Die Gymnasial landschaft ist im Wandel
16.01.2025 Baselbiet, Bezirk Liestal, BildungKanton passt Einzugsgebiet und Übertrittshürden an
Sekundarschüler aus Frenkendorf und Füllinsdorf gehen künftig in Muttenz ins Gymnasium oder in die Fachmittelschule. Dies, weil in Liestal der Platz fehlt. Zudem hat der Kanton die Anforderungen für den ...
Kanton passt Einzugsgebiet und Übertrittshürden an
Sekundarschüler aus Frenkendorf und Füllinsdorf gehen künftig in Muttenz ins Gymnasium oder in die Fachmittelschule. Dies, weil in Liestal der Platz fehlt. Zudem hat der Kanton die Anforderungen für den Übertritt in eine weiterführende Schule leicht erhöht – auch um Kosten zu sparen.
Janis Erne und Melanie Frei
Das Gymnasium und die Fachmittelschule in Liestal nehmen ab dem kommenden Schuljahr, das im August 2025 beginnt, keine neuen Schülerinnen und Schüler aus Frenkendorf und Füllinsdorf mehr auf. Der Kanton hat entschieden, diese Jugendlichen künftig nach Muttenz zu schicken. Die Bildungsdirektion bestätigt entsprechende Informationen der «Volksstimme».
Die Verschiebung des Einzugsgebiets wird von der Bildungsdirektion damit begründet, dass das Gymnasium Liestal bereits ausgelastet sei. In den vergangenen fünf Jahren sei die Schülerzahl am Standort Liestal um zwei Klassen oder rund 50 Jugendliche gestiegen. Bereits in der letzten Anmelderunde musste aus Platzgründen eine Klasse von Liestal nach Muttenz verschoben werden.
Die Anpassung des Einzugsgebiets drängte sich laut Bildungsdirektion auch deshalb auf, weil der Kanton Aargau nach der Eröffnung eines neuen Gymnasiums im Fricktal (Stein) künftig keine Schülerinnen und Schüler mehr nach Muttenz schicken wird. Die Jugendlichen aus Frenkendorf und Füllinsdorf – die beiden Gemeinden haben zusammen rund 11 5000 Einwohnerinnen und Einwohner – werden diesen Wegfall teilweise auffangen.
Zumindest mit dem öffentlichen Verkehr wird sich ihr Schulweg nicht wesentlich verlängern. Die etwas längere Zugfahrt von Frenkendorf nach Muttenz (plus 6 Minuten) wird durch einen kürzeren Fussweg vom Bahnhof zur Schule kompensiert. Gemäss «Google Maps» liegt das Gymnasium Muttenz 9 Gehminuten, das Gymnasium Liestal 14 Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Angenehmer Nebeneffekt für die Jugendlichen aus Frenkendorf und Füllinsdorf: Der steile «Aufstieg» zum Gymnasium Liestal entfällt.
Heute besuchen rund 1100 Schülerinnen und Schüler das Gymnasium Liestal. Der Schulstandort, der auch von Jugendlichen aus dem Oberbaselbiet besucht wird, platzt aus allen Nähten. Seit Jahren gibt es in Liestal ein Platzproblem: Die Schülerinnen und Schüler müssen teilweise auf den Gängen essen, weil die Mensa zu klein ist. Zudem findet der Unterricht teilweise in Containern statt, wo es im Sommer ziemlich heiss werden kann.
Obwohl dem Kanton das Platzproblem bekannt ist, sind derzeit keine baulichen Anpassungen geplant, wie die Baudirektion auf unsere Anfrage schreibt. Immerhin: Der ordentliche Unterhalt laufe und der Raumbedarf sowie ein allfälliger Sanierungs- oder Erweiterungsbedarf würden laufend überprüft.
«Eine Verschärfung war nötig»
Die Schülerzahlen an den Baselbieter Gymnasien und Fachmittelschulen sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Nun will der Kanton gegensteuern: Der Regierungsrat hat soeben beschlossen, die Hürden für den Übertritt von der Sekundarschule an eine weiterführende Schule zu erhöhen. Die Sekundarschülerinnen und -schüler müssen künftig leicht bessere Noten vorweisen, um den Übertritt zu schaffen. Betroffen sind das Gymnasium, die Fachmittelschule, die Wirtschaftsmittelschule sowie die Berufsmaturitätsschule.
Die Bildungsdirektion rechnet mit einer Verlagerung von den Gymnasien zu den Fachmittelschulen (FMS) – was bedeutet, dass künftig mehr Jugendliche die FMS besuchen dürften. Prognosen zeigten, dass damit ab dem Schuljahr 2026/27 eine Gymnasialklasse eingespart werden kann. Bei den Wirtschaftsmittelschulen rechnet die Bildungsdirektion mit rund acht Schülerinnen und Schülern weniger pro Jahr. Bei den Berufsmaturitätsschulen wird kein Rückgang erwartet.
Mit der Anpassung der Übertrittsbedingungen will die Baselbieter Regierung angesichts der klammen Kantonsfinanzen nicht nur Geld sparen (insgesamt 2,28 Millionen Franken bis 2028). Sie will auch leistungsbedingte Schulabbrüche von schulisch überforderten Jugendlichen verhindern. Wie gross dieser Effekt sein wird, bleibt abzuwarten.
Der «oberste» Lehrer im Baselbiet begrüsst den Entscheid des Regierungsrats. Philipp Loretz, Präsident des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland (LVB), sagt: «Eine Verschärfung war nötig. Denn eine zu hohe Abbrecherquote ist weder pädagogisch noch volkswirtschaftlich sinnvoll.» Zudem werde mit der beschlossenen Anpassung das duale System und damit die Berufslehre gestärkt. Wie eine interne Umfrage des LVB zeigt, stösst die Änderung der Übertrittsregelung bei den Lehrkräften auf breite Zustimmung.