Bürger kaufen Buess-Liegenschaften
11.03.2025 Bezirk Sissach, Gastronomie, Kultur, Gesellschaft, Gemeinden, SissachGrosse Mehrheit stimmt für die Millionen-Investition
Die Bürgergemeinde Sissach erweitert ihr Immobilienportfolio. Die Versammlung hat den Kauf von drei Liegenschaften der Weinbau und Weinhandel Buess AG an der Hauptstrasse für 4,4 Millionen Franken mit grossem Mehr ...
Grosse Mehrheit stimmt für die Millionen-Investition
Die Bürgergemeinde Sissach erweitert ihr Immobilienportfolio. Die Versammlung hat den Kauf von drei Liegenschaften der Weinbau und Weinhandel Buess AG an der Hauptstrasse für 4,4 Millionen Franken mit grossem Mehr gutgeheissen.
Christian Horisberger
Die Versammlung der Bürgergemeinde Sissach vom Donnerstagabend war in mehrerlei Hinsicht ausserordentlich. Erstens wurde sie einzig für das Traktandum «Kauf Liegenschaften Buess AG» einberufen, zweitens war der zur Debatte stehende Kredit von 4,4 Millionen Franken rekordverdächtig hoch und drittens stimmte das Hutzgüri die Bürgerinnen und Bürger mit wildem Schütteln auf den Abend ein (siehe Seite 10).
Die mit 103 Stimmberechtigten sehr gut besuchte Versammlung im Lagergebäude der Weinbau und Weinhandel Buess AG ging dann aber ohne jegliches Spektakel über die Bühne. Und unerwartet schnell: Als Bürgerpräsident Christoph Tschan nach der Beschreibung der drei Kaufobjekte das Wort freigab, meldete sich eine einzige Person zu Wort; es ging um ein technisches Detail. Überhaupt kein Thema war an der Versammlung der Gerichtsfall der Firma Buess um nicht befolgte Hygieneauflagen oder vermeintlichen Schimmel im Keller im vergangenen Jahr. Womöglich auch deswegen, weil alle Räume – auch der Keller – frei besichtigt werden konnten und dabei nichts Unappetitliches ins Auge oder in die Nase stach.
In der Abstimmung sprachen sich 92 Stimmberechtigte für den Erwerb der Buess-Liegenschaften aus, 6 waren dagegen, 5 enthielten sich der Stimme. Damit kann der Kauf abgewickelt werden, und im Herbst dieses Jahres dürften der Geschäftssitz der Buess AG («Gelbes Haus»), das angebaute Lagergebäude sowie das benachbarte Mehrfamilienhaus («Blaues Haus»), in dem sich aktuell Büros befinden, ins Eigentum der Bürgergemeinde übergehen, wie Bürgerpräsident Tschan sagte.
«Bei einem Nein nur Wasser …»
Nach dem Entscheid gratulierte Hausherr Laurent de Coulon der Bürgergemeinde zum Kauf der Gebäude, die «zu den schöneren in Sissach gehören». Es freue ihn, mit der Bürgergemeinde eine Käuferin gefunden zu haben, die gedenke, sie zu erhalten. Als Zeichen des Danks offerierte de Coulon einen Apéro mit Weinen aus eigener Produktion – und scherzte: «Bei einem Nein hätte es nur Wasser gegeben.»
Mit dem Verkauf verliert das Sissacher Traditionsunternehmen seine hiesigen Geschäfts- und Produktionsräume. Für Fragen zur Zukunft seines Unternehmens stand de Coulon der «Volksstimme» nicht zur Verfügung. Nach dem Wissen von Bürgerpräsident Tschan wird der Betrieb seine Tätigkeit auf seinen Standort im Neuenburgischen konzentrieren. Die Geschäftsräume in Sissach würden von der Weinbau und Weinhandel Buess AG noch bis im Sommer 2026 belegt.
Bis dann werde der Bürgerrat Überlegungen anstellen, wie das «Gelbe Haus» und das Lagergebäude in Zukunft genutzt werden sollen. Infrage kämen Wohnungen, Büros, Gewerberäume, Lager, Ateliers oder auch Archive. Je nach Nutzung wären kleinere oder grössere Eingriffe erforderlich. Für eine anderweitige Nutzung des «Blauen Hauses» bestehe kein Anlass: Durch dessen Vermietung seien sofort nach der Unterzeichnung des Kaufvertrags kontinuierliche Einnahmen gewährleistet, wobei das Dachgeschoss aktuell nicht belegt ist.
Auf die sich mit den Gebäuden bietenden Möglichkeiten war Tschan am Anfang der Versammlung eingegangen. Dabei hatte er auch ausgeführt, dass der Bürgerrat zunächst lediglich am ausgeschriebenen «Blauen Haus» Interesse bekundet habe. Erst im Verlauf der Gespräche mit dem Veräusserer habe sich ergeben, dass das ganze Ensemble zum Verkauf steht. Im Interesse des Erhalts historischer Bausubstanz, aufgrund des geringen Risikos bei Immobilien als Geldanlage und des Bestrebens der Bürgergemeinde, günstig Geschäftsund Wohnraum anbieten zu können, habe der Bürgerrat das ganze Ensemble, das im Übrigen zentral beheizt ist, ins Auge gefasst.
Parzelle wird geteilt
Bestandteil des Handels ist die Teilung der Geschäfts- und Lagerhausparzelle, erklärte der Bürgerpräsident. Der Bereich hinter dem Gebäude an der Bahnhofstrasse wird abgetrennt und verbleibt im Eigentum der Buess AG. Laut Christoph Tschan ist die Teilung der Parzelle in beider Interesse: Laurent de Coulon könne das in seinem Besitz verbleibende Areal weiterentwickeln und für die Bürgergemeinde reduziere sich die Kaufsumme.
Diese gedenkt der Bürgerrat mehrheitlich aus eigenen Mitteln aufzubringen, wie Finanzchef Stephan Zimmermann ausführte. Aktuell verfüge die Bürgergemeinde über flüssige Mittel von 4 Millionen Franken auf Sparund Bankkonti sowie Wertschriften für 3,3 Millionen. Für den Kauf sollen 2 Millionen Franken flüssige Mittel eingesetzt und für 1,2 Millionen Wertschriften verkauft werden. Die restlichen 1,2 Millionen sollen als Hypothek aufgenommen werden. Die Mieterträge für die drei Gebäude lägen – defensiv berechnet – bei rund 190 000 Franken pro Jahr. Die Bürgergemeinde werde somit nach dem Kauf immer noch Geld haben, versicherte der Bürgerkassier.