Bauernverband in finanziellen Nöten
19.03.2024 Baselbiet, Finanzen, Vereine, LandwirtschaftGeschäftsführer wird entlassen
Der Bauernverband beider Basel schreibt 2023 einen Verlust von 165 000 Franken. Ohne schwerwiegende Massnahmen ist die Zukunft des Verbandes gefährdet. Erste Schritte zur Verbesserung sind eingeleitet: Der Geschäftsführer muss ...
Geschäftsführer wird entlassen
Der Bauernverband beider Basel schreibt 2023 einen Verlust von 165 000 Franken. Ohne schwerwiegende Massnahmen ist die Zukunft des Verbandes gefährdet. Erste Schritte zur Verbesserung sind eingeleitet: Der Geschäftsführer muss gehen.
Elmar Gächter
Die Ernüchterung war gross, die Überraschung weniger. Verbandspräsident Marc Brodbeck hatte bereits an der Generalversammlung 2023 von dunklen Wolken gesprochen, die sich über dem Finanzhimmel des Bauernverbandes beider Basel zusammenziehen. Sie haben sich im Laufe des vergangenen Jahres in einem anhaltenden Starkregen entleert, der zwar nicht gerade nach einer Arche Noah ruft, das Verbandsschiff jedoch ohne Gegenmassnahmen sinken lassen könnte. So sieht es auf jeden Fall der Vorstand, der die rund hundert Teilnehmenden in der Aula des Ebenrain Zentrums über die prekäre finanzielle Situation des Verbands informierte. Um Kosten zu sparen, trennen sich der Verband und der Geschäftsführer per Ende Mai. Die Mitglieder beschlossen zudem eine Erhöhung der Flächenbeiträge, die ebenfalls dazu beitragen sollen, den Verband ab 2025 wieder in die schwarzen Zahlen zu führen.
«Was ich präsentieren muss, ist gelinde gesagt eine Katastrophe», sprach Stephan Plattner Klartext. Die Rechnung 2023 schliesst mit einem Minus von rund 165 000 Franken ab, was das verfügbare Eigenkapital des Verbands auf magere rund 20 000 Franken schrumpfen lässt. Dazu beigetragen haben laut dem Finanzchef eine Umsatzeinbusse im Versicherungsgeschäft – der Verband führt in eigener Regie die Regionalstelle der Agrisano-Versicherung – von rund einem Drittel. Den Rückgang bei den Versicherungserträgen begründete Plattner mit wachsender Konkurrenz sowie mit personellen Turbulenzen im Versicherungsressort: Eine neue Crew habe sich erst ausbilden und einarbeiten müssen.
Es fehlt an flüssigen Mitteln
Zu schaffen macht dem Verband vor allem auch die fehlende Liquidität, die den offenen Rechnungen massiv hinterherhinkt. «Ohne Gegenmassnahmen ist die Liquidität kurzfristig gefährdet und in einem zweiten Schritt der ganze Verband», mahnte der Finanzchef.
Mit einer Dreisäulenstrategie will der Vorstand die Finanzen ins Lot bringen. Er rechnet mit einem künftig wieder höheren Deckungsbeitrag aus dem Versicherungsgeschäft, mit tieferen Personalkosten und einer Erhöhung der Mitgliederbeiträge. 2022 wurde ein Geschäftsführer erstmals mit einem 100-Prozent-Pensum angestellt. Da dessen Geschäftsfelder nicht wie erhofft hätten erweitert werden können, könne sich der Verband den entsprechenden Lohn schlichtweg nicht mehr leisten. Plattner geht davon aus, dass die Stelle künftig wieder mit dem früheren Pensum von 50 bis 60 Prozent ausgestattet wird.
Eine längere Diskussion entwickelte sich über die künftigen Mitgliederbeiträge. Der Vorstand machte beliebt, die Grundbeiträge sowie die Beiträge pro Hektare landwirtschaftlich genutzter Fläche um insgesamt rund einen Viertel zu erhöhen. Aufgrund von Anträgen aus der Versammlungsmitte beschlossen die Mitglieder mit grossem Mehr noch leicht höhere Beiträge. Sie werden die Verbandskasse insgesamt um mehr als 40 000 Franken jährlich entlasten. Der Finanzchef zeigte sich hoffnungsvoll, dass mit allen beschlossenen Massnahmen die Zahlen sich wieder langsam in den positiven Bereich bewegen.
Michel Darbellay überbrachte die Grüsse des Schweizerischen Bauernverbands. Der Leiter Departement Produktion, Märkte und Ökologie sprach die laufenden Bauernproteste an und bezeichnete sie als «völlig gerechtfertigt». Sie brächten Rückenwind in die Forderungen der Landwirtschaft und hätten nicht zuletzt Verständnis beim Detailhandel erwirkt. Er schwor die Landwirtinnen und Landwirte zudem gegen die Biodiversitätsinitiative ein, die mit massiven Einschränkungen für die Landwirtschaft verbunden sei. «Ein grosser Kampf erwartet uns», so Darbellay bei seinem Ausblick auf die Abstimmung im kommenden September.
NACHGEFRAGT | MARC BRODBECK, PRÄSIDENT BAUERNVERBAND
«Vorteilhaft wäre ein Geschäftsführer aus dem Bauernstand»
Herr Brodbeck, die Wege des Verbands und des Geschäftsführers trennen sich Ende Mai. Wie schwer fällt Ihnen diese Massnahme?
Marc Brodbeck: Ich muss klar festhalten, dass wir unsere Zusammenarbeit einvernehmlich und ohne jegliche Konfrontation beenden. Peter Saner hat von sich aus signalisiert, dass es ihm bewusst sei, dass der Verband seinen Lohn nicht mehr zahlen könne. Es ist für uns auch menschlich nicht einfach, uns von ihm zu trennen.
Nun soll die Leitung der Geschäftsstelle wieder auf ein früheres Teilpensum von 50 bis 60 Prozent reduziert werden. Genügt dieser Anteil, um alle Aufgaben wahrnehmen zu können?
Wir hatten bei der Aufstockung der Stelle auf 100 Prozent gehofft, neue Geschäftsfelder, etwa zusätzliche Beratungen, akquirieren zu können, was uns nicht gelungen ist. Wie die Stelle künftig ausgestaltet wird, müssen wir im Vorstand nächstens besprechen. An vorderster Stelle steht nun jedoch die Verbesserung der finanziellen Situation unseres Verbands. Deshalb werden wir noch etwas zuwarten mit der Wiederbesetzung. Der Vorstand ist sich bewusst, dass mit diesem Entscheid vorübergehend zusätzliche Arbeit auf ihn zukommt. Ein Dauerzustand darf dies selbstverständlich nicht werden.
Wie schwierig ist es aus Ihrer Sicht, eine geeignete Person für die Geschäftsführung zu finden?
Es wird nicht einfach sein, all die Bedürfnisse, die ein Verband wie unserer mit sich bringt, abzudecken. Vorteilhaft wäre es aus meiner Sicht, wenn der neue Geschäftsführer oder die neue Geschäftsführerin aus dem Bauernstand kommt. Auf jeden Fall muss er oder sie die Anliegen der Landwirtschaft verstehen, sich voll mit ihnen identifizieren und für sie einsetzen können.
Interview emg.