Die Causa Kirchmayr

  03.07.2025 Baselbiet, Baselbiet, Region, Politik

Ehemaliger Grüner will für die FDP in die Regierung

Der ehemalige Grünen-Landrat und Polit-Stratege Klaus Kirchmayr will für die FDP in die Baselbieter Regierung. Mit seinem angestrebten Parteiwechsel vor der Ersatzwahl der zurücktretenden Bildungsdirektorin Monica Gschwind sorgt er für Wirbel in der FDP.

Nikolaos Schär

Nachdem Monica Gschwind (FDP, Hölstein) per Ende Jahr ihre Rücktritt aus der Baslbieter Regierung bekannt gab, sucht die FDP eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für die Ersatzwahl des Regierungsrats am 26. Oktober. Am vergangenen Montag brachte einer seinen Namen ins Spiel, mit dem die wenigsten gerechnet hätten: der ehemalige Grünen-Star Klaus Kirchmayr.

Gegenüber der «Basler Zeitung» verkündete Kirchmayr seinen Wechsel zur FDP und meldete sogleich seine Ambitionen für das Amt des Regierungsrats an – nachdem er im März bei den Grünen ausgetreten war. Für diese hatte er 15 Jahre im Landrat gesessen, unter anderem als Fraktionspräsident.

Die Ankündigung sorgte in der FDP für Verwirrung, denn offiziell ist Kirchmayr noch gar nicht FDP-Mitglied. Zwar sagte Parteipräsident Melchior Buchs (Reinach) dem «Regionaljournal» von SRF, dass die Parteileitung seit April mit Kirchmayr über einen Beitritt spreche und diesem grundsätzlich zugestimmt habe. Er müsse sich jedoch dem üblichen Prozedere unterziehen. Dieses sieht vor, dass ihn die FDP-Ortssektion Aesch aufnimmt und der Findungskommission für die Nomination vorschlägt.

Ob dies geschehen wird, ist offen. Am Tag von Kirchmayrs Ankündigung nominierte die Aescher Sektion bereits FDP-Landrat Rolf Blatter als Regierungsratskandidaten. In der «bz» bezeichnete Blatter Kirchmayr als Opportunisten: Man könne nicht 40 Jahre lang ein Grüner sein und sich plötzlich als Liberaler ausgeben.

Hochmut oder Kalkül?
Kirchmayr wird als «animal politique» beschrieben, das massgeblich dazu beigetragen hat, Isaac Reber (Grüne, Sissach) und Thomi Jourdan (EVP, Muttenz) in die Regierung zu bringen. Er gilt als bestens vernetzt und in vielen Themenfeldern als bewandert. Seinen ungewöhnlichen Wechsel vom linken ins rechte Parteienspektrum spielt Kirchmayr herunter, indem er den Medien sagte, er habe in wirtschaftlichen Fragen immer schon eine liberale Haltung vertreten. Die Entscheidung begründet er mit dem Zuspruch von Wirtschaftsvertretern, die ihn für das Amt motiviert hätten. Er scheint offenbar zu glauben, der einzige fähige Kandidat zu sein, um die Probleme des Kantons in Infrastruktur- und Finanzfragen lösen zu können. Zwar bestritt er nicht, dass es valable Kandidatinnen und Kandidaten in der FDP gebe, doch für viele komme die Legislatur zu früh. Er selbst wolle das Amt nach einer Legislatur 2031 wieder abgeben.

Mit Kirchmayrs Ankündigung nimmt das Kandidatenkarussell Fahrt auf. Neben dem Arlesheimer Gemeindepräsidenten Markus Eigenmann, der seine Nomination bereits vor Kirchmayrs Auftritt bekannt gemacht hatte, meldeten mehrere FDP-Exponenten ihr Interesse an einem Regierungsratssitz an: FDP-Landrat Sven Inäbnit, der bei der letzten Ständeratswahl Maya Graf unterlag, der Liestaler Stadtpräsident Daniel Spinnler sowie die Buusner Gemeindepräsidentin und FDP-Landrätin Nadine Jermann. Sie präsidiert seit Anfang Jahr den Verband der Baselbieter Gemeinden und war bis 2023 Bankrätin der BLKB. Jermann sagte auf Anfrage, sie mache sich noch Gedanken und werde erst nach weiteren Gesprächen über eine Kandidatur entscheiden.

Stratege, der er ist, dürfte Kirchmayr seine Chancen im Vorfeld kalkuliert haben. Ob ihm die Kommission – und später die Parteibasis, die im August über die Nomination entscheiden wird – mit dem Vorwurf des Opportunismus einen Strich durch die Rechnung macht, scheint nach Einschätzung vieler Politbeobachter wahrscheinlich.

Kirchmayr hatte sich als Grünen-Landrat mehrfach kritisch gegenüber der Wirtschaftskammer Baselland (Wika) geäussert. Dem Wika-nahen Flügel der FDP dürfte das nicht gefallen, auch wenn Kirchmayr jüngst im Gespräch mit «Telebasel» gegenüber der Wika auffallend sanfte Töne anschlug. Die anderen bürgerlichen Parteien, «Mitte» und SVP, auf deren Unterstützung die FDP bei der Wahl angewiesen sein wird, geben sich bezüglich Kirchmayr zurückhaltend. SVP-Präsident Peter Riebli sagte dem «Regionaljournal», Kirchmayr sei nicht der ungeeignetste Kandidat für die SVP. Eine eigene Kandidatur mache die Partei jedoch davon abhängig, wen die FDP ins Rennen schicke.

Die Causa Kirchmayr wirbelt bereits jetzt viel Staub auf – und erzeugt den Eindruck, dass Kirchmayr die FDP gehörig unter Druck setzt.


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