investoren, dass wir an den Fonds glauben. Dieses Commitment ist wichtig, denn unsere Konkurrenz besteht aus etablierten Finanzintermediären. Zudem ist das Risiko nicht anders als bei unseren anderen Investitionen in Kraftwerke. Meines Wissens sind wir das erste Energieunternehmen, das einen solchen Fonds lanciert und damit als Vermögensverwalterin auftritt. Die technischen und kommerziellen Risiken sind dabei überschaubar.
Wie erwähnt: Die EBL entwickelt Energieanlagen, die sie anschliessend an den neu gegründeten Fonds der EBL Infrastruktur Management AG verkauft. Wohl möchte die EBL ihre Anlagen zu einem möglichst hohen Preis verkaufen, was jedoch den Interessen der übrigen Investoren zuwiderlaufen würde. Gibt es hier nicht einen Interessenkonflikt?
Darüber haben wir uns in der Tat ausführlich Gedanken gemacht. Für uns als EBL steht ganz klar im Vordergrund, dass der Fonds langfristig performt. Nicht nur, weil wir selbst daran beteiligt sind, sondern auch, weil wir mit unserem Namen dahinterstehen. Einmalig eine Anlage überteuert zu verkaufen, würde also absolut keinen Sinn ergeben, da wir so das ganze Projekt und unseren Ruf gefährden würden. Zudem haben wir verschiedene «Checks» und «Balances» eingebaut, die den Investoren Sicherheit verschaffen.
Wie sehen diese aus?
Die Entwicklung der Energieanlagen und die Betreuung des Fonds erfolgen durch unterschiedliche Teams, die organisatorisch und personell voneinander getrennt sind. Die Bewertung der zu übertragenden Assets wird von einem unabhängigen Experten geprüft. Zudem haben die Investoren Einsichtsrechte und es gibt einen Ausschuss der Investoren, der die Investitionen vorgängig sieht. Wie gesagt: Wir haben ein grundlegendes Interesse daran, dass der Fonds gut performen wird.